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Ukraine-Konflikt
Vermittlungsversuche im Gasstreit

Russland hat wegen ausstehender Zahlungen die Gaslieferungen an die Ukraine gestoppt. Beide Seiten haben nun ein Schiedsgericht in Stockholm angerufen, das ihre jeweiligen Interessen durchsetzen soll. Das wird den Konflikt aber wohl nicht kurzfristig lösen.

Von Gesine Dornblüth | 16.06.2014
    Russland und die Ukraine streiten um die Preise der Gaslieferungen
    Russland und die Ukraine streiten um die Preise der Gaslieferungen (dpa / picture-alliance / Sergey Dolzhenko)
    Gazprom-Sprecher Sergej Kuprianow brachte Russlands Vorgehen im Gasstreit mit der Ukraine heute Morgen auf eine einfache Formel:
    "Von heute an erhält Naftogaz Ukraine Gas nur noch in den Mengen, die bezahlt sind. Bezahlt ist null. Also wird null geliefert."
    Auswirkungen auf die Energieversorgung der Ukraine sind vorerst nicht zu befürchten. Im Sommer ist der Verbrauch gering. Nach Darstellung des Energieministers der Ukraine reichen die Vorräte bis Ende des Jahres, und diese Angaben werden von Gazprom bestätigt. Dennoch hat Regierung der Ukraine die EU-Kommission heute gebeten, die Rückleitung von Gas aus der Slowakei in die Ukraine in die Wege zu leiten. Damit sollen Teile des russischen Gases kompensiert werden. Sorgen der Westeuropäer, die Krise könne wie 2009 auch zu Lieferengpässen innerhalb der EU führen, versuchte Gazprom-Sprecher Kuprianow auszuräumen:
    "Der Lieferumfang für die europäischen Verbraucher wird in vollem Umfang gemäß den Verträgen aufrechterhalten. Naftogaz Ukraine ist vertraglich verpflichtet, dieses Gas weiterzuleiten."
    Der Energieminister der Ukraine hat heute einen "verlässlichen Gas-Transit" nach Westeuropa zugesichert. Die Schuld dafür, dass der Streit eskalierte, schiebt Russland ausschließlich der Ukraine in die Schuhe. Von Anfang an habe die ukrainische Seite jeden Kompromiss verweigert. Gazprom-Chef Alexej Miller heute in Moskau:
    "Während all unserer vielen Treffen hat die ukrainische Seite nicht einen einzigen Schritt auf uns zu getan, nicht einen Kompromissvorschlag unterbreitet. Für uns ist ganz klar, dass die Ukraine das Ziel hatte, unsere Zusammenarbeit im Gassektor bis zum Konflikt zuzuspitzen."
    Keine schnelle Lösung absehbar
    Die Ukraine hatte bis zuletzt auf einem Gaspreis von rund 268 US-Dollar je 1000 Kubikmeter bestanden. Russland hatte 385 Dollar angeboten. Nun bleibt es vorerst bei den derzeit gültigen 485 Dollar je 1000 Kubikmeter - dem höchsten Gaspreis in Europa. Die Verhandlungen zwischen der Ukraine und Russland hatten unter Vermittlung der Europäischen Kommission stattgefunden.
    Energiekommissar Günther Oettinger hat heute vorgeschlagen, die Gespräche trotz allem noch im Juni weiterzuführen. Doch momentan ist die russische Seite dazu nicht bereit. Energieminister Aleksandr Novak:
    "Wir stehen mit Herrn Oettinger in telefonischem Kontakt. Aber zurzeit haben wir angesichts der destruktiven Haltung der Ukraine keinen Bedarf an weiteren Beratungen. Wir sind erst bereit, den Dialog fortzusetzen, wenn die Ukraine ihre Schulden bezahlt hat."
    Stattdessen haben beide Seiten nun ein Schiedsgericht in Stockholm angerufen. Gazprom will dort erwirken, dass Naftogaz seine Schulden in Höhe von rund 4,5 Milliarden US-Dollar bezahlt. Naftogaz geht in die Gegenoffensive. Der ukrainische Konzern geht davon aus, dass er seit 2010 einen überhöhten Gaspreis an Russland gezahlt hat und fordert von Gazprom, das Geld zurückzuzahlen: Insgesamt rund sechs Milliarden US-Dollar - weit mehr also als die 4,5 Milliarden, die Russland von der Ukraine verlangt. Die Entscheidungen in Stockholm dauern in der Regel mehrere Wochen, mit einer schnellen Lösung des Gaskonflikts ist deshalb nicht zu rechnen.