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Ukraine-Krise
Die Kämpfe und der Ton verschärfen sich weiter

Die prorussischen Separatisten und die ukrainische Armee liefern sich im Osten der Ukraine immer heftigere Kämpfe. Eine Rakete schlug in einem Krankenhaus ein, beide Seiten kämpfen erbittert um den Flughafen Donezk. Wie die Kämpfe verschärft sich auch der Ton.

20.01.2015
    Ein Frau verlässt das getroffene Krankenhaus in Donezk
    Ein Frau verlässt das getroffene Krankenhaus in Donezk (imago/ITAR-TASS)
    In ein Krankenhaus im Zentrum der Separatistenhochburg Donezk schlug eine Rakete ein, wie Korrespondenten der Nachrichtenagentur AFP berichteten. Die Frontseite des Gebäudes wurde beschädigt, Fenster gingen zu Bruch. In Delbazewe rund 60 Kilometer nördlich von Donezk wurden nach offiziellen Angaben drei Menschen durch Artilleriefeuer getötet und zwölf weitere verletzt. Binnen 24 Stunden seien in der Ostukraine zudem drei Soldaten getötet und 66 weitere verletzt worden, teilte die ukrainische Armee mit.
    Im ostukrainischen Charkiw wurden am Montag durch eine Explosion zwölf Menschen verletzt, mindestens zwei von ihnen schwer. Laut Augenzeugen ereignete sich die Explosion, als der prowestliche Aktivist Michailo Sokolow ein Gerichtsgebäude verließ. In den vergangenen Monaten waren in Charkiw häufiger Sprengsätze detoniert, gekämpft wird dort aber nicht.
    Kampf um den Flughafen
    Nach Regierungsangaben fügten die Separatisten dem Flughafen von Donezk schwere Schäden zu. Viele Soldaten seien verletzt worden, als im ersten Stockwerk des Terminals eine Decke eingestürzt sei, erklärte Juri Birjukow, ein Berater von Präsident Petro Poroschenko. Die Separatisten hätten diese "in die Luft gesprengt". Die Terminals waren vor einigen Jahren im Zuge der Fußball-Europameisterschaft 2012 gebaut worden.
    Um den Flughafen war in den vergangenen Tagen heftig gekämpft worden. Unter wessen Kontrolle er zu welchem Zeitpunkt stand, war unklar. Das Militär hatte am Samstag trotz der Anfang Dezember mit den Rebellen vereinbarten Waffenruhe eine massive Gegenoffensive unter anderem mit Artillerie und Panzern gestartet. Am Sonntag gab die Armee an, sie habe den Großteil des Flughafens gesichert. Bei den Kämpfen um den Airport wurden mindestens zehn Zivilisten getötet.
    Zeichen stehen wieder auf Krieg
    Poroschenko kündigte an, dass am Dienstag 50.000 Ukrainer bei einer Teilmobilmachung bewaffnet werden sollen. Der Schritt löste scharfe Kritik in Russland und bei den Separatisten aus. Auf eine militärische Lösung der Krise zu setzen, sei ein strategischer Fehler, zitierte die russische Nachrichtenagentur Interfax den stellvertretenden Außenminister Russlands, Grigori Karasin. Zuvor schon hatte der ukrainische Verteidigungsminister Stepan Poltorak angekündigt, dass in diesem Jahr bis zu 104.000 Ukrainer mobilisiert werden könnten.
    Ein ukrainischer Panzer im Dorf Tonenke, etwa 5 Kilometer von Donezk entfernt.
    Ein ukrainischer Panzer im Dorf Tonenke, etwa 5 Kilometer von Donezk entfernt. (afp / Oleksandr Stashevskiy)
    Steinmeier fordert Bekenntnis zu Minsker Abkommen
    Beim EU-Außenministertreffen in Brüssel forderte Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD) ein klares Bekenntnis zur Umsetzung des Minsker Abkommens. Für weitere Bemühungen um einen angestrebten Ukraine-Gipfel seien "verlässliche Signale" nötig, dass es Bereitschaft gibt, "zur Umsetzung von Minsk beizutragen", sagte er.
    Er könne "abschließend nicht sagen", ob es Bereitschaft zu einem Kompromiss gebe und damit noch diese Woche ein Vorbereitungstreffen der Außenminister für den Gipfel stattfinden könne, sagte Steinmeier. Auch sei unklar, ob der eigentlich schon in der vergangenen Woche geplante Gipfel in der kasachischen Hauptstadt Astana zustande komme. In dem Konflikt in der Ukraine starben seit April vergangenen Jahres mehr als 4800 Menschen. Hunderttausende Menschen wurden zudem vertrieben.
    Grünen-Politiker Schulz: Sanktionen gegen Russland reichen nicht
    Der Grünen-Politiker Werner Schulz forderte im Deutschlandfunk angesichts der Eskalation in der Ukraine mehr internationalen Druck gegen die russische Führung. Auch sei bedauerlich, dass der Abschuss der Passagiermaschine MH-17 noch nicht aufgeklärt sei, sagte Schulz im DLF. "Hier tobt ein verheerender, brutaler Bruderkrieg", sagte der langjährige Bundestags- und spätere Europa-Abgeordnete. Es gelte die russische Bevölkerung über die Opferzahlen von Russlands "Schattenarmee" in der Ukraine aufzuklären. Dieser Krieg stoße in Russland nicht auf Zustimmung, so Schulz' Einschätzung. Für ihn ist erwiesen, dass der Kreml schwere Waffen in die Ukraine gebracht habe und reguläre russische Truppen dort kämpften. Die internationale Gemeinschaft müsse Putin als Aggressor anprangern.
    (nch/tf/tön)