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Ukraine
Militärbeobachter kehren heim

Die Erleichterung im In- und Ausland war groß: Die westlichen Militärbeobachter - darunter vier Deutsche - sind in Slawjansk freigelassen worden und können nach Hause zurückkehren. Die Kämpfe im Osten der Ukraine gingen aber weiter - etwa in Kramatorsk.

03.05.2014
    Der deutsche Oberst Axel Schneider war der erste, der von den Korrespondenten zitiert wurde, und zwar auf dem Weg von Slawjansk nach Donezk. "Wir sind glücklich und tief erleichtert", sagte er - und fügte hinzu, dass die vergangenen beiden Nächte "wirklich hart" gewesen seien. Am Ende sei aber dank der Zusammenarbeit aller Akteure alles gut gegangen.
    Zu der entührten Gruppe zählten anfangs 13 Personen: acht Militärbeobachter und fünf ukrainische Soldaten. Einer der Beobachter - ein Schwede - war aus gesundheitlichen Gründen bereits freigekommen. Heute wurden dann die vier Deutschen, ein Däne, ein Pole, ein Tscheche und die ukrainischen Soldaten aus der Geiselhaft entlassen. Am Nachmittag bestiegen sie in Donezk ein Flugzeug Richtung Westen - mit einem Zwischenstopp in Kiew und einem Fototermin mit dem ukrainischen Übergangsregierungschef Jazenjuk.
    Zwischenstopp der Beobachter in Kiew mit Übergangsminsterpräsident Jazenjuk
    Zwischenstopp der Beobachter in Kiew mit Übergangsminsterpräsident Jazenjuk (AFP / Sergej Supinsky)
    Zustande gekommen war das unter Vermittlung Russlands. Moskau hatte den Sondergesandten des Kremls nach Slawjansk geschickt, Wladimir Lukin. Ihm übergaben die pro-russischen Separatisten dann auch ihre Geiseln. Außerhalb der Stadt nahm dann der Generalsekretär des Europarats, Thorbjørn Jagland, die Männer in Empfang.
    "Edle Geste"
    Lukin sagte, die Aktivisten in Slawjansk hätten die Beobachter und Soldaten als "edle Geste" freigelassen und auf einen Austausch von inhaftierten Gesinnungsgenossen verzichtet. Der russische Außenminister Sergej Lawrow sprach von einem Beleg für "Tapferkeit und Humanismus" und forderte zugleich ein weiteres Mal, dass die Regierung in Kiew die Kampfhandlungen im Osten beenden müsse. Der selbst ernannte Bürgermeister der Separatisten in Slawjansk, Wjatscheslaw Ponomarjow, erklärte: "Wie ich es ihnen versprochen hatte, haben wir gestern meinen Geburtstag gefeiert und sie laufenlassen."
    Der deutsche Oberst Axel Schneider und der Separatistenführer Wjatscheslaw Ponomarjow
    Der deutsche Oberst Axel Schneider und der Separatistenführer Wjatscheslaw Ponomarjow (picture-alliance / dpa / Pochuyev Mikhail)
    Im Ausland gab es viele positive Reaktionen, allen voran in Deutschland. Bundesaußenminister Steinmeier trat in Berlin gemeinsam mit Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen vor die Reporter. Steinmeier dankte ausdrücklich dem russischen Gesandten Lukin für seinen persönlichen Einsatz. Von der Leyen äußerte ihre Hochachtung darüber, wie das Inspektorenteam diese "schwierige Zeit" gemeistert habe. SPD-Chef Gabriel sagte, die gute Nachricht dürfe nicht den Blick darauf verstellen, worauf es jetzt ankomme: "Deeskalation und der Einsatz für eine friedliche Lösung des Konflikts seien zwingend notwendig - gerade von russischer Seite.
    Auch US-Außenminister John Kerry reagierte erleichtert, äußerte sich aber ähnlich wie Gabriel: Die Vereinigten Staaten seien sehr zufrieden über die Freilassung. Russland müsse aber mehr tun, um die Spannungen abzubauen und insbesondere die Unterstützung der Separatisten beenden.
    Kämpfe in Kramatorsk
    Militärisch bleibt die Lage in der Ukraine angespannt. Am Samstag kam es vor allem in der Stadt Kramatorsk zu Gefechten, wahrscheinlich mit zwei Toten und mehreren Verletzten. Innenminister Arsen Awakow teilte mit, ein Fernsehturm und mehrere Straßensperren seien in der Hand der Regierungstruppen. Auch in Slawjansk soll es wieder Kämpfe gegeben haben, es gibt auch Berichte über Tote. In Slawjansk hatten die Separatisten gestern zwei Kampfhubschrauber abgeschossen. Das ukrainische Militär besetzte Vororte, die Aufständischen haben aber die Stadt weiterhin zum großen Teil unter ihrer Kontrolle.
    In Odessa, das bislang von Kämpfen verschont gewesen war, kam es gestern zu Straßenschlachten und einem Brand in einem Gewerkschaftshaus. Viele Menschen kamen ums Leben. Unsere Korrespondentin Sabine Adler berichtete aus Odessa, die Bürger seien noch immer schockiert, es habe 46 Tote gegeben, darunter 20 Polizisten.
    Adler betonte, in Odessa sei bislang keine "souveräne Volksrepublik" ausgerufen worden, so wie in Donezk. Auch bereite man sich nicht auf das von den Separatisten im Osten für den 11. Mai geplante Referendum vor (die offiziellen Wahlen in der Ukraine sind am 25. Mai). Es gebe auch keine bekannte Figur an der Spitze der pro-russischen Bewegung. Die EU-Außenbeauftragte Catherine Ashton verlangte, die Geschehnisse von gestern müssten von unabhängiger Seite untersucht werden.