Freitag, 29. März 2024

Archiv

Ukraine
Moskau und die Milliardenfrage

Das Außenministerium in Moskau macht zwar die Opposition in der Ukraine und den Westen für die Eskalation der Gewalt verantwortlich. Dennoch könnte der Kreml weitere Hilfszahlungen an Kiew zurückhalten. In diesem Fall droht der Ukraine der Bankrott.

Von Gesine Dornblüth | 19.02.2014
    Wladimir Putin beim Gipfeltreffen in Brüssel im Januar 2014
    Der russische Präsident sagt, er wolle der Ukraine keine Ratschläge erteilen. (dpa / picture-alliance / Olivier Hoslet)
    Russland macht ausschließlich die ukrainische Opposition für die Gewalt in der Ukraine verantwortlich. Das geht aus einer Erklärung des russischen Außenministeriums hervor, die dessen Sprecher Alexander Lukaschewitsch heute verlas: "Randalierende Jugendliche greifen Milizionäre und Soldaten an. Dutzende wurden verletzt. Das ist der Versuch eines gewaltsamen Umsturzes. Uns besorgt, dass die Oppositionsführer nicht auf das Vorgehen der Radikalen reagieren. Sie verstecken sich hinter demagogischen Losungen von Demokratie und europäischen Werten und leisten so einer 'braunen' Revolution Vorschub."
    Das Außenministerium rief die ukrainische Opposition auf, den Dialog mit der Führung ihres Landes unverzüglich wieder aufzunehmen. Im russischen Staatsfernsehen wird Präsident Janukowitsch als derjenige dargestellt, der - ganz demokratisch - einen Kompromiss angeboten habe. Es sei an der Opposition, darauf einzugehen. Russische Regierungsvertreter und Abgeordnete wiederholten auch heute ihre bereits aus den vergangenen Wochen bekannten Anschuldigungen gegen westliche Politiker: Diese würden sich auf unzulässige Weise in die inneren Angelegenheiten der Ukraine einmischen und die Augen vor der rechten Gewalt verschließen. Der Sprecher des Außenministeriums: "Wir vermissen eine klare Reaktion der europäischen Politiker und Strukturen. Sie weigern sich anzuerkennen, dass alle Verantwortung für das Vorgehen der radikalen Kräfte in der Ukraine bei der Opposition liegt."
    Schirinowskij beschwört alte Feindbilder
    Der Rechtspopulist Wladimir Schirinowskij, Fraktionsführer der sogenannten Liberaldemokraten in der Staatsduma, ging noch weiter. Im Staatsfernsehen verbreitete er minutenlang bewährte Feindbilder: "Hinter den Vorgängen in der Ukraine stecken der US-amerikanische Botschafter, Brüssel, die EU, die NATO. Sie wollen das gleiche in Moskau anzetteln. Kiew ist für sie nur ein Probelauf.
    In der Erklärung des Außenministeriums heißt es, Russland werde seinen gesamten Einfluss nutzen, um Frieden und Ruhe in der Ukraine wiederherzustellen. Wie Russland das anstellen will, blieb offen. Westliche Politiker fordern von Russlands Präsident Putin, er möge auf Janukowitsch einwirken, um das Blutvergießen zu stoppen. Putin aber hält sich zumindest nach außen zurück. Über seinen Sprecher ließ er ausrichten, die Frage, wie die Krise in der Ukraine zu lösen sei, sei ausschließlich Sache der legitimen Führung der Ukraine. Er werde keine Ratschläge erteilen. Putin und Janukowitsch haben letzte Nacht miteinander telefoniert. Der Inhalt des Gesprächs blieb indes geheim.
    Bewegung deutet sich bei der Frage der russischen Finanzhilfe für die Ukraine an. Möglicherweise wird sie doch noch zurückgehalten. Vor wenigen Tagen hatte Russlands Finanzminister angekündigt, die zweite Tranche des insgesamt 15 Milliarden US-Dollar schweren Hilfspakets, nämlich zwei Milliarden, noch im Laufe dieser Woche anzuweisen. Das war vor der Eskalation in Kiew. Kremlsprecher Peskow wich der Frage, ob es bei der Zahlung bleibe, heute aus, sagte aber, derzeit sei ein Ende der Gewalt wichtiger. Die Ukraine steht vor dem Bankrott. Wenn das Geld aus Moskau ausbleibt, ist das ein harter Schlag für Präsident Janukowitsch.