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Ukraine
Pravda heißt nicht immer Wahrheit

Zehntausende Menschen protestieren in der Ukraine gegen den Präsidenten Janukowitsch. Ihre Demonstrationen werden von Journalisten begleitet - die aber können nicht so frei arbeiten, wie sie möchten. Denn die Mehrheit der Medien ist in der Hand von Oligarchen und wer Pech hat, sitzt plötzlich im Gefängnis.

Von Sabine Adler | 15.01.2014
    Zehntausende Regierungsgegner in der ukrainischen Hauptstadt Kiew haben zum sechsten Mal in Folge bei einer großen Sonntagskundgebung gegen die prorussische Führung protestiert.
    Zehntausende Regierungsgegner in der ukrainischen Hauptstadt Kiew protestieren gegen die prorussische Führung. (AFP PHOTO/GENYA SAVILOV)
    Seit ihrem Beginn waren die Massenproteste gegen den Anti-Europa-Kurs der ukrainischen Regierung begleitet von Angst. Angst, dass die Sicherheitskräfte die Demonstrationen brutal auseinandertreiben, so wie sie es gleich zu Beginn versuchten. Angst, dass Provokateure Gewalt inmitten der Menschenmassen schüren, was immer wieder versucht wird. Angst, dass die Demonstranten nicht mehr nur den Rücktritt von Regierung und Präsident fordern, sondern diese aus dem Amt jagen.
    "Bahn frei, Bahn frei", rufen hier aufgeregte Reporter und Demonstranten, denn der ehemalige Innenminister Juri Luzenko sowie drei Parlamentsabgeordnete wurden bei einer Demonstration gegen Berkut-Sondereinheiten zusammengeschlagen, Luzenko ist so übel zugerichtet, dass er auf die Intensivstation gebracht wird.
    Auch mehrere Reporter sind verletzt, haben vor allem Kopfwunden, denn dorthin schlagen die ukrainischen Polizisten hauptsächlich. Für Journalisten, die vom Maidan berichteten, ist der Einsatz gefährlich. Allein im Dezember sind über 50 schwer verletzt worden. Die vom vergangenen Wochenende nicht mitgerechnet.
    Die meisten Opfer gab es bei einer Polizei-Aktion im Regierungsviertel Anfang Dezember, als vermutlich nationalistisch gesinnte Aktivisten während der Blockade des Regierungsviertels Steine warfen, Tränengas sprühten und sogar mit einem Bulldozer auf eine Polizistenkette zusteuerten. Etliche Korrespondenten wurden verletzt, gerieten zwischen die Fronten, wurden verhaftet, saßen wochenlang im Gefängnis.
    Mehrere Wochen im Krankenhaus
    Tejana Tschernowol ist das jüngste Opfer von Gewalt. Die Journalistin und Aktivistin wurde nicht während eines Einsatzes verletzt, sondern auf dem Weg nach Hause. Ein Auto drängte ihres von der Straße ab, Männer holten sie aus dem Wagen und prügelten auf sie ein, dass sie mehrere Wochen im Krankenhaus liegen muss. Sie ist sicher, dass sie nur überlebte, weil die Täter sie für tot hielten.
    "Ich erinnere mich, wie sie mir die Nase zertrümmerten. Die schlugen mir vor allem ins Gesicht. In meinen Lungen war Blut und ich lag einige Zeit in der Kälte auf der Straße, weil ich nicht aufstehen konnte", sagt sie noch in der Klinik.
    Der Kampf für oder gegen Europa findet auch in den Medien statt, über Grenzen hinweg. Weil überall russisches Fernsehen empfangbar ist, konnten die Ukrainer verfolgen, dass einige russische Medien Lügen über die Protestbewegung verbreiten.
    Russlands Präsident Wladimir Putin empfängt Ukraines Präsident Viktor Janukowitsch im Kreml.
    Mit der Annäherung an Putin (r.) hat Janukowitsch die Proteste ausgelöst. (AFP / Alexander Nemenov)
    Als Vitali Sedjuk für den Sender "Russland 24" vom Maidan-Unabhängigkeitsplatz ein Live-Gespräch führen wollte, versuchten das die Demonstranten zu verhindern.
    "Prawda", "Wahrheit" übertönte der Sprechchor den Korrespondenten, die Menge verdeckte ihn immerzu mit Fahnen, jemand überreichte ihm eine Oskar-Statue für die weltbesten Lügen.
    Sondersendungen am laufenden Band
    Etwas ruhiger geht es in einer Seitenstraße des Kretschatiks zu. Olga Kalinowska steht neben der Kamera und interviewt Demonstranten. Die ukrainische Fernsehjournalistin vom 5. Kanal hört geduldig zu, obwohl sie zittert wie Espenlaub, ein Techniker legt ihr unauffällig den Mantel über die Schultern. Seit Wochen ist die zierliche 33-Jährige mit einem Filmteam in der Stadt unterwegs, das Programm ist gefräßig, Sondersendungen am laufenden Band.
    "Wir müssen zeigen, was geschieht. Damit die Leute erfahren, was sie selbst tun können: mitmachen. Sie haben keine Angst, denn sie sehen, wie viele schon da sind. Das hat eine ungeheuer mobilisierende Wirkung."
    Seit die Proteste am 21. November begannen, dem Tag, da die Regierung den Ausstieg aus den EU Assoziierungsgesprächen beschloss, haben sie immer wieder nonstop durchgesendet. Im Regime Marathon, wie es in der ukrainischen Fernsehsprache heißt.
    "Wir haben natürlich sehr viel mehr und härter gearbeitet, aber wenn so etwas passiert, bekommt alles eine unglaubliche Energie und du spürst, dass du wirklich gebraucht wirst. Nun hoffe ich zwar für unser Land, dass so was nicht so häufig geschieht, aber als Journalist verstehst du, dass du eine echte Mission hast."
    Medienlandschaft ist geteilt
    Die Medienlandschaft in der Ukraine ist geteilt. Hier die privaten, dort die unabhängigen, dort die regierungstreuen Sender. Letztere spielen die Massendemonstrationen herunter, sagt Kyryll Savin von der Heinrich-Böll-Stiftung in Kiew.
    "Die fünf nationalen Sender, die fünf größten, die landesweit zu empfangen sind, die berichten nur in den Nachrichten, und zwar ziemlich wenig. Zeigen Seifenopern, irgendwelche Musikstücke, so wie üblich."
    Wo ein Sender politisch steht, wird somit nicht nur daran sichtbar, wie er informiert, sondern ob. Wer berichtet, ergreift so automatisch Partei.
    "In einem solchen Augenblick kann man nicht hundertprozentig objektiv sein. Aber wir versuchen, nur Fakten zu bringen. Die Bilder sprechen ohnehin für sich."
    So fröhlich wie die Fernsehreporterin Olga Kalinowska vom 5. Kanal hätte der Zeitungskollege Waleri Charaguz aus Dneppetrowsk auch gern gearbeitet. Er war am 1. Dezember aus der östlichen Provinz nach Kiew gefahren, um für sein Blatt aus der Hauptstadt zu berichten. Es war der Tag, an dem die Proteste gewalttätig wurden. Waleri Charaguz war zur falschen Zeit am falschen Ort.
    "Er ist Journalist und wollte berichten. Als es gefährlich wurde, lief er nicht weg, sondern half jemandem, der am Boden lag. Er wurde selbst geschlagen und verletzt, in Untersuchungshaft genommen und ist jetzt angeklagt, einen Massenaufruhr organisiert zu haben."
    Vom Beobachter zum politischen Gefangenen
    Aus insgesamt neun derart zufälligen Demonstranten oder Beobachtern wurden politische Gefangene. Einen der Anführer dieser Hooligans ließ die Polizei stattdessen laufen, sagt sein Freund der Historiker Andrej Portnow.
    "Oben auf dem Traktor, dem Bulldozer, stand ein bekannter Mann, der Führer der rechtsradikalen Organisation "Bruderschaft", Dmitri Kortschinksi, Gründer auch der ultrarechten Ukrainischen Nationalistischen Assemblée. In der orangenen Revolution trat er gegen Timoschenko und Juschtschenko auf, er ist Gast bei den Ferienlagern der russischen Putin-Organisation "Naschije". Ausgerechnet er, den jeder auf dem Bulldozer sah, wurde nicht verhaftet, er entkam, nach ihm wird gefahndet. Das ist so zweifelhaft, dass viele glauben, dass diese Ausschreitungen geplant waren.
    Alles wird aufgezeichnet
    Die Inhaftierung des Journalisten Waleri Haraguz und anderer war ein gezieltes Manöver, um andere Demonstranten und Reporter einzuschüchtern, vermutet Andrej Portnow:
    "Das ist das Signal, dass es absolut jedem so ergehen kann."
    Umso sorgfältiger wird jetzt während der Protestbewegung der Regierungskritiker jedes Eingreifen der Polizei und anderer Sicherheitskräfte registriert. Was auch vor sich geht, irgendjemand ist immer zur Stelle, der Aufzeichnungen macht.
    Die Nachrichtenportale im Internet informieren nicht nur über so gut wie alles, von ihnen geht auch eine außerordentlich mobilisierende Wirkung aus. Sie sind eine ernst zu nehmende politische Größe geworden. Deswegen werde gegen sie ein Informationskrieg geführt, konstatiert die Medienjournalistin Lygatschow.
    "Es gibt massenhaft Internet-Seiten, die unabhängige Medien, Journalisten und Organisationen diffamieren, Reporter ohne Grenzen ist Opfer, auch unsere Organisation ‚Telekritik‘."
    Mit Handy-Kameras im ganzen Land unterwegs
    Am populärsten ist die Internet-Zeitung "Ukrainska Pravda". Sie hat sich zeitweilig in "Europejska Prawda" umbenannt, ihre Journalisten sind mit Handy-Kameras im ganzen Land unterwegs, stellten als erste die gewaltsame Auflösung der Proteste ins Netz, sind oft schneller als das Fernsehen. Sie werten das Material anderer Sender aus, veröffentlichen die Clips auf ihrer Seite, die zudem erst zwei-, jetzt dreisprachig ist. Im Wohnzimmer einer großbürgerlichen Altbauwohnung im Kiewer Stadtzentrum produzieren 20 Journalisten den mit Informationen vollgepackten Web-Auftritt, der inzwischen 700.000 Mal am Tag angeklickt wird. Ihr Erfolg wurde ihnen zum Verhängnis. Die Seite wird immer wieder frech kopiert, manipuliert. Und sogar als gedruckte Zeitung verkauft, sagt Kyryll Savin von der Böll-Stiftung.
    Der Chef der Oppositionspartei Udar, Vitali Klitschko, redet am 8.12.2013 bei einer Protestkundgebung in Kiew
    Vitali Klitschko ist der Oppositionsführer (AFP / Sergei Supinsky)
    "Es gab plötzlich so eine Papierzeitung, mit dem Design von ‚Ukrainskaja Pravda‘ und ihrem Namen und die war ziemlich kritisch, wie ja auch die ‚Ukrainskaja Pravda‘ ist, aber ausgewählte Artikel waren doch ziemlich pro Regierung."
    Als die dreisten Nachahmer das Blatt dann sogar registrieren lassen wollten, stellte sich heraus, dass das problemlos möglich war, denn die "Ukrainska Pravda" hatte das selbst versäumt.
    "Sie haben formal noch nicht mal ein Gesetz verletzt, es ist sehr schwer, sie juristisch zur Verantwortung zu ziehen",
    sagt die Medienanalystin Nataliia Lygatschow von der Organisation "Telekritika" und verweist auf eine weitere Gefahr, die der Presse in der Ukraine droht. Die Regierung Janukowitsch möchte Journalisten mundtot machen, nach russischem Vorbild per Verleumdungsklagen, die dort gängige Praxis sind. Zwar musste in der Ukraine seit über zehn Jahren kein Journalist eine Enthüllungsgeschichte mit dem Leben bezahlen, aber allergrößte Vorsicht ist vor allem dann geboten, wenn es um die sogenannte Familie geht, also den Präsidenten und dessen Umfeld. Ein undurchdringliches Geäst, das dringend entwirrt werden müsste, findet Korruptionswächter Oleh Rybachuk.
    "Janukowitsch – seine Partei, seine Geschäftsleute – bringen mehr als ein Jahresbudget außer Landes. Die sogenannte Familie ist korrupt, die Summe im Wert unseres Staatsbudgets verschwindet jedes Jahr."
    Den Betrag hat ein Stellvertreter des jetzigen Regierungschefs Asarow genannt, der im ersten Amtsjahr von Präsident Janukowitsch entlassen wurde. Geld, das aus Gewinnen stammt, die eigentlich versteuert werden müssten. Sowie aus der Schattenwirtschaft, weil Geschäfte nicht offengelegt werden. Es wird dem ukrainischen Staat vorenthalten, der auch deshalb notorisch klamm ist.
    Gute Geschichten gegen Geld
    Nach der Orangenen Revolution, als Präsident Viktor Juschtschenko und Premierministerin Julia Timoschenko von 2005 bis 2010 regierten, habe die Ukraine ebenfalls nicht unbedingt stolz sein können auf ihre Pressefreiheit. Damals blühte das Geschäft mit den sogenannten Jeans. "Dschinsy", Jeans nannte man gekaufte Geschichten. Wer darin vorkommen wollte – positiv natürlich nur – zahlte. Das Fernsehen sei auf diese Art von den Politikern regelrecht verhökert worden, erinnert die Medienkritikerin Nataliia Lygatschow.
    "Das machte die damalige Opposition, also die heutige Präsidentenpartei. Aber auch die Leute von Timoschenko und Juschtschenko, die regierten. Aber damals gab es Pluralismus. Wer zahlte, trat auf. Seit Janukowitsch regiert, wird kein Oppositioneller auf den Sender gelassen, für kein Geld."
    Valerie Nalyvaichenko von der Klitschko-Partei Udar hält trotzdem nichts davon, sich eigene Sender zuzulegen.
    "Nein, es ist gut, dass wir nicht unsere Kanäle haben, das hätte nichts mit Pressefreiheit zu tun."
    Freie Berichterstattung nicht selbstverständlich
    Mit den Massendemonstrationen gegen den Anti-Europa-Kurs von Präsident Janukowitsch ist der 5. Kanal, der einem ukrainischen Oligarchen gehört, auf einen regierungskritischen Kurs umgeschwenkt. Die Reporterin Olga Kalinowska findet, dass sie in ihrem Sender frei berichten kann, aber sie hat die Medienlandschaft im Blick und weiß, dass das nicht selbstverständlich ist.
    "Wir haben Probleme mit der Pressefreiheit, ziemlich große sogar. Dennoch ist es nicht mit Russland oder gar Weißrussland zu vergleichen, das man sagen könnte, hier würden sämtliche Redaktionen gesäubert und Befehle erteilt, worüber berichtet werden darf und worüber nicht. Aber es gibt auch bei uns Einschränkungen der Pressefreiheit und Zensur, allerdings dosiert. Aber sie nimmt zu."
    Die meisten Sender im Besitz zu Oligarchen
    Fast alle Fernsehsender befinden sich in der Ukraine im Privatbesitz der reichsten Oligarchen des Landes. Wer etwas auf sich hält, nennt einen Kanal sein eigen. Ein schwerreicher Unternehmer als Eigner vergrößert aber nicht eben den Spielraum der Journalisten. Sich als vierte Macht im Staat zu verstehen, wird schwer, investigativer Journalismus praktisch unmöglich. Denn wer über Korruption, Geldwäsche oder auch nur über intransparente Unternehmensführung berichten möchte, stößt sofort an Grenzen.
    Der bedeutendste Privatsender "Inter" gehört dem Großindustriellen Dmytri Firtasch. Den Sender "1+1" besitzt Igor Kolomojski, ansonsten im Finanzgeschäft tätig, in der Erdölverarbeitung, Stahl- und Erzaufbereitung. Den Kanal "Ukraina" hat sich der reichste Mann der Ukraine zugelegt, der im Bergbau, in der Stahlproduktion sowie der Telekommunikation tätige Rinat Achmetow, der als Ziehvater von Präsident Viktor Janukowitsch gilt.
    Hinter dem 5. Kanal steht der sogenannte Schokoladenkönig Petro Poroschenko, der auch schon Außenminister in der Regierung Juschtschenko war und Wirtschaftsminister unter Janukowitsch.
    Unterstützer der inhaftierten ukrainischen Oppositionspolitikerin Julia Timoschenko
    Ein Zankapfel zwischen der EU und der Ukraine ist die inhaftierte Julia Timoschenko (picture alliance / dpa / Chekachkov Igor)
    Für größte Aufregung sorgte jüngst ein äußerst umtriebiger junger Mann: Sergej Kurtschenko, 27 Jahre alt. Er kaufte von Boris Loschkin dessen Media Holding auf. Keineswegs sein erstes Unternehmen. Sergej Kurtschenko ist der ukrainische König des Flüssiggas-Geschäfts und Freund des Präsidentensohnes Alexander Janukowitsch. Wichtige politische Zeitschriften wie "Forbes", "Korrespondent", "Fokus" und diverse Internet-Portale bekamen Kurtschenko als neuen Chef, die Redaktionen wehrten sich. Ein Dutzend "Forbes"-Journalisten wurden gefeuert, weil sie gegen eine inhaltliche Neuausrichtung in der Zeitschrift protestiert hatten.
    Kaum Chancen auf neue Jobs
    Für die Medienkritikerin Lygatschow war der Aufstand der Kollegen eine kühne Entscheidung, denn neue Jobs finden unabhängige Journalisten in der Ukraine kaum.
    "Es gibt in der Ukraine nur sehr wenige unabhängige Medien. 'Serkalo niediele', 'Radio Swoboda', die Tageszeitung 'Dien', im Internet noch einige Portale wie 'Maidan' oder 'Telekritika', aber das sind ja nur kleine Herausgeber. Die können die "Forbes"-Kollegen nicht aufnehmen. Journalisten in der Ukraine müssen die Regeln akzeptieren, zu Zugeständnissen bereit sein oder aber sich einen Job außerhalb des Journalismus suchen. Das Team des Fernsehsenders TVI ist im Sommer geschlossen gegangen, als der Eigentümer gewechselt hat. Sie haben das Internet-Bürgerfernsehen 'Hromadske' gegründet, das durch Spenden finanziert wird. Ich bezweifle, dass sie sich mit einer derart unsicheren Finanzierung lange halten."
    Mit Kauf kritische Blätter auf Linie bringen
    Printmedien spielen gemessen am Fernsehen nur eine geringe Rolle. Zusammen mit dem Internet entfalten Zeitungen und Zeitschriften dennoch eine nicht zu unterschätzende Wirkung. Dass der 27-jährige Gas- und neuerdings Medien-Oligarch Kurtschenko auch die Druckerzeugnisse wollte, wird damit erklärt, dass er es auf die kritischen Köpfe der Redaktionen abgesehen hatte. Das vermutet auch Olga Kalinowska vom 5. Kanal.
    "Diese Journalisten, die mit verkauft wurden, sind wichtig, denn die sind dann nicht mehr nur für ihre Zeitschriften tätig, die sich kaum jemand leisten kann, sondern arbeiten auch für die Nachrichtenportale im Internet und haben damit eine viel größere Verbreitung."
    Wahrscheinlich hat Janukowitsch-Freund Kurtschenko den Auftrag, mit der Media Holding die bislang kritischen Politik-Magazine auf Linie zu bringen und so den Präsidentschaftswahlkampf 2015 abzusichern. Die regierungsnahen Medien machen vor, wie das geht: Das Programm wird trivialisiert. Olga Kalinowska beobachtet, dass zwar über Politiker, aber nicht über Politik gesprochen wird.
    "Sie berichten, wie viel irgendein Sportler verdient oder über Hochzeiten von Popstars. Und in diesem Stil wird auch über Politik informiert: Wer verdient was, wer trägt welche Marken, wer trifft sich mit wem wo zum Essen."
    Das ist allemal gefahrloser als von den Protesten und erst recht von den Verstrickungen von Politik und Wirtschaft in der Ukraine zu berichten. Jetzt während der Massendemonstrationen empfiehlt der Ukrainische Verband der Journalisten den Korrespondenten, sich als Pressevertreter zu kennzeichnen – mit roten Westen und der Aufschrift "Presa". Seit der Eskalation der Gewalt am 1. Dezember, als Kollegen wie Waleri Charaguz und andere von Sicherheitskräften vor dem Regierungsgebäude verprügelt wurden, kommen viele der Aufforderung nach.
    In der Rangliste der Pressefreiheit bei "Reporter ohne Grenzen" rutschte die Ukraine seit 2009, vor dem Wahlsieg von Präsident Janukowitsch, um 37 Plätze nach unten und steht jetzt an 126. Stelle.