Mittwoch, 24. April 2024

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Ukrainischer Botschafter
"Unsere Souveränität ist unantastbar"

Der Botschafter der Ukraine in Deutschland, Pavlo Klimkin, kritisiert die Weigerung Moskaus zu Gesprächen mit der neuen Führung seines Landes. Selbst sei man weiterhin dazu bereit, sagte Klimkin im Deutschlandfunk. Die Souveränität der Ukraine sei unantastbar.

Pavlo Klimkin im Gespräch mit Jasper Barenberg | 03.03.2014
    Der ukrainische Botschafter in Deutschland, Pavlo Klimkin.
    Pavlo Klimkin: Ukrainischer Botschafter in Deutschland (dpa/Inga Kjer)
    Jasper Barenberg: Am Rande einer Katastrophe sieht die Führung in Kiew die Ukraine. Der Ministerpräsident und der Übergangspräsident sprechen von einer faktischen Kriegserklärung durch Russland. Russische Streitkräfte kontrollieren inzwischen offenkundig große Teile der Halbinsel Krim. Und im Kreml hat sich Präsident Putin ja auch grünes Licht für einen noch weitergehenden Militäreinsatz in das Nachbarland geben lassen. Ich bin jetzt am Telefon verbunden mit Pavlo Klimkin, dem Botschafter der Ukraine in Deutschland, schönen guten Morgen, Herr Botschafter!
    Pavlo Klimkin: Guten Morgen!
    Barenberg: Herr Klimkin, Russlands Außenminister beteuert jetzt, man wolle gar keinen Krieg führen auf der Krim. Haben Sie Vertrauen in diese Zusicherung?
    Klimkin: Wir haben Konsultationen gleich von der ersten Sekunde angeboten. Diese Konsultationen stehen auch gemäß unseres russisch-ukrainischen Abkommens. Die russische Seite hat es abgelehnt. Deswegen haben wir immer gesagt, wir sind bereit zu sprechen. Aber im Moment funktioniert das leider nicht. Und gestern hat man auch die Absprache getroffen, dass eine Kontaktgruppe vielleicht funktionieren kann und auch OSCE Fact Finding Mission auf der Krim funktionieren kann. Das ist schon die erste positive Entwicklung.
    "Es gilt im Moment, einen kühlen Kopf zu bewahren"
    Barenberg: Das würden Sie schon als positive Entwicklung werten, dass es so eine Kontaktgruppe geben soll und dass auch Wladimir Putin offenbar im Gespräch zum Beispiel mit der Bundeskanzlerin einer OSZE-Mission in der Ukraine zugestimmt hat?
    Klimkin: Ja, genau. Also, nach allen diesen ganz, ganz schwierigen Tagen, dass auch Russland eine Art der Aggression und Repression auch der Krim dann aufgestellt hat und dass russische Einheiten dann auch die Schwarzmeeresflotte-Verträge klar gebrochen haben. Es gibt auch zusätzliche Einheiten da. Aber es gilt im Moment, kühlen Kopf zu bewahren, jetzt sprechen. Das haben wir von der ersten Sekunde angeboten und wir sind auch bereit zu sprechen. Wir werden uns nicht provozieren lassen. Aber wenn es so kommt, dann werden wir zur letzten Möglichkeit auch kämpfen.
    Barenberg: Das heißt, Sie würden im Zweifel auch militärisch vorgehen?
    Klimkin: Ja, man hat auch Mobilmachung in Kiew angekündigt. Und wie gesagt, wir sind auch alle, absolut alle bereit, dann für die Ukraine zu kämpfen. Aber jetzt, wie gesagt, kühler Kopf ist ganz, ganz wichtig und wir müssen die Möglichkeiten für weitere Gespräche und für weiteres Verständnis auf jeden Fall suchen. Das ist ein Muss im Moment. Und da funktioniert auch die Bundesregierung ganz aktiv, die Bundeskanzlerin spricht mit unserem Ministerpräsidenten täglich, auch mit dem russischen Präsidenten Putin. Und da, gestern, haben wir die ersten Ergebnisse, ganz kleine, aber doch positive Ergebnisse.
    "Man muss agieren"
    Barenberg: Haben Sie Vertrauen in die Vermittlungsbemühungen, die jetzt vonseiten nicht nur der Bundesregierung, sondern auch der anderen Regierungen in Europa und auch der USA gestartet werden?
    Klimkin: Auf jeden Fall. Wir haben immer gesagt, wir brauchen Beistand, wir brauchen Präsenz vor Ort mit so einer Art Fact Finding Mission. Wir brauchen das Engagement und Solidarität für die Ukraine. Das zeigt man immer mehr, [..., Anmerkung der Redaktion: unverständliche Äußerung] in den letzten Tagen vielmals gesagt, die Zeit der ganz normalen Kommentierung und Äußerungen, dass man Besorgnis über die Lage in der Ukraine hat, ist vorbei. Man muss agieren. Und das ist im Moment aber der Fall.
    Militäreinheiten müssen wieder zurück nach Russland
    Barenberg: Herr Botschafter, ich habe Sie richtig verstanden, Sie sind bereit zu Gesprächen mit Moskau, auch unter den derzeitigen Bedingungen, also auch in der derzeitigen Situation, wo russische Streitkräfte, wie Sie sagen, den Vertrag gebrochen haben, das Völkerrecht gebrochen haben und die Krim quasi unter ihre eigene Kontrolle gebracht haben?
    Klimkin: Nein, das muss man ganz, ganz klarstellen. Also, die russischen Einheiten, die müssen zurück zu ihren Militärstützpunkten. Und zusätzliche Militäreinheiten, die müssen – und zwar gleich – auch zurück nach Russland. Und das ist eine Art der Intervention und auch eine Aggression. Aber wie gesagt, wir lassen uns nicht provozieren und wir sind bereit für Gespräche. Und wir haben diese Gespräche im Rahmen der ukrainisch-russischen Konsultationen von der ersten Sekunde angeboten, von unserem Außenministerium. Die russische Seite hat es aber abgelehnt. Deswegen sind die Gespräche in irgendwelcher Form auch unglaublich wichtig. Und heute trifft auch der Europäische Rat in Brüssel, morgen kommt John Kerry nach Kiew und hoffentlich werden diese Bemühungen zu weiterer Deeskalation führen.
    Barenberg: Sie haben sich hilfesuchend auch an die NATO gewandt. Nun haben die Beratungen gestern ergeben, dass man Russland zwar verurteilt für das Vorgehen auf der Krim, aber keinerlei Drohungen ausspricht, sondern mahnt, appelliert zu deeskalieren, die Soldaten wieder zurückzuziehen. Erwarten Sie sich eine ähnliche Erklärung von den EU-Außenministern heute in Brüssel oder erwarten Sie ein Stück mehr?
    Klimkin: Wir erwarten, dass der Europäische Rat ganz klar sagt, dass die Unabhängigkeit und die territoriale Souveränität, Integrität und Souveränität der Ukraine unantastbar ist. Und man muss alle Mittel ansetzen, um das auch zu gewähren.
    Barenberg: Und zum Schluss noch, Herr Botschafter: Der Westen mahnt, der Westen verurteilt. Aber für den Moment müssen Sie sich notgedrungen damit abfinden, dass sich an der Situation vor Ort nichts ändert und dass die politische Führung in Kiew auch keine Möglichkeiten hat, Einfluss zu nehmen auf das, was auf der Krim passiert?
    Klimkin: Nein, das ist nicht wahr. Also, unsere Militäreinheiten, die bewahren auch einen guten Geist. Die haben ihre Waffen nicht abgegeben. Und es gibt auch auf der Krim ganz, ganz viele, die die unabhängige Ukraine unterstützen, und zwar die Mehrheit. Also, wenn man diese vielen Berichte auch in russischen Medien sieht, dass ganz, ganz viele andere Formen beispielsweise auf der Krim unterstützen, das ist auch nicht wahr. Man muss die Lage vor Ort sehen und diese Fact Finding OSCE Mission ist dazu auch bereit. Und das ist gut so!
    Barenberg: Heute Morgen hier live im Deutschlandfunk Pavlo Klimkin, der Botschafter der Ukraine in Berlin. Ich bedanke mich für das Gespräch, Herr Botschafter, danke!
    Klimkin: Ja, vielen Dank, ja! Auf Wiederhören!
    Äußerungen unserer Gesprächspartner geben deren eigene Auffassungen wieder. Deutschlandradio macht sich Äußerungen seiner Gesprächspartner in Interviews und Diskussionen nicht zu eigen.