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Ultrarechtes Wahlbündnis in Polen
Beliebt unter jungen Wählern

Mit der anstehenden Wahl in Polen könnte das Bündnis "Konföderation" in das Parlament einziehen. Mit ihm würde erstmals seit zwölf Jahren eine Fraktion entstehen, die deutlich rechts von der Regierungspartei PiS zu verorten ist.

Von Florian Kellermann | 01.10.2019
Polen: Sejmgebäude in Warschau, Tagungsort der Nationalversammlung. Foto vom 27. Februar 2017. | Verwendung weltweit
Im polnischen Parlament, dem Sejm, könnte sich nach der Wahl am 13. Oktober seit langem eine Fraktion bilden, die deutlich rechts von der PiS steht. (dpa / Daniel Kalker)
Eine Bühne mitten im Saal. Auf ihr stehen Redner und sprechen zu etwa 300 Menschen. Ein Publikum, das sich besonders konservativ gibt: überwiegend junge Männer in Anzug und Krawatte.
Hier in einem Festsaal in Warschau handelt es sich um den Programm-Parteitag der sogenannten "Konföderation" - ein Zusammenschluss ultrarechter polnischer Politiker. Janusz Korwin-Mikke, einer drei Anführer, macht daraus kein Hehl:
Auch homophobe und frauenfeindliche Aussagen
"Es gibt einen wichtigen Grund, warum die Regierungspartei PiS die LGBT-Community nicht bekämpft. Sehr viele in der höchsten Führungsriege der PiS sind selbst Homos. Und die Schwulen kennen sich. Und sagen: Wenn ihr uns bekämpft, dann outen wir euch. Davor hat die PiS Angst."
Janusz Korwin-Mikke äußert sich nicht nur homophob, sondern auch frauenfeindlich. Als EU-Abgeordneter hatte er behauptet, Frauen verdienten zu Recht weniger als Männer. Sie seien durchschnittlich weniger intelligent.
Korwin-Mikke ist schon 76 Jahre alt. Trotzdem ist die "Konföderation" besonders unter jungen Polen beliebt. Bei der Europawahl bekam sie die Stimme fast jedes fünften Wählers zwischen 18 und 24 Jahren.
Kritik an Regierungspartei PiS
Für sie ist die rechtskonservative Regierungspartei PiS noch nicht konservativ genug. So für Daniel Michalak, 18 Jahre alt:
"Die PiS schmückt sich mit konservativen Phrasen, aber sie redet nur. Nehmen wir die LGBT-Bewegung. Die könnte man mit einem einzigen Gesetz stoppen. Aber die PiS tut das nicht."
Eine solche Gesetzesinitiative hat die Partei "Konföderation" gestern angekündigt. Die Polizei solle Demonstrationen für die Rechte von Homosexuellen nicht mehr schützen. Symbole von Homosexuellen-Organisationen sollen verboten werden. Dies sei notwendig, um die christliche Tradition Polens zu bewahren, so die Anführer der Partei.
Damit Polen sich kulturell nicht verändere, solle es am besten aus der EU austreten, meint der 18-jährige Daniel Michalak. Das werde auch der heimischen Wirtschaft helfen, glaubt er:
"Konföderation" zieht junge Wähler an
"Viele haben nichts vom Wirtschaftswachstum. Unter meinen Bekannten fahren immer noch viele ins Ausland, um dort zu arbeiten. Reicher werden nur die Polen, die sowieso schon reich sind, und die westlichen Konzerne. Letztendlich fließt das ganze Geld ins Ausland ab."
Schon jetzt steht fest, dass die jungen Wähler in der kommenden Woche ihre Stimme mit großer Mehrheit einer rechtsgerichteten Partei geben werden. Rund 70 Prozent dürften für die PiS oder die "Konföderation" stimmen, zeigen Umfragen.
Tomasz Walczak, Redakteur bei der Tageszeitung "Super Express", erklärt das so:
"Die rechten Parteien haben den Nimbus aufgebaut, dass sie gegen das Establishment stehen, dass sie Anti-System-Parteien sind. Die PiS schafft das auch nach vier Jahren Regierung noch. Wir haben es mit einer rechten Gegenkultur zu tun, die junge Polen attraktiv finden."
Vor vier Jahren errang die Regierungspartei PiS die absolute Mehrheit der Sitze im Parlament. Ob ihr das auch diesmal gelingt, ist noch unklar. Denn diesmal dürften - statt vier - fünf Parteien und Wahlblöcke in den Sejm einziehen.
Zu Koalitionsverhandlungen bereit
Falls die Regierungspartei künftig einen Koalitionspartner bräuchte, sei die Konföderation zu Verhandlungen bereit, meint Robert Winnicki, ein anderer Spitzenpolitiker der Ultrarechten:
"Wir stellen jedoch Bedingungen. Wir wollen nicht, dass EU-Recht weiterhin unreflektiert übernommen wird. Wir wollen, dass das ungeborene Leben von der Zeugung an geschützt wird. Ich bezweifle, dass andere Parteien auf diese Forderungen eingehen werden."
Bisher tut die PiS so, als gäbe es rechts von ihr keine Partei mit ernstzunehmenden Chancen bei der Wahl. Das zeigt sich im öffentlich-rechtlichen Fernsehen TVP. Es wird de facto von der PiS kontrolliert, ein ehemaliger PiS-Abgeordneter leitet den Sender. Die Partei "Konföderation" kommt dort praktisch nicht vor. Selbst bei der Präsentation von Umfrageergebnissen wird sie geflissentlich übersehen.