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Uma Thurmans Broadwaydebüt: "The Parisian Woman"
Schulterzucken, Klischees und Witze über Trump

Im Washington dieser Tage weiß niemand mehr so ganz genau, was gespielt wird. Doch im Theaterstück "The Parisian Woman" des "House-of-Cards"-Schöpfers Beau Willimon ist alles noch beim Alten: Sex, Intrigen und Machtspiele bestimmen das politische Leben. Die Inszenierung am Broadway hinterlässt aber bloß Schulterzucken.

Von Andreas Robertz | 09.12.2017
    Blair Brown, Josh Lucas, Uma Thurman, Phillipa Soo und Marton Csokas nach einer Aufführung von "The Parisian Woman"
    "The Parisian Woman": Blair Brown, Josh Lucas, Uma Thurman, Phillipa Soo und Marton Csokas (GETTY IMAGES NORTH AMERICA)
    Tom ist Anwalt und will auf die Stelle eines Bundesrichters berufen werden. Unter normalen Umständen würde er wegen seiner fehlenden politischen Verbindungen niemals in Betracht gezogen werden, aber unter der jetzigen Regierung ist alles möglich. Er muss nur jemanden finden, der seinen Namen gegenüber dem Präsidenten erwähnt, kurz bevor dieser seine Entscheidung fällt. Deswegen beginnt seine schöne Frau Chloe alias Uma Thurman eine Liebesaffäre mit dem Bankier Peter, der, so hört man, das Ohr des Stabschefs John Kelly hat.
    In Beau Willimons "The Parisian Woman" ist Chloe der Mittelpunkt des Dramas, das manchmal eine Komödie, manchmal ein Thriller sein will. Sie hilft bei Wohltätigkeitsvereinen, liest schlechte Vampirromane und tut ansonsten, was sie will. Ihre Ehe mit Tom beruht auf beiderseitigem Pragmatismus, den sie Liebe nennen. Doch im Laufe des Stückes wird deutlich, wie viel Chloe für die Karriere ihres Mannes zu opfern bereits ist.
    Und das alles in einem Washington, in dem die politischen Akteure versuchen nach Spielregeln zu spielen, die nicht mehr richtig gelten: Schön, wenn die Republikanerin Jeannette etwa bei einer Party Chloe versichert, es seien nun gute Leute um "ihn" – gemeint ist Donald Trump - herum und ihr Lächeln dann kurz gefrieren lässt. Das sorgt für Verunsicherung bei allen Beteiligten. Das Stück trieft vor politischem Zynismus, zum Beispiel wenn Tom über seine fehlende Erfahrung im öffentlichen Dienst sinniert und Peter ihm erwidert, unter Trump zähle Erfahrung und Expertise genauso wenig wie die öffentliche Meinung. Oder wenn er der mehr demokratisch tickenden Chloe seinen politischen Opportunismus erklärt:
    "Es interessiert mich nicht wer Präsident ist. Ich bin ein beschissener Bankier. Präsidenten sind Vermögenswerte, die dazu da sind, gekauft, verkauft und gemanagt zu werden."
    Klug, gewitzt, mit Charme
    Uma Thurman spielt Chloe klug, gewitzt, mit Charme, und es macht Spaß ihr dabei zuzusehen, wie sie ihre Männer eifersüchtig macht, wenn sie im Gespräch beiläufig mit ihren anderen Liebhabern Nachrichten auf dem Handy austauscht. Überraschend ist das eigentlich nicht, kennen wir diese Klischee-Figuren doch schon längst aus den einschlägigen Fernseh- und Netflix-Formaten: Für ein solches Déja Vu sorgt etwa der völlig entspannte Ehemann Tom, dem die Affären seiner Frau nichts auszumachen scheinen oder auch die ewigen Kungeleien unter politischen Freunden.
    Da wäre es wahrscheinlich besser gewesen, Beau Willimon hätte sich ans Original von Henry Becques Theaterstück "La Parisienne" aus dem Jahr 1885 gehalten und ebenfalls eine Farce geschrieben. Das hätte ihm sehr viel mehr Freiheit als die Fernsehserienvorlage gegeben – sogar die Bühne sieht so aus, als wäre sie direkt aus dem House of Cards Bühnenbild entliehen worden.
    Mit ausgebufftem Kalkül
    Es gibt nur eine interessante Szene, in der dem Autor eine Verdichtung gelingt. Dabei geht es um den Machtkampf zweier Frauen: Als Peter aus Eifersucht Tom Schaden will, erpresst Chloe Jeanette, die gerade erst vom Präsidenten zur Vorsitzenden der Bankaufsicht berufen worden ist. Denn Chloe hat seit längerem auch eine Liebesaffäre mit ihrer bereits sehr erfolgreichen Tochter und sie droht dies zu veröffentlichen, falls Jeannette nicht für Tom bürgt. Selbst diese Beziehung, die Chloe anscheinend wirklich etwas bedeutet, beendet sie mit ausgebufftem Kalkül.
    Das mag als Bild für Washington gedacht gewesen sein und mag auch im Fernsehen funktionieren. In der Theater-Inszenierung trägt dieser Vergleich nicht. Das Stück in der Inszenierung von Pam MacKinnon hinterlässt allerhöchstens ein Schulterzucken, einige Witze über Trump und die Erinnerung an eine schöne, aber allzu oberflächliche Uma Thurman.
    Beau Willimon selber hatte mit seinem Stück wohl mehr als das bewirken wollen. Er schrieb das Stück schon 2014, nach den Halbzeitwahlen während der zweiten Amtszeit von Barack Obama, und hat es nach Trumps Wahlsieg aufgefrischt:
    "Nach der letzten Wahl hatte ich das Gefühl, dass sich eine Gelegenheit auftut, etwas über die größeren Veränderungen zu sagen, die politisch und kulturell, in Amerika und der Welt gerade passieren und diese Figuren da mitten hinein zu setzen."
    Man kann nicht sagen, dass ihm das gelungen ist.