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Umfrage
Eltern klagen über digitale Ausstattung der Schulen

Miese technische Ausstattung und mit digitalen Fragen überforderte Lehrer: Das kritisieren Eltern zumindest laut einer Umfrage des IT-Branchenverbandes Bitkom. Bundesbildungsministerin Johanna Wanka stellt zur Verbesserung dieser Situation fünf Milliarden Euro bereit.

Von Philip Banse | 09.11.2016
    Schülerinnen sitzen an einem Computer-Arbeitsplatz in der Grundschule auf dem Süsteresch in Schüttorf / Niedersachen. Die Schule ist Hauptpreisträger beim Deutschen Schulpreis 2016.
    Grundschüler an einem Computer-Arbeitsplatz: Ein Milliardenprogramm soll das nun auch flächendeckend ermöglichen. (picture alliance / dpa / Friso Gentsch)
    - "Ich finde die digitale Ausstattung in den Grundschulen extrem schlecht. Und auch die Lehrer wissen sehr wenig über Digitalisierung allgemein."
    - "Nach dem, was ich so höre, ist es ziemlich hinten dran. Sicherlich drei, vier Generationen hinter dem Standard."
    - "Der Computerraum, da funktionieren die meisten Computer gar nicht. Ich glaube, die Internetverbindung der gesamten Schule funktioniert nicht besonders. Ich glaube, die Lehrerin weiß gerade mal, wie man eine Powerpoint-Präsentation macht, aber viel mehr ist es dann auch nicht."
    Maja Brinkmann und Nina Gahr, zwei Mütter aus Berlin, deren Kinder in unterschiedliche Grundschulen gehen. Miese technische Ausstattung, und zwar aufgeschlossene, aber in digitalen Fragen letztlich überforderte Lehrer – das kritisieren Eltern vor allem an Grundschulen.
    Das hat eine repräsentative Umfrage unter gut 1.000 Eltern ergeben, die der Lobbyverband der deutschen IT-Industrie in Auftrag gegeben hat. Den Zustand der Computertechnik halten demnach von 100 Eltern nur 21 für gut oder sehr gut. Fast 80 Prozent der Eltern halten den Zustand der Technik in Schulen für mittelmäßig bis sehr schlecht. Achim Berg, Vorstandsmitglied beim Lobbyverein Bitkom:
    "Für mich war die wichtigste Erkenntnis, wie intensiv Eltern fordern, dass digitale Bildung in der der Schule weiter gefördert wird, das war die wichtigste Erkenntnis."
    Laut Umfrage mehr Computertechnik gewünscht
    So fordern über drei Viertel der Eltern, dass mehr in Computertechnik, digitale Ausstattung und digitale Lernmittel investiert wird, aber nur, wenn das Geld nicht woanders gekürzt wird:
    "Es geht gar nicht so sehr darum, die aktuellste Technik zu haben."
    Thies Eggers, Vater von zwei Grundschülern in Berlin:
    "Sondern die Kompetenz der Lehrerschaft zu stärken, dass sie den Umgang mit diesen Techniken vermitteln können. Das ist wichtiger als das Vorhandensein aktueller Technik."
    So sagt nur knapp die Hälfte der Eltern, dass Lehrer digitalen Medien eher positiv gegenüber stehen. Und selbst die wüssten oft zu wenig und könnten digitale Geräte nicht sinnvoll einsetzen. Mutter Maja Brinkmann zur Digitalkompetenz der Lehrer an der Schule ihres Sohnes:
    "Auf einer Skala von 1 bis 10 – 1, naja, vielleicht 2."
    Hardware und Ausbildung: Beide Probleme will Bundesbildungsministerin Johanna Wanka angehen. Fünf Milliarden Euro stellt sie bereit für Internetzugänge, Computer, Tablets.
    "Ich glaube, es fehlte eine Initialzündung. Und die Initialzündung, die jetzt gekommen ist, durch die Bundesministerin, hat sehr geholfen."
    Sagt Bitkom-Lobbyist Achim Berg, dessen Mitgliedunternehmen einen großen Teil dieser fünf Milliarden bekommen werden. Gleichzeitig müssen sich die Bundesländer aber verpflichten, Lehrer in digitaler Didaktik aus- und weiterzubilden, die Lehrerbildung müsse jetzt schnell umgesetzt werden:
    "Ich gehe nicht davon aus, dass das viele Jahre dauern sollte. Man kann Lehrgänge machen; man kann ein Colloquium aufbauen; man kann auch Material zur Verfügung stellen, um da recht kurzfristig auch zu agieren. Kurzfristig heißt in den nächsten ein, zwei Jahren."
    Wunsch nach Umstellung von Lehrplänen
    Dann sollten auch die Lehrpläne umgestellt werden, hat die Umfrage ergeben: Rund zwei Drittel der Eltern wünschen sich, dass Englisch, die lingua franca in Digitalien, bereits ab der ersten Klasse gelehrt wird, und dass ab der fünften Klasse Informatik Pflichtfach wird.
    "Ja, ab der fünften Klasse, wäre das sicher sinnvoll. Vorher finde ich es eigentlich ganz gut, dass sie nicht so viel am Computer machen."
    "Dazu müsste ich erstmal wissen, wie Informatik definiert wird. Wenn es um Programmieren geht, dann nicht. Wenn es um Kompetenzbildung, was Datenschutz angeht, dann wäre das sehr, sehr wichtig."
    Datenschutz als Lehrinhalt: Das wünschen sich laut Bitkom-Umfrage tatsächlich fast drei Viertel der Eltern in Deutschland – weit vor anderen Digitalthemen wie richtigem Verhalten in sozialen Netzwerken oder den rechtlichen Grundlagen des Internets.