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Umsiedlungs-Projekte
Neue Vorwürfe gegen die Weltbank

Die Weltbank ist Teil der UN-Familie und damit besonderen Standards verpflichtet. Doch immer wieder schaden von der Weltbank finanzierte Projekte Mensch und Natur. Zu diesem Schluss kommt eine Analyse der Nichtregierungsorganisation Urgewald.

Von Elisabeth Weydt | 10.10.2018
    Weltbank-Präsident Jim Yong Kim, aufgenommen in Wien in Österreich am 17.05.2016.
    Weltbank-Präsident Jim Yong Kim hatte 2015 angekündigt, Menschen und Umwelt besser zu schützen. Änderungen gebe es aber bisher kaum, meint die NGO Urgewald. (dpa/ picture alliance/ Lisi Niesner)
    Nur sehr selten gestehen große Institutionen große Fehler ein. Doch Weltbank-Präsident Kim tat genau dies im Frühjahr 2015:
    "Wir müssen besser darin werden unsere Umsiedlungspolitik umzusetzen. Was wir herausgefunden haben, bereitet mir Sorgen. Ich bin sicher, wir werden aus der Vergangenheit lernen und alles dafür tun, Menschen und Umwelt zu schützen."
    Damals hatte ein internationales Rechercheprojekt, an dem auch der NDR beteiligt war, von massiven Zwangsumsiedlungen durch Weltbank finanzierte Projekte berichtet. Innerhalb von zehn Jahren waren weltweit mehr als 3 Millionen Menschen zwangsumgesiedelt oder ihrer Lebensgrundlage beraubt worden - mit zum Teil katastrophalen Folgen.
    "Zwangsumsiedlung geht einfach so weiter"
    Die Weltbank - eine UN-Organisation, die sich an die Menschenrechte und andere UN-Deklarationen halten muss – hatte eindrücklich Besserung gelobt. Doch was ist seither geschehen? Dieser Frage ist die Umwelt- und Menschenrechtsorganisation Urgewald nachgegangen. Sie hat knapp 2.000 Kredite untersucht, die der öffentliche Arm der Weltbank seit 2014 bewilligt hat.
    "Unsere Analyse zeigt, dass das unmögliche Verhalten in Sachen Zwangsumsiedlung einfach so weiter geht. Also Versprechen gebrochen."
    Sagt Knud Vöcking von Urgewald, der die Analyse geleitet hat. Die Untersuchung liegt NDR Info vor. Rund 40 Prozent der Entwicklungsprojekte, werden demnach von der Weltbank selbst als potentielle Umsiedlungsprojekte eingestuft. Das heißt, sie werden sehr wahrscheinlich dazu führen, dass tausende Menschen zwangsweise umgesiedelt werden müssen. Darüber hinaus fehlen in sehr vielen Fällen die eigentlich vorgeschriebenen Basisdaten. So hat die Weltbank für das Geschäftsjahr 2018 beispielsweise bei gut 70 Prozent der bewilligten Umsiedlungsprojekte nicht die Zahl der betroffenen Menschen erhoben.
    "Gerade solche Projekte, wo es Zwangsumsiedlung gibt, wo Leute dann in die Armut geschubst werden, das sind Leute, die anschließend dann durch die Sahara wandern und im Mittelmeer ertrinken. Also wenn man hier aufpassen würde, dann hätte man auch 'Bekämpfung von Migrationsursachen'."
    Kritik kommt aber nicht nur von Urgewald. Dass Weltbank-Projekte noch immer dazu führen, dass Menschen massenhaft heimatlos werden können, sei für eine Entwicklungsbank geradezu zynisch, findet Uwe Kekeritz, entwicklungspolitischer Sprecher der Grünen im Bundestag:
    "Die Weltbank hat ja den Auftrag Entwicklung voranzutreiben und zwar Entwicklung im Sinne von Nachhaltigkeit und im Interesse der Menschen. Und das sehe ich immer mehr gefährdet. Das Kreditfeld ist eben ein Markt und da versuchen sowohl die Chinesen als auch die Weltbank ihre Kredite zu lancieren und da bleiben die Interessen von den Menschen, die davon betroffen sind, einfach auf der Strecke, das Gemeinwohl wird immer mehr zurück gedrängt."
    Weltbank weist Vorwürfe zurück
    Die Weltbank weist die Vorwürfe auf Anfrage von NDR Info zurück. Die UN-Organisation habe in den vergangenen Jahren ihr internes Kontrollsystem intensiv überarbeitet und auch mehr Personal eingesetzt. Bei Umsiedlungsprojekten müssten immer die entsprechenden Daten erhoben werden, so Maninder Gill, Weltbankmanager für soziale Entwicklung. Die Entwicklungsprojekte würden von den Kunden der Weltbank ausgeführt. Deshalb könne es Lücken in der Einhaltung der Standards geben. Aber eine regelmäßige Kontrolle führe dazu, dass diese Lücken schnell erkannt und bearbeitet würden.
    Maninder Gill lud die NGO Urgewald ein, über einzelne Projekte mit der Bank zu sprechen: "Falls jemand eine Frage zu einem konkreten Projekt hat, wollen wir uns das gerne genau ansehen und die genaue Situation klären." Am Freitag startet die Jahrestagung der Weltbank auf Bali. Knud Vöcking wird vor Ort sein. Seine Analyse hat er im Gepäck