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Umstellung auf DVB-T2
"Nicht bis zum letzten Drücker warten"

Ab dem 29. März wird in großen Teilen Deutschlands das Antennenfernsehen DVB-T auf eine neue Empfangstechnik umgestellt. Wer Privatsender schauen will, muss dann zahlen. Das sei der Wermutstropfen, sagte Siegfried Schneider von den Landesmedienanstalten im DLF. Der Vorteil sei aber eindeutig eine bessere Qualität. Zudem rät er zu einem baldigen Umstieg.

Siegfried Schneider im Gespräch mit Stefan Römermann | 30.01.2017
    Der Präsident der Bayerischen Landeszentrale für neue Medien (BLM) Siegfried Schneider.
    Der Präsident der Bayerischen Landeszentrale für neue Medien (BLM) Siegfried Schneider. (picture alliance / dpa / Sven Hoppe)
    Stefan Römermann: Am Telefon ist jetzt Siegfried Schneider. Er ist Präsident der Bayerischen Landesmedienanstalt und gleichzeitig Vorsitzender der Direktorenkonferenz der Landesmedienanstalten - langer Titel - und er ist damit verantwortlich für die Umstellung beim Digitalfernsehen. - Herr Schneider, haben Sie sich denn eigentlich selber schon einen passenden neuen Receiver geholt, oder gibt es bei Ihnen dann gleich einen schönen neuen Flachbildfernseher mit passendem Empfangsmodul?
    Siegfried Schneider: Bei mir persönlich gibt es nichts Neues, weil ich nicht über DVB-T bisher Fernsehen geschaut habe, sondern über Satellit, sodass bei mir keine Umstellung notwendig ist.
    Römermann: Sie haben uns das jetzt aber eingebrockt. Was bringt es denn uns Verbrauchern an Vorteilen Ihrer Meinung nach?
    "Entwicklungen in der Technik gibt es in jedem Bereich"
    Schneider: Die Vorteile sind eindeutig eine bessere Qualität. Man kann die Programme in HD empfangen. Die Privaten sind auch in Regionen verfügbar, die bisher von DVB-T noch nicht mitversorgt worden sind. Aber - und das muss man natürlich auch sagen - als Nachteil müssen neue DVB-T2 HD-fähige Fernsehgeräte oder zumindest geeignete Set-Top-Boxen angeschafft werden.
    Römermann: Da fragt man sich natürlich als Mensch in einer Umweltsendung: Brauchen wir so viel Elektroschrott?
    Schneider: Entwicklungen in der Technik gibt es in jedem Bereich und DVB-T hatte zwei Punkte: Zunächst mal der Wunsch der Zuschauer auch nach mehr HD-Angeboten, aber auch die Reduzierung von Übertragungsfrequenzen für digitales terrestrisches Fernsehen ist durch einen Beschluss auch der Bundesregierung reduziert worden, weil diese Bandbreiten für Mobilfunk genutzt werden, und damit war eine Umstellung auch notwendig.
    Römermann: Also ist die Bundesregierung schuld?
    Schneider: Ich will jetzt nicht mit Schuld argumentieren. Man brauchte eine Verbesserung auch des Mobilfunks. Auch hier gibt es Entwicklungen, wo man nicht stehen bleiben kann. Aber eine Konsequenz daraus war, wenn man die Qualität digital-terrestrischen Fernsehens erhalten will, dass diese Umstellung notwendig wurde.
    "HD-Verbreitung der Privaten ist ja auch extra zu zahlen"
    Römermann: Wie läuft denn der Umstieg? Wird ganz hart abgeschaltet am 29. März? Ist dann für alle DVB-T Empfänger Schluss, oder gibt es da eine Übergangsfrist?
    Schneider: Die Übergangsfrist läuft ja derzeit. Der Umstieg oder die Abschaltung ist am 29. März und man kann nur sagen und dafür werben, dass man nicht bis zum letzten Drücker wartet, sondern dass man sich jetzt darüber Gedanken macht, ob man ein neues Gerät braucht oder ob man eine neue Set-Top-Box nutzen will, denn die alten Programme bleiben ja drauf bis zum Abschalttermin am 29. März. Man kann jetzt beginnen, auch umzustellen.
    Römermann: Sie haben es eben gesagt, die Privatsender wird es zukünftig auch in einigen Regionen geben, wo es die vorher noch nicht gab über DVB-T, übers Antennenfernsehen. Allerdings was sich ändert: Wer bisher problemlos RTL, SAT1 empfangen hat, der muss zukünftig dafür bezahlen. Ist das jetzt ein bisschen der Einstieg ins Pay-TV?
    Schneider: HD-Verbreitung der Privaten ist ja auch extra zu zahlen, sei es im Kabel, im Satellit oder auch im IP-TV.
    Römermann: Aber ich habe ja beim Antennenfernsehen jetzt gar nicht mehr die Auswahl, dass ich sage, ich gucke dann lieber in Standardauflösung.
    Schneider: Das ist richtig. Das ist, wenn man es so sagen will, der Wermutstropfen. Wer Private sehen will, kann sie nur in HD sehen, und für diese HD-Verbreitung muss er zusätzlich auch einen Finanzierungsbeitrag leisten. Die Öffentlich-Rechtlichen, die ja über Rundfunkbeitrag finanziert werden, bleiben auch bei DVB-T2 HD weiterhin frei und unverschlüsselt empfangbar.
    "Die HD-Verbreitung über DVB-T kostet Geld"
    Römermann: Böse Zungen sagen, dass jetzt die Privatsender schon ein bisschen die Hand am Portemonnaie vom Kunden haben, dass es jetzt zukünftig leichter ist, da auf so vielen Verbreitungsgebieten auch schon Verschlüsselung angeboten ist, auch Pay-TV-Angebote zu machen. Was sagen Sie denn dazu?
    Schneider: Das ist jetzt eine Spekulation. Bei den Privaten muss man natürlich sagen, dass die HD-Verbreitung über DVB-T Geld kostet und die Privaten natürlich auch die Refinanzierung ihrer Programme erzielen müssen. Letztlich ist es die Entscheidung des Verbrauchers, will er die Privaten sehen oder will er sie nicht sehen.
    Römermann: Das kostet jetzt alles natürlich gerade für Leute mit schwachem Einkommen, die vielleicht Kabelgebühren entgehen wollten, eine ganze Menge Geld. Gibt es für die irgendwelche Art von Unterstützung, dass sie auch zukünftig noch Fernsehen gucken können?
    Schneider: Aus meinem Wissen gibt es keine Unterstützung. Zumindest haben wir dies noch nicht diskutiert. Ich kann mir das auch nicht vorstellen.
    Römermann: Siegfried Schneider, Vorsitzender der Direktorenkonferenz der Landesmedienanstalten, zum Umstieg auf DVB-T2. Vielen Dank für das Gespräch.
    Schneider: Gerne geschehen.
    Äußerungen unserer Gesprächspartner geben deren eigene Auffassungen wieder. Der Deutschlandfunk macht sich Äußerungen seiner Gesprächspartner in Interviews und Diskussionen nicht zu eigen.