Donnerstag, 28. März 2024

Archiv

Umwelt
Die Rindfleischproduktion und ihre Folgen

Kann man den eigenen ökologischen Fußabdruck durch den Verzicht auf Rindfleisch verringern? Ja, sagt eine Studie in der Fachzeitschrift "PNAS". Insbesondere in den USA sei die Umweltbilanz der Rindfleischproduktion deutlich schlechter als bei Schweinefleisch oder Geflügel.

Von Dagmar Röhrlich | 22.07.2014
    Ein durchwachsenes, rohes Rindersteak, dekoriert mit einem Rosmarinzweig.
    Umweltwissenschaftler Gidon Eshel: "Der Fleischkonsum steigt, und das ist enttäuschend." (dpa / picture alliance / Marco Stirn)
    Bei Licht betrachtet hat sich Gidon Eshel ein frustrierendes Forschungsfeld ausgesucht: Er versucht die US-Amerikaner davon zu überzeugen, weniger Fleisch zu verspeisen:
    "Ich forsche seit langem an den Umweltfolgen des Fleischkonsums und muss zugeben, dass die Ergebnisse nie das Handeln der Menschen beeinflusst haben. Im Gegenteil: Der Fleischkonsum steigt, und das ist enttäuschend",
    erklärt der Umweltwissenschaftler Gidon Eshel vom Bard College in New York. Weil die Menschen aber gerne Steak essen, haben er und seine Kollegen die Umweltbelastung durch die Erzeugung von Rind- und Schweinefleisch, Geflügel, Eiern und Milchprodukte berechnet. Dafür arbeiteten sie sich zunächst durch das Zahlenwerk der US-Regierung:
    "Was fließt an Dünger in die Produktion, was an Wasser, an Land oder wie hoch sind die Treibhausgasemissionen? Wir haben dann diese Informationen für die einzelnen Sektoren aufbereitet: Wir brachen sie auf die Produktion von einem Gramm Eiweiß beziehungsweise 1000 Kalorien herunter und bestimmten, wie viel auf das Konto der Rindfleischproduktion geht, wie viel fällt für die Eierproduktion an und so weiter."
    Das Ergebnis: Die Erzeugung von Rindfleisch verbraucht das 28-Fache an Land und das Elffache an Wasser. Es werden fünfmal mehr Treibhausgase emittiert und der Düngereinsatz liegt um das Sechsfache über den anderen:
    "Geflügel, Schwein, Milchprodukte oder Eier sind mehr oder weniger vergleichbar. Mal ist der Einsatz bei dem einen etwas höher, mal bei dem anderen. Aber Rindfleisch schlägt alle vier um Längen."
    Das liegt zum einen an der Biologie der Wiederkäuer: Um komplexe Kohlenhydrate zu verdauen, brauchen sie die Hilfe von Bakterien, und das macht sie zu wenig effizienten Futterverwertern:
    "Zwar können Rinder auch mit für andere Unverdaulichem gefüttert werden wie etwa Orangenschalen. Aber so etwas macht nur einen geringen Prozentsatz des Futters aus. Das besteht zum großen Teil aus Getreide, Sojabohnen und Mais und wird extra für die Rinderzucht angebaut: Dafür wird Dünger eingesetzt, die Pflanzen werden bewässert und man braucht Land."
    "Rindfleisch vermeiden!"
    Außerdem falle der Vergleich zwischen Rindern aus Mastanlagen und solchen, die auf Weiden grasen, nicht unter jedem Aspekt zugunsten der Weide aus: Der Landverbrauch sei bei der extensiven Tierhaltung sehr viel höher, erklärt Gidon Eshel:
    "Unsere Studie zeigt klar: Wenn Sie auf tierische Produkte nicht verzichten möchten, verringern Sie Ihren ökologischen Fußabdruck, indem sie Rindfleisch vermeiden, wann immer es möglich ist. Und wenn Sie Pflanzen anstelle von tierischen Produkten essen, reduzieren sie ihn noch weiter."
    Die Ergebnisse dieser Studie stimmten im Großen und Ganzen mit den Beurteilungen überein, die die FAO bereits vor einigen Jahren vorgelegt habe, erklärt Henning Steinfeld. Er leitet bei der UN-Ernährungs- und Landwirtschaftsorganisation eine Abteilung, die sich mit den Umweltfolgen der Nutztierhaltung auseinandersetzt:
    "Die Produktion von Rindfleisch hat allgemein höhere Umweltfolgen als die anderer Proteinquellen. Das gilt auch für Europa und Deutschland. Allerdings ist die Rindfleischproduktion in den USA sehr spezialisiert, während in Europa etwa die Hälfte des Fleisches aus der Milchwirtschaft stammt. Dadurch ist die Fleischqualität zwar etwas niedriger, aber die Produktion ist effizienter und das senkt die Umweltfolgen."
    Außerdem sei beispielsweise das Gülle-Management in Europa stärker reglementiert als in den USA, auch das wirke sich positiv aus. Während Gidon Eshel mit Blick auf die Umweltfolgen vor allem auf eine Änderung der Ernährungsgewohnheiten setzt, sieht Henning Steinfeld großes Potenzial zur Verbesserung der Ökobilanz in einer Modernisierung der Tierhaltung.