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Umweltschützer: Ergebnisse bleiben hinter Erwartungen deutlich zurück

Bei der Klimapolitik der US-Regierung bleibt es bei Ankündigungen, sagt Sascha Müller-Kraenner von The Nature Conservancy. Nach wie vor würden Arbeitsplätze und Wirtschaftswachstum vor die Umweltpolitik gestellt, so der Umweltschützer. Auch die Gewerkschaften seien wenig umweltpolitisch aufgeklärt.

Sascha Müller-Kraenner im Gespräch mit Georg Ehring | 18.06.2013
    Georg Ehring: Gerade Umweltschützer haben sich viel von Präsident Barack Obama erhofft – vielleicht auch, weil Amtsvorgänger George Bush das Thema so komplett ausgeblendet hatte. Doch als Vorbild in puncto Umweltschutz werden die USA auch nach über vier Jahren Amtszeit des Präsidenten nicht wahrgenommen und im Vorfeld seines Besuches stand das Thema auch nicht gerade im Mittelpunkt. Wir wollen es trotzdem dort hinrücken, und zwar im Gespräch mit Sascha Müller-Kraenner. Er vertritt die Organisation The Nature Conservancy in Berlin. Guten Tag, Herr Müller-Kraenner!

    Sascha Müller-Kraenner: Guten Tag.

    Ehring: Herr Müller-Kraenner, wie fällt Ihre Bilanz des US-Präsidenten in Bezug auf die Umwelt aus?

    Müller-Kraenner: Die Bilanz fällt gemischt aus. Da gibt es Licht, da gibt es Schatten. Der Schatten überwiegt leider Gottes. Vor allem im Bereich des Klimaschutzes, wo man sich ja viel erhofft hatte, bleiben doch die Ergebnisse hinter den Erwartungen deutlich zurück.

    Ehring: Obama hat aber doch eine Wende im Klimaschutz versprochen und die US-Emissionen von Kohlendioxid sinken tatsächlich in den letzten Jahren deutlich. Ist das kein Erfolg der Regierung?

    Müller-Kraenner: Das ist jetzt nicht der Erfolg der Regierung; das liegt an anderen Faktoren. Erstens daran, dass es natürlich auch in den USA durch neue Technologien Gewinne in der Energie-Effizienz gibt. Die Wirtschaft, die läuft nicht sonderlich gut, deswegen wird weniger ausgestoßen. Und durch das Fracking wird teilweise Kohle durch Gas ersetzt, das führt auch zu sinkenden Emissionen. Aber politisch getrieben ist davon kaum etwas. Der große Plan Obamas eines Klimaschutzgesetzes mit Emissionshandel und Emissionsobergrenzen für Kohlendioxid ist ja im Kongress gescheitert.

    Ehring: Müsste er sich denn auch gegen die Bürger durchsetzen, oder ist bei der Bevölkerung inzwischen durch Naturkatastrophen wie zum Beispiel den Hurrikan Katrina oder Sandy inzwischen ein Umdenken da, das mehr Klimaschutz fordert?

    Müller-Kraenner: Es gibt inzwischen wieder gerade nach Sandy ein Umdenken im Bereich Klimaschutz. Insofern denke ich, die öffentliche Unterstützung ist da. Obama hat sich aber ganz klar entschieden, dass er in den nächsten Jahren Arbeitsplätze, Wirtschaftswachstum vor Umweltpolitik stellt. Die Umweltverbände in den USA sind deswegen auch ausgesprochen enttäuscht. Es gibt kleine Fortschritte in Bereichen wie den erneuerbaren Energien, wie bei den Elektroautos, aber bei den großen Umweltthemen, heraus aus fossilen Energien, Klimaschutz, da ist wenig, bis nichts passiert.

    Ehring: Wie kommt das? Ist die Öl- und Kohlelobby auch bei der demokratischen Regierung so stark?

    Müller-Kraenner: Die Öl- und Kohlelobby ist bei der demokratischen Regierung auch stark wie bei den Republikanern ebenfalls, und auch die Gewerkschaften in den USA sind weniger umweltpolitisch aufgeklärt als beispielsweise die Gewerkschaften in Europa. Da wird immer noch dieser Gegensatz konstruiert zwischen Umweltschutz und Arbeitsplätzen. Da bleibt der Umweltschutz dann meistens auf der Strecke, obwohl das natürlich sehr, sehr kurzsichtig ist. Wir haben ja gerade hier in Europa gezeigt, dass mit modernen umweltfreundlichen Technologien auch sehr viele Arbeitsplätze geschaffen werden können. Das hat man in den USA offenbar noch nicht so nachvollzogen.

    Ehring: Zu Beginn seiner zweiten Amtszeit hat US-Präsident Barack Obama ja durchaus angekündigt, auch den Klimaschutz verstärkt berücksichtigen zu wollen. Ist das eine Wahrnehmung hier bei uns, die mehr von Hoffnung getrieben ist, oder hat sich da tatsächlich dann doch etwas geändert?

    Müller-Kraenner: Bisher war das ja nur eine Ankündigung. Die Ankündigung gab es ja vor vier Jahren auch, damals auch verbunden mit konkreten Vorschlägen, eben einem nationalen Klimaschutzgesetz. Bisher ist die Ankündigung noch sehr im allgemeinen. Man muss jetzt einfach mal praktisch sehen, ob bestehende steuerliche Vergünstigungen beispielsweise für den Ausbau der erneuerbaren Energien fortgeschrieben werden. An diesen praktischen Maßnahmen wird man den Präsidenten messen müssen, nicht an seinen Reden. Schön reden kann er, das wissen wir inzwischen alle, aber auf die praktische Umsetzung kommt es an.

    Ehring: Sie sprachen von kleineren Erfolgen bei den erneuerbaren Energien. Wie ist denn da die Entwicklung in den USA?

    Müller-Kraenner: Es gibt in den USA in den letzten Jahren einen großen Boom bei den erneuerbaren Energien, vergleichbar mit dem in Europa. Es ist allerdings immer die Gefahr, dass dieser Boom einbricht, weil es nicht diese stabilen Fördermechanismen gibt, die es beispielsweise durch das Erneuerbare-Energien-Gesetz in Deutschland gibt, sondern steuerliche Vergünstigungen, die von Jahr zu Jahr verlängert werden müssen. Das heißt, für Investoren gibt es noch nicht diese langfristige Sicherheit, die man hier in Deutschland hat. Deswegen: Im Moment gibt es einen Boom. Es gibt auch wie bei uns eine Bürgerbewegung von Leuten, die zum Beispiel in Windparks investiert. Aber so richtig abgesichert ist das noch nicht und gerät heute auch unter neuen Druck – deswegen, weil es inzwischen ja diesen billigen Gas-Boom gibt und sehr viele Leute jetzt sagen, wir haben doch jetzt wieder billige fossile Energien, wozu brauchen wir die erneuerbaren. Aber auch das ist natürlich wirtschaftlich sehr kurzsichtig und auch aus Klimaschutzsicht eigentlich unverantwortlich.

    Ehring: Sascha Müller-Kraenner von The Nature Conservancy in Berlin – herzlichen Dank.

    Müller-Kraenner: Danke schön!

    Äußerungen unserer Gesprächspartner geben deren eigene Auffassungen wieder. Deutschlandradio macht sich Äußerungen seiner Gesprächspartner in Interviews und Diskussionen nicht zu eigen.