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Und es hat CLIC gemacht

Physik.- Der Teilchenbeschleuniger LHC am Kernforschungszentrum CERN liefert gerade die ersten Ergebnisse und schon befasst man sich in Genf mit einer Zeit nach der Hightech-Maschine. Der Nachfolger des 27 Kilometer großen Beschleunigerrings könnte den Namen "CLIC" tragen. Das Konzept dazu wurde auf der Europäischen Teilchenphysik-Konferenz in Grenoble vorgestellt.

Von Frank Grotelüschen | 26.07.2011
    Er soll Elektronen beschleunigen und frontal aufeinander schießen und keine Wasserstoffkerne wie der LHC. Das jedenfalls wünschen sich die meisten Teilchenforscher vom nächsten Großbeschleuniger, dem Nachfolger des LHC. Mit Elektronen nämlich lässt sich präziser experimentieren als mit Wasserstoffkernen. Neue Elementarteilchen wie das Higgs ließen sich viel genauer unter die Lupe nehmen.

    Doch die Sache hat einen Haken: Aus technischen Gründen lassen sich Elektronen schwieriger auf hohe Energien bringen als Wasserstoffkerne – weshalb Experten wie CERN-Physiker Steinar Stapnes an neuen Konzepten zur Teilchenbeschleunigung basteln. CLIC, so heißt das Projekt. Ein Beschleuniger, der nicht ringförmig wäre wie der LHC, sondern schnurgerade. Und der aus zwei Maschinen besteht – einem Haupt- und einem Hilfsbeschleuniger

    "In dem Hilfsbeschleuniger wird ein Elektronenstrahl beschleunigt, der zwar keine hohe Energie hat, aber eine hohe Intensität. Aus diesem Strahl lässt sich Energie extrahieren und übertragen auf den Hauptbeschleuniger, der direkt daneben steht. Dessen Elektronenstrahl ist zwar nicht so intensiv, hat aber viel mehr Energie. Und diesen Strahl wollen wir für die Experimente nutzen."

    Die Elektronen im Hilfsbeschleuniger sind bildlich gesprochen relativ langsam. Aber es sind sehr viele. Im Hauptbeschleuniger dagegen fliegen wenige, aber schnelle Elektronen. Der Trick von CLIC besteht darin, Energie von den vielen langsamen Elektronen hinüberzuschaufeln zu den wenigen schnellen, um diese noch schneller zu machen. Das wäre so, als würde ein Rennradfahrer von lauter neben ihm laufenden Fußgängern immer wieder angeschubst, sodass er schneller und schneller wird. Doch wie wird die Energie vom Hilfs- zum Hauptbeschleuniger übertragen?

    "Das geschieht mit elektromagnetischen Feldern. Im Hilfsbeschleuniger bauen wir ein solches Feld auf. Es bremst die Elektronen und zwackt ihnen dadurch Energie ab, und zwar in Form von Mikrowellen. Diese Mikrowellen leiten wir zum Hauptbeschleuniger, wo sie die Elektronen dort beschleunigen."

    Mit CLIC ließen sich die Elektronen dreimal effektiver auf Trab bringen als mit der herkömmlichen Technik, bei der Radiowellen, erzeugt durch Sender, die Teilchen beschleunigen. Dass CLIC im Prinzip funktioniert, haben die Forscher kürzlich mit einem 140 Meter langen Teststand bewiesen – wenn auch nicht bei voller Leistung. Das Ziel jedenfalls ist höchst ehrgeizig: Letztlich soll CLIC die Elektronen auf bis zu 1,5 Teraelektronenvolt beschleunigen – 15 Mal mehr als der bisherige Rekord. Dazu müsste der Beschleuniger 30 Kilometer lang sein – was mehrere Milliarden kosten würde. Deshalb plädiert Steinar Stapnes für einen Stufenplan.

    "Man könnte mit einer relativ kurzen Maschine anfangen, vielleicht einige Kilometer lang, und diesen Beschleuniger dann immer weiter verlängern, um immer höhere Kollisionsenergien zu erreichen. Rein technisch könnte man CLIC bis zum Jahre 2025 bauen. Aber wenn man realistisch ist, dürfte es frühestes 2030 sein, bis die Maschine steht. Denn vorher fehlen uns einfach die Ressourcen, sowohl finanziell als auch vom Personal."

    Doch ob CLIC tatsächlich gebaut wird, hängt nicht zuletzt von den Ergebnisse ab, die der LHC in den nächsten Jahre liefern wird. Denn nur wenn der LHC Signale liefert, bei denen es sich lohnt, sie näher unter die Lupe zu nehmen, scheinen die Milliarden für einen weiteren Riesenbeschleuniger gerechtfertigt.