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... und verteilte es unter den Städtern

Immer mehr Verbraucher wollen wieder wissen, woher ihr Obst und Gemüse stammt. Und so kommt es, dass die Städter gemeinsame Sache mit den Bauern machen und Hofgemeinschaften gründen. Die Idee: Für einen Monatsbeitrag bekommen sie einen Teil der Ernte. Fast 30 Biohöfe in Deutschland wirtschaften bereits so.

Von Sven Kästner | 02.08.2012
    "Guten Tag."

    "Hallo."

    "Ja, mal den heutigen Ernteanteil abholen. Was gibt's denn hier Schönes? Ah, Tomaten, ganz frisch."

    Frank Viohl kommt zum wöchentlichen Gemüseeinkauf. Wobei Einkauf das falsche Wort ist. Jeden Donnerstag holt der 51-Jährige sein frisches Grün aus einem kleinen Ladenlokal im Berliner Stadtteil Moabit. Dort haben sich 20 Leute zu einer Hofgemeinschaft mit einem Brandenburger Landwirt zusammengeschlossen. Der beliefert die Großstädter nun einmal wöchentlich. Dafür bekommt der Bauer jeden Monat einen pauschalen Beitrag von jedem der Abnehmer. Community supported agriculture – abgekürzt CSA – heißt die Idee, die aus den USA nach Deutschland gekommen ist. Ober eben: gemeinschaftliche Landwirtschaft. Frank Viohl hat das Konzept überzeugt.

    "Die Stadtmenschen geben dem Landwirt einen festen Betrag im Monat. Und dafür bekommen sie regionales, biologisches, saisonales, frisches Gemüse. Zu einem Preis, der auch im Vergleich zu den Bioläden oder Wochenmärkten wesentlich günstiger ist, weil weniger Aufwand damit verbunden ist"

    Den geringeren Aufwand hat vor allem der Bauer. Er vereinbart mit den Abnehmern für ein Jahr den monatlichen Preis. 50 Euro zahlen die Berliner. Gemeinsam wird entschieden, welche Sorten angebaut werden. Und auch das Risiko wird geteilt: Fällt der Ertrag etwa wegen Wetterkapriolen geringer aus, landet auch weniger auf den Tellern der Städter. In diesem regenreichen Sommer haben Kunden wie Frank Viohl aber ein anderes Problem:

    "Manchmal müssen wir uns auch was einfallen lassen, weil wir wissen: Alles ist im Wochenturnus zu verbrauchen. Denn am Donnerstag kommt die nächste Lieferung. Aber das gelingt in der Regel ganz gut."

    Salat, Zucchini, Radieschen oder Kohlrabi: Was lässt sich daraus alles kochen? Zu dieser Frage zwingt die sommerliche Gemüsemenge die Abnehmer geradezu. Im Winter werden dann vor allem Rezepte mit Kohl gefragt sein. Außerdem lernen die Städter wieder zu schätzen, wie viel Arbeit in ihrem Gemüse steckt. Mindestens vier Mal im Jahr sollen sie auf dem Hof helfen.

    An einem Samstag haben sich einige der Berliner auf den Weg zum Öko-Landgut an den Rand von Neuruppin in Brandenburg gemacht. Es ist eine bunt gemischte Truppe - von der 23-jährigen Studentin bis zum Buchhändler Mitte 60. Bewaffnet mit Hacken stehen sie auf einem 100 Meter langen Erdbeer-Acker und jäten Unkraut. Das darf in der Bio-Landwirtschaft nur mit der Hand ausgerissen werden, Chemie ist verboten. Der Hof versorgt vier Stadtgruppen mit insgesamt 50 Mitgliedern. Erst dieses Jahr ist er in die gemeinschaftliche Landwirtschaft eingestiegen. Sybille Harlos ist Geschäftsführerin des Landgutes "Lebensräume".

    "Die Zusammenarbeit ist eigentlich ganz gut mit den Stadtgruppen. Das funktioniert wunderbar. Ich glaube, den Städtern ist es auch ganz wichtig, dass sie mal sehen, wie das hier so ist und wo das herkommt."

    Vor allem der feste Monatsbeitrag, den die Abnehmer zahlen, hilft ihrem Betrieb.

    "Es ist schon wichtig, dass man diese Planungssicherheit hat. Und wir sicher sein können: Wir bauen an und wir haben den Absatz."

    Nach fast vier Stunden Einsatz sind die acht Reihen Erdbeerpflanzen auf gut 50 Metern vom Unkraut befreit. Den Städtern aber steckt die anstrengende Arbeit auf dem Bio-Acker in den Knochen.

    "Ja, beim Bücken merke ich schon, der Rücken tut ein bisschen weh. ... Und bin froh, wenn wir uns jetzt so langsam für die Heimfahrt wieder rüsten."