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UNESCO-Science-Report
Wissenschaft im Aufwind

Alle fünf Jahre beleuchtet die UNESCO die weltweite Lage im Bereich Forschung und Entwicklung. Die jüngste Ausgabe des "Science Report", mit 800 Seiten dicker denn je, wird heute am Welttag der Wissenschaft im Pariser Hauptquartier der UN-Einrichtung für Bildung, Erziehung und Kultur vorgestellt. Und es sind gute Nachrichten, die der Bericht enthält.

Von Suzanne Krause | 10.11.2015
    Studenten sitzen bei der Abschlusszeremonie der HSBA Hamburg School of Business Administration in der Handelskammer in Hamburg.
    Die Studie zeigt auch: Es sind mehr Mittel für die Betreuung von Studierenden notwendig. (pa/dpa/Reinhardt)
    Trotz der weltweiten Wirtschaftskrise, die 2008 begann, haben die meisten Länder in den vergangenen fünf Jahren mehr Mittel denn je in Forschung und Entwicklung gesteckt. Flavia Schlegel, Vize-Generaldirektorin der UNESCO, ist überzeugt: Die Länder hätten eines erkannt:
    "Dass die Unterstützung von Forschung über Steuergelder, finanziert von der Regierung, für die wirtschaftliche Entwicklung des Landes, auch auch für die soziale Entwicklung eines Landes absolut vital ist."
    Allerdings hält der UNESCO-Bericht fest, dass in einigen industrialisierten Ländern wie Italien, Großbritannien, Australien oder auch Kanada die öffentlichen Mittel teils gar gesunken sind. Der Anstieg der Forschungsbudgets sei verstärkten privaten Investitionen zu verdanken. Private Geldgeber jedoch würden meist darauf bestehen, die Forschungsergebnisse auch wirtschaftlich für sich nutzen zu können.
    Deutschland ist weiterhin eines der führenden EU-Länder im Bereich Innovation. Nur zwei Betriebe aus dem EU-Raum zählen zu den zehn Unternehmen weltweit, die am meisten in die Forschung investieren. Zwei deutsche Autobauer. Volkswagen führt die Weltrangliste an, Daimler findet sich auf Platz 10.
    Kampf um die besten Köpfe
    Weltweit gab es noch nie so viele Forscher wie heute, hält der Science Report fest: 7,8 Millionen. 20 Prozent mehr als noch vor acht Jahren. Zwar verfügt Europa bislang noch über den größten Pool, doch seit 2008 hat der EU-Raum an Attraktivität verloren, zugunsten anderer Weltregionen. Susan Schneegans, Chefredakteurin des Berichts:
    "Die Wissenschaften, die Forscher werden immer mobiler. Weltweit. Malaysia ist politisch sehr aktiv, um Studierende aus dem Ausland anzuziehen. Und das klappt. Die Zahl ausländischer Studierender ist in den letzten Jahren sichtbar gestiegen und sie kommen von überall her, nicht nur aus Asien. "
    Derzeit stammt noch eine von drei wissenschaftlichen Publikationen weltweit aus Europa. Doch China holt diesbezüglich massiv auf: In den vergangenen fünf Jahren hat sich die Zahl der Wissenschaftsartikel aus China verdoppelt und das Land damit auf Platz 3 auf der Weltrangliste katapultiert, vermerkt der UNESCO-Bericht.
    Mehr Geld = mehr Forschung
    François Métivier erstaunt das wenig. Der französische Physiker hat den Zusammenhang zwischen den Länderausgaben für Forschung und der Menge an Wissenschafts-Publikationen untersucht.
    "Bei einer Investition von zehn Millionen in die Wissenschaft erhält man so und so viele Publikationen. Bei 20 Millionen verdoppelt sich die Zahl der Wissenschaftsartikel. So einfach ist das."
    Métivier gehört der Protestbewegung französischer Wissenschaftler an, die seit langem für mehr Mittel kämpft. Erfolglos. Dabei wird die Lage im Land immer dramatischer. Ein Beispiel: In diesem Semester verzeichnen die Unis 45.000 zusätzliche Studierende. Die Kosten für einen Uni-Studienplatz belaufen sich auf 7.000 Euro pro Jahr. Multipliziert mit der Zahl der Neu-Immatrikulierten ergibt das einen Budgetbedarf von über 300 Millionen Euro - der Staat bringt gerade mal 65 Millionen auf. Bald werden China, Brasilien, die Türkei Frankreich - und Europa- überholen, resümiert François Métivier:
    "Der Fall Frankreich ist symptomatisch. Zwischen 2002 und 2012 ist die Anzahl der Wissenschaftspublikationen bei uns leicht zurückgegangen. Dabei hat die Regierung unzählige neue Maßnahmen aufgelegt, die die Lage hätten massiv verbessern sollen. Nichts ist passiert. Die Politik ist gescheitert. "