Dienstag, 16. April 2024

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Ungezieferbekämpfung
Unterwegs mit dem Bettwanzenschnüffelhund

Bettwanzen sind eine unangenehme Angelegenheit - und eine heikle. Um die Parasiten diskret loszuwerden, beauftragen Hotels und andere Unterkünfte Bettwanzen-Experten mit speziell ausgebildeten Hunden. Die arbeiten oft nachts oder früh morgens - damit niemand mitbekommt, dass es in ihrem Zimmer unerwünschten Besuch gab.

Von Susanne Lettenbauer | 13.07.2018
    Auf der Alm steckt ne kleine Wanze: Hund Jim (links) und Bettwanzenjäger Stefan Wellhausen mit Hund Derrex.
    Auf der Alm steckt ne kleine Wanze: Hund Jim (links) und Bettwanzenjäger Stefan Wellhausen mit Hund Derrex. (Susanne Lettenbauer / deutschlandradio)
    "So, Jim, sitz!"
    Zwei schwarzbraune Hundeaugen schauen gespannt auf Stefan Wellhausen. Der Vierbeiner sitzt in der Alpenhütte vor den Betten, sein Hundeführer vor ihm. Unter den Matratzen vermutet der verzweifelte Hüttenwirt Bettenwanzen samt Eiern und Larven. Schon wieder. Wellhausen gibt dem Hund den Suchbefehl:
    "Such Wanze!"
    Hektisch schnüffelt die Spürnase erst am Bettkasten und an den Leisten, springt dann auf das Bett und gräbt die Nase zwischen die Matratzen. An einer Stelle kratzt er leicht - das Zeichen, dass er etwas gefunden hat. Anders als bei anderen Spürhunden wird er nicht laut. Mit Absicht:
    "Der bellt auch nicht, der macht Passivanzeige. Der scharrt mal ganz leicht. Aber hier war er sicher… eindeutig, der Bereich ist befallen."
    "Wir haben eine enorme Dunkelziffer"
    Wenn Bettwanzen-Experte Stefan Wellhausen in seiner Firma im niedersächsischen Uslar angerufen wird, muss alles sehr diskret ablaufen. Oft arbeitet er nachts in Hotels und morgens, wenn die Wandergäste unterwegs sind, in Alpenhütten. Im Prinzip sollen die Gäste überhaupt nicht erfahren, dass ihr Zimmer Hundebesuch hatte:
    "Wir haben eine enorme Dunkelziffer, wo es halt unter den Teppich gekehrt wird. Ich habe natürlich Kunden, wo wir nachts absuchen, wir jeder sagt, es soll hier bloß keiner irgendwas mitkriegen von einem Hund, der hier irgendwas sucht, dann schlafen wir tagsüber und arbeiten nachts, das ist auch kein Problem."
    Eine gemeine Bettwanze.
    Bettwanzen werden vom Geruch schlafender Menschen angezogen. (imago/blickwinkel)
    Wellhausen ist mit seinen zwei Hunden in ganz Europa unterwegs, kennt die Zimmer und Matratzen in Wien, Paris und Brüssel. Gerade Fünf-Sterne-Hotels versuchen das Problem unauffällig zu lösen. Der befürchtete Imageschaden sei noch immer zu groß, erklärt der Bettwanzenjäger. Obwohl die Hotels fast nahezu machtlos sind gegenüber einem Befall. Denn die Übernachtungsgäste bringen die Winzlinge mit. Wieder und immer wieder.
    "Bei uns ist es so, aufgrund von bestimmten Erfahrungswerten sehen wir schon oft von den Gästen, wenn sie jetzt kommen - oh, den hat´s heftig erwischt!"
    Wanzen verursachen einige Zehntausende Euro Kosten
    Hüttenwirt Martin Leichtfried betreibt die Hütte in den bayerischen Alpen seit 15 Jahren, so schlimm wie jetzt war es noch nie. Rund 11.000 Euro hat er bereits für die Bekämpfung ausgegeben:
    "Unsererseits wir bemühen uns mit allen möglichen finanziellen Mitteln auch, dies auch ordentlich zu bekämpfen, aber das nützt nichts. Da ist der eine Gast weg und dann kommt der nächste und bringt sie wieder mit. Obwohl er es ja nicht weiß, der kann ja nichts dafür."
    "Man hat ja einige Hütten in den alpinen Vereinen im letzten Jahr für sehr, sehr viel Geld, so einige zehntausende, begast, das heißt diese Hütten sind eingezeltet worden mit einem luftdichten Zelt, dass das Gas nicht entweicht. Das ist eine sehr teure Variante, manchmal hilft es nicht anders, dann muss es gemacht werden."
    Schnüffelhund erspürt sogar kleinste Wanzeneier
    Während Hotelzimmer und auch Flugzeuge relativ einfach hermetisch abgeriegelt und dann behandelt werden können, sieht es bei alpinen Holzhütten schlecht aus. Viele Ritzen, Spalten, Löcher und Rillen. Hüttenwirt Leichtfried mit seinen 50 Betten auf zwei Etagen setzt deshalb gern auf den Schüffelhund, der sogar kleinste Eier riechen kann:
    "Das ist ein Spürhund, haben wir jetzt festgestellt, das ist wie einer, der am Flughafen die Drogen sucht und so ist dieser spezialisiert auf dieses. Gott sei Dank, dass es das gibt."
    "Jimmy bleib hier!"
    Die Ausbildung dauert mindestens ein gutes Jahr. Auch bis zum ersten Einsatz in der Hotellerie, wobei das Schnüffeln, der Geruch der Bettwanzen, das ist das geringste, sondern die Anzeige, der Umgang im Hotel, da klapperts mal, das müssen sie gewohnt sein, da stellt mal einen einen Staubsauger an, das darf ihn ja alles nicht irritieren.
    "Gut fertig, runter!"
    Am Ende hat Stefan Wellhausen in drei Zimmer tote und lebende Bettwanzen und auch Eier an Matratzen gefunden. Am nächsten Tag wird der Kammerjäger vor der Tür stehen. Schon wieder. Am liebsten wäre es Hüttenwirt Leichtfried, wenn die Gäste wüssten, dass sie blinde Passagiere in ihrem Gepäck herumtragen, aber noch ist das Thema ein Tabu:
    "Das muss viel, viel offener behandelt werden. Ein jeder muss dazu stehen, der Unterkunftgeber kann eigentlich am wenigsten machen, er muss einafch nur ständig hinterher sein, mehr können wir ja wirklich nicht machen."