Donnerstag, 25. April 2024

Archiv

Uni Konstanz
Studenten den Hintern gepudert?

Der Konstanzer Biologieprofessor Axel Meyer hat eine kontroverse Diskussion an der Universität Konstanz ausgelöst, indem er einen Artikel mit Zündstoff für die "Frankfurter Allgemeine Zeitung" verfasste. Der weltweit bekannte Evolutionsbiologe schreibt darin von "verwöhnten Studierenden", denen "der Hintern gepudert" werde.

Von Thomas Wagner | 23.04.2015
    "Gestern habe ich acht Stunden gelernt. Du hast ein ganz großes Pensum."
    Picknick-Atmosphäre vor dem Haupteingang der Konstanzer Uni: Studierende in der Frühlingssonne, manche mit einem Bier in der Hand. So lustig und entspannt kann das Uni-Leben sein. Wirklich?
    "Sie können ja nochmals in der Klausurenphase herkommen und dann schauen, wie viel Faule hier auf de Wise rumliegen: Dann sitzen alle in der Bip und lernen nur noch."
    Samuel Scherzinger studiert Soziologie im zweiten Semester - und ist ziemlich sauer auf den Konstanzer Biologieprofessor Axel Meyer. Der hatte offenbar eher das Bild der picknickenden denn der von Prüfungsstress geplagten Studierenden vor Augen, als er einen Artikel mit Zündstoff für die "Frankfurter Allgemeine Zeitung" verfasste. Der weltweit bekannte Evolutionsbiologe schreibt darin von "verwöhnten Studierenden", denen "der Hintern gepudert" werde, die sich zudem dem angeblichen Prüfungsstress häufig durch Krankmeldung entzögen - und das ungestraft. So richtig lustig kommt das bei Soziologie-Student Scherzinger nicht an:
    "Was mir persönlich aufgestoßen ist: Er hat geschrieben, dass wir Studenten, dass als unser Arsch gepudert wird, dass wir zu viel Geld kriegen, dass wir zu faul sind. Das waren die drei Aussagen, die mit am meisten aufgestoßen sind."
    Andere Studierende nicken zustimmend:
    "Ich habe gerade zwei Semester Biologie gemacht. Das war enormer Leistungsdruck."
    "Es ist schon ein reger Angriff. Ich glaub', da wird's schon noch ein bisschen krachen."
    Nicht nur die Studierenden sind empört über die jüngsten Aussagen von Professor Meyer und dessen FAZ-Artikel mit der Überschrift ""Ehre und Ehrlichkeit der Studenten." Darin hegt er nicht nur Zweifel an der Arbeitsmoral von Studierenden, sondern auch an deren Ehrlichkeit, verweist auf mehrere Einbrüche in sein Uni-Büro. Der Beitrag allerdings sorgt auch in der Chefetage der Konstanzer Uni für Empörung.
    "Der Rektor hat eine Stellungnahme abgegeben, als Reaktion der Universität Konstanz, um den Studierenden den Rücken zu stärken, weil ihn insbesondere die pauschalisierende Darstellung aller Studierender und aller Mitarbeiter sehr gestört hat."
    So Julia Wandt, Sprecherin der Universität Konstanz. Sie legt Wert auf die Feststellung, "dass dieses in dem Artikel dargestellte Bild in keiner Weise zutrifft für die Gesamtheit der Studierenden. Es gibt Spitzenleistungen von Studierenden. Es gibt Auszeichnungen. Im Studium muss hart gearbeitet werden."
    "Im ersten Moment wusste ich ganz ehrlich nicht, ob ich jetzt lachen oder weinen soll."
    Patrick Haiber ist Vorsitzender des Allgemeinen Studierendenausschusses an der Uni Konstanz. Er hat den umstrittenen Artikel des Konstanzer Biologieprofessors Meyer ebenfalls gelesen - und stellt fest:
    "Es sind auch sehr viele inhaltliche Fehler in einem Kommentar. Zum Beispiel hat er geschrieben, dass die Biologie-Studis eine Prüfung zwei Mal schreiben können und sich die beste Note raussuchen. Das stimmt einfach nicht."
    Axel Meyer selbst als Urheber des Artikels gibt zu der kontroversen Diskussion, die er mit der Veröffentlichung ausgelöst hat, keine Stellungnahme ab. Er habe sich krank gemeldet und sei deshalb für ein Interview nicht erreichbar, heißt es aus seinem Sekretariat. Was bleibt ist die Verärgerung bei Lehrenden, Studierenden und nicht zuletzt beim Rektor. Dabei stellt Uni-Sprecherin Julia Wandt allerdings klar: Es gehe nicht darum, dem streitbaren Biologieprofessor den Mund zu verbieten:
    "Jedes Mitglied der Universität Konstanz darf und soll sich selbstverständlich kritisch äußern. Die Meinungsfreiheit ist ein sehr hohes Gut."
    Nur: Die Pauschalisierung in weiten Teilen des Beitrags sei eben nicht hinnehmbar, wobei Meyer selbst in einem Nebensatz seines FAZ-Beitrages zugesteht, man dürfe nicht alle Studierenden über einen Kamm scheren. Allerdings: Mit bloßen Höflichkeits- und Entschuldigungsfloskeln wird Meyer die Studierenden nicht abspeisen können. Soziologiestudent Samuel Scherzinger:
    "Falls er es dann doch so gemeint hat, wäre es für ihn wohl das Beste, die Uni zu wechseln oder aus dem Dozenten-Betrieb auszuscheiden."