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Uni Trento im Trend

Während den staatlichen Universitäten im übrigen Italien seit Jahren die Budgets kräftig gekürzt werden, findet sich in Trento eine Insel der Glückseligen. Modernste Bibliotheken, Seminarräume und Wohnheime ziehen Studenten aus aller Welt an.

Von Thomas Migge | 29.07.2013
    "Ich heiße Ramona Mafjevic. Ich komme aus Rumänien. 2004 absolvierte ich dort in Computerwissenschaften mein Diplom. Anschließend plane ich, hier in Trento meinen Doktor zu machen, um vorwärtszukommen."

    Die 34-jährige Ramona lebt seit 2010 in Trento. Im kommenden Jahr macht sie an der ICT Doctoral School ihren Doktortitel. Siung Lio hingegen kommt aus dem Osten Chinas:

    "Bevor ich hierher kam, machte ich mein Universitätsdiplom in China, in Informatik, und ich wollte hierhin, weil hier angesehene Professoren unterrichten, von denen ich in China viel las."

    Das sind nur zwei von rund 250 Doktoranden aus aller Welt, die in der norditalienischen Kleinstadt Trento studieren. 70 Prozent aller Doktoranden, die am ICT studieren, sind keine Italiener. Ein für ganz Italien einmaliger Zahlenwert, der beweist, so Ramona Mafjevic, dass an der Universität in Trento ganz besondere Studienbedingen herrschen:

    "Ich mag diese Stadt hier, weil es hier nicht viel gibt, was uns ablenkt. Eine Kleinstadt mit allem drum und dran, aber vor allem mit einer Uni und mit Forschungseinrichtungen, die woanders nur schwer zu finden sind. Politik und Wissenschaft gehen hier Hand in Hand, und dann kann man hier auch viel Sport treiben: wandern, schwimmen, Tennis spielen."

    Die regional und staatlich finanzierte Hochschule von Trento, die einer Studie des Bildungsministeriums in Rom zufolge als eine der besten Italiens gilt, bietet zehn Studiengänge an. Vor allem die Fakultäten Ingenieurwissenschaften und Informationswissenschaften ziehen viele nichtitalienische Studierende und Doktoranden an. Sie fühlen sich nicht nur von den international als ausgezeichnet geltenden Studienbedingungen angezogen – modernste Aulen, Seminarräume, Bibliotheken, der Campus, die Wohnheime etc. – sondern auch von dem Umstand, dass ein großer Teil des Unterrichts in englischer Sprache angeboten wird. Die Doktoranden der ICT Doctoral School brauchen Italienischkenntnisse nur für das alltägliche Leben in der Stadt.

    Während den staatlichen Universitäten im übrigen Italien seit Jahren die Budgets kräftig gekürzt werden, findet sich in Trento eine Insel der Glückseligen. Doch der Uni in der Provinz Trentino kann das römische Bildungsministerium nichts anhaben, erklärt Fernando Guarino, Generalsekretär von TRENTO RISE – so heißt das Forschungs- und Wissenschaftskonsortium, das Universität, führende Unternehmen und die lokale Bruno-Kessler-Stiftung für Forschung zusammenbringt:

    "Trento Rise ist eines der sechs technologischen Innovationszentren der ICT Labs, neben Berlin, Eindhoven, Helsinki, Paris und Stockholm. Wir wurden vom EU-Technologieinstitut ausgewählt. Uns geht es darum, Forschung, Studium und Business zusammenzubringen. Zusammen mit den anderen erhalten wir Mittel aus einem Dreimilliardeneuro-Topf der EU-Kommission."


    Hinzu kommen die Finanzmittel der reichen Provinz Trentino. Reich, weil sie dank ihres Autonomiestatuts 90 Prozents ihres Steueraufkommens nicht nach Rom überweisen muss. Die Provinzregierung in Trento investiert jedes Jahr zwei Prozent ihres Budgets in Wissenschaft und Forschung. Im übrigens Italien sind es nur 0,2 Prozent. So verwundert es nicht, dass die kleine Provinz in Lehre und Forschung in Italien federführend ist und große italienische Kommunikationsunternehmen wie Telecom Italia an einer engen Zusammenarbeit mit den Forschungsinstituten des RISE interessiert sind und ihrerseits dort viel Geld investieren.

    Provinz, Universität und die verschiedenen Forschungseinrichtungen investieren auch massiv in Start-ups im Bereich ökologischer und digitaler Technologien. Dieses Programm nennt sich TECHPEAKS. In Anspruch nehmen können es Nachwuchswissenschaftler aus aller Welt. Voraussetzung: Sie müssen sich in Trento niederlassen. Ragip Amape kommt aus Katmandu in Nepal:

    "Ich studierte in den USA und ich gründete hier ein Unternehmen: Snipper. Wir wollen Internet-Usern mit unserer Plattform die Möglichkeit geben, in ihren Interessengebieten schneller als bisher Antworten und Informationen zu finden."

    Das Unterstützungs-Programm TECHPEAKS versteht sich als "People Accellerator": finanziert mit zunächst 25 Tausend Euro haben die Nachwuchsunternehmer die Möglichkeit, mit Hilfe von Experten, ihre Träume zu verwirklichen. Die Finanzierung kann bis auf 200 Tausend Euro pro Projekt angehoben werden. Kein Wunder, dass nicht wenige Studierende, die in Trento ein Diplom oder einen Doktor machten, vor Ort auch ein Star-up gründen.