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Universität Frankfurt
Ein Tarifvertrag für Hilfskräfte

Studentische und wissenschaftliche Hilfskräfte sind an den Hochschulen unentbehrlich. Aber: Fast nirgendwo gibt es einen Tarifvertrag für ihre Arbeit. Zumindest an der Goethe-Universität in Frankfurt könnte sich das bald ändern. Die Leitung verhandelt darüber gerade mit der Gewerkschaft ver.di.

Von Ludger Fittkau | 04.01.2016
    Der Schriftzug "Johann Wolfgang Goethe-Universität" auf dem Campus Westend in Frankfurt am Main über dem Eingang zum Hauptgebäude.
    Sollte es zu einer Einigung über einen Tarifvertrag kommen, hätte das Signalwirkung weit über Frankfurt hinaus. (picture alliance / dpa / Frank Rumpenhorst)
    Sie stehen für ihre Professoren am Kopierer oder stellen in der Bibliothek sogenannte Semester-Apparate – die Pflichtlektüre für Seminare - zusammen. Sie müssen in Manuskripten, die am Lehrstuhl erstellt werden, Fehler finden oder als ältere Studierende die Jüngeren in Tutorien betreuen. Sie hüten Computerpools in Lernzentren oder überprüfen, ob sich Erstsemester im digitalen Anmeldesystem richtig eingetragen haben.
    Die Aufgaben studentischer Hilfskräfte an deutschen Hochschulen sind vielschichtig – einen speziellen Tarifvertrag für diese Beschäftigtengruppe gibt es bisher jedoch lediglich in Berlin. Das soll sich jetzt ändern. Daniel Katzenmaier ist Sprecher des AStA der Goethe-Universität Frankfurt am Main. Der AStA unterstützt aktiv die lokale Bewegung der Hilfskräfte, die einen Tarifvertrag sowie Beschäftigungsverhältnisse erstreiten wollen, die länger als ein Semester andauern:
    "Wir fordern die Uni auf, das zu regeln. Das könnte man mit einem Tarifvertrag relativ einfach regeln, es wird ja auch jetzt im Bundestag das Wissenschaftszeitarbeitsgesetz nochmal neu diskutiert, wo es ja wahrscheinlich auch nochmal zwei Jahre Verlängerung geben wird für Hilfskräfte-Tätigkeiten für Studierende, die das bisher nur vier Jahre machen können. Von daher bewegt sich da gerade einiges und von daher sollte die Uni sich da eigentlich bekennen."
    "Wir möchten mit unserer Bewegung einen Einstieg ins Tarifgeschäft haben"
    Das Präsidium der Goethe-Uni will sich zu den laufenden Verhandlungen aktuell nicht äußern. Das nächste Gespräch ist für Mitte des Monats geplant. Doch aus dem Umfeld der Uni-Leitung gibt es Stimmen, die davor warnen, dass ein Tarifvertrag für studentische Hilfskräfte die Zahl der Jobs drastisch reduzieren könnte, weil das Geld fehle. Tom Winhold ist als hessischer Landesfachbereichsleiter der Gewerkschaft ver.di für den Bereich Bildung, Wissenschaft und Forschung zuständig und führt die Verhandlungen mit der Frankfurter Goethe-Uni. Dass ein Tarifvertrag für studentische Hilfskräfte für die Uni teurer wird als die bisherige Regelung, räumt Tom Winhold durchaus ein:
    "Ja, das ist auch nicht gänzlich von der Hand zu weisen. Denn wenn ich mir die Goethe-Uni jetzt anschaue, dann beschäftigt die mehr als 2.000 Hilfskräfte. Studentische Hilfskräfte, akademische Hilfskräfte, wie sie jetzt demnächst heißen werden. Im Vergleich zu rund 5.500 Tarifbeschäftigten. Das ist schon eine ganz ordentliche Zahl. Würden die gleich bezahlt werden wie Tarifkräfte, dann wäre das tatsächlich von den Universitäten in der jetzigen Situation nicht zu erbringen. Deswegen sagen wir ja auch, wir möchten mit unserer Bewegung einen Einstieg ins Tarifgeschäft haben. Es muss nicht von Anfang an das gleiche Tarifniveau sein, wir wissen auch nicht, ob wir da jemals hinkommen, aber wir möchten gewisse Schutzvorschriften einziehen."
    In den vergangenen Jahren sei an der Frankfurter Goethe-Uni die Zahl der studentischen Hilfskräfte jährlich um 200 bis 300 angestiegen, so AStA-Sprecher Daniel Katzenmaier. In manchen Bereichen – etwa in den Bibliotheken – übernahmen die Studierenden sogar Dienste, die früher von regulären Angestellten geleistet wurden:
    "Es gibt natürlich unterschiedliche Verhältnisse bei Studierenden. Es gibt die, die das wirklich zum Lebensunterhalt brauchen. Oder die das als kleinen Zuverdienst haben. Da gibt es unterschiedliche Wahrnehmungen. Ob das auch als Ehrenamt wahrgenommen wird oder doch als Job. Aber im Großen und Ganzen brauchen die Studierenden das Gehalt. Und die Netto-Realeinbußen in den letzten Jahren, in den letzten 15 Jahren sind ungefähr 30 Prozent. Und da merkt man schon, was man noch in den 90ern als Gehalt hatte, reicht heute nicht mehr für die Miete aus."
    Der AStA der Goethe-Uni in Frankfurt am Main hofft, durch einen Tarifvertrag für die studentischen Hilfskräfte die Einkommen der Studierenden deutlich verbessern zu können. Vorbild ist ein Vertrag, der an der Fachhochschule in der Mainmetropole gerade für studentische Hilfskräfte in der Bibliothek abgeschlossen wurde. Studierendenvertreter Daniel Katzenmaier:
    "Das heißt, es sind reguläre Verhältnisse, die aber auch einen Studierendenstatus haben. Das heißt, da ist sichergestellt, dass Studierende auch weiterhin an der Universität arbeiten können."
    Eine ähnliche Vereinbarung stellt sich der AStA auch für die Goethe-Universität vor. Mitte Januar gehen die Verhandlungen weiter. Wenn es dann zu einem schriftlichen Vertrag mit der Uni-Leitung kommen sollte, müsse dieser auch nicht unbedingt "Tarifvertrag" heißen, so Tom Winhold von der Gewerkschaft ver.di:
    "Ja, unsere Tarifkommission hat sich sehr intensiv damit beschäftigt und hat einen Beschluss gefasst, der heißt: Wenn wir eine verbindliche Regelung haben, die auch etwas materiell verbessert für die Beschäftigtengruppe, dann werden wir darüber ernsthaft verhandeln. Wir lassen es nicht daran scheitern, dass nicht "Tarifvertrag" als Überschrift drüber steht."