Freitag, 19. April 2024

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Unklarer Patientenwille
Wenn sich Organspendeausweis und Patientenverfügung widersprechen

Für die Entnahme von Organen müssen die Körperfunktionen aufrechterhalten bleiben. Ein Organspendeausweis kann deshalb einer vorliegenden Patientenverfügung widersprechen. Medizinprofessor Georg Marckmann forderte im Dlf eine bessere Beratung bei der Formulierung von Patientenverfügungen.

Georg Marckmann im Gespräch mit Carsten Schroeder | 19.03.2019
Eine Frau zeigt im Universitätsklinikum Schleswig-Holstein einen Organspendeausweis
Möglicher Widerspruch zur Patientenverfügung: Organspendeausweis (Axel Heimken / dpa)
Es gebe immer wieder Fälle von Patienten mit schwerer Erkrankung, bei denen man aufgrund einer vorliegenden Patientenverfügung eigentlich auf lebenserhaltende Maßnahmen verzichten müsste, sagt Prof. Dr. Georg Marckmann vom Institut für Ethik, Geschichte und Theorie der Medizin an der LMU München. Wenn diese Patienten auch Organspender sind, wisse man nicht, was Vorrang haben soll, so Marckmann, dessen Institut diese Konfliktfälle in einer Studie untersucht hat.
Aktuell hätten nur 50 Prozent der Befragten eine Patientenverfügung abgeschlossen. Von denen, die zu einer Organspende bereit wären, hätten wiederum 50 Prozent nicht geklärt, wie in solchen Konfliktsituationen zu verfahren sei: Verzicht auf lebensverlängernde Maßnahmen laut Patientenverfügung oder die Fortsetzung organerhaltender Maßnahmen für eine mögliche Organspende.
Bessere, frühzeitige Beratung für Patienten
In den meisten aktuellen Formularen für Patientenverfügungen, zum Beispiel des Bundesjustizministeriums, sei zwar eine entsprechende Formulierung enthalten. Dennoch hätten die meisten Befragten in der Studie angegeben, dass dieser Konflikt nicht geklärt sei. Die Betroffenen, so Marckmann, seien offenbar nicht ausreichend informiert worden. Dies könne man nur ändern, wenn Patientenverfügungen gemeinsam mit einer medizinisch kompetenten Person und einer umfassenderen Beratung abgeschlossen werden.
Wenn dieser Widerspruch nicht geklärt ist, müssten Ärzte mit einem nahestehenden Verwandten oder dem Bevollmächtigten besprechen, was mutmaßlich dem Willen des Patienten entspricht. In vielen Fällen könnten Angehörige darüber Auskunft geben. Aber besser sei es, wenn der Betroffene bei den Gesprächen bei der Entscheidung dabei sei. Nur so sei sichergestellt, dass der klare Wunsch des Patienten übermittelt werden könne.