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Unterirdische CO2-Lagerung ist nicht zwangsläufig sichere Lagerung

Die Abspaltung und Speicherung von Kohlendioxid gilt als große Hoffnung der Energieversorger, in 10, 20 Jahren möglicherweise Kohlekraftwerke klimaneutral betreiben zu können. Das abgeschiedene CO2 würde dann zum Beispiel in unterirdischen Speichern gelagert. Gestern berichtete die "taz", dass ein Gesetzentwurf vorsehe, die Risikohaftung für diese unterirdischen Gaslager der Allgemeinheit aufzubürden.

Von Dieter Nürnberger | 21.01.2009
    Dieter Nürnberger, Sie haben in Berlin nachgefragt, was an diesen Berichten dran ist – was wissen Sie bis jetzt ?

    Aus dem betroffenen Ministerium, dem Bundeswirtschaftsministerium, gab es bislang weder eine Bestätigung noch ein Dementi. Angefragt wurde auch beim Bundesumweltministerium, auch hier steht eine Reaktion noch aus. Aber, wie so oft im politischen Berlin, gibt es dann doch einige Personen, die schon von dem Gesetzentwurf gehört und teilweise auch darin gelesen haben. Wenn man beispielsweise bei politischen Verbänden nachfragt, wird dies zumindest so bestätigt.

    Noch ist das ganze technologisch Zukunftsmusik. Bei der Abspaltung und Speicherung von Kohlendioxid in Kohlekraftwerken, kurz CCS-Technologie genannt, laufen derzeit weltweit nur wenige Demonstrationsanlagen und Pilotprojekte, eines davon im Brandenburg, Betreiber ist der Energiekonzern Vattenfall. Kohlendioxid wird hierbei in fossilen Kraftwerken vor oder nach der Verbrennung abgetrennt und anschließend zu geeigneten Gesteinsschichten tief unter der Oberfläche transportiert. Die Einlagerung des Gases würde dann für mehrere Jahrtausende erfolgen. Das Ganze also derzeit noch eine Art ökologische Vision.

    Der politische Streit dreht sich derzeit darum, wer eigentlich haftet, wenn sich künftig herausstellen sollte, dass diese Gesteinsschichten möglicherweise nicht dicht sind, hier also eventuell Schäden in der Natur auftreten. Der Entwurf aus dem Wirtschaftsministerium sieht hier laut "taz" eine Art Freibrief für die betreibenden Unternehmen vor. Regine Günther von der Umweltorganisation WWF sieht dies differenzierter, sie unterscheidet anhand dieser Frage in bestimmten zeitlichen Abläufen. Es werde die Phase der Einlagerung geben, dann eine Phase der Beobachtung, sprich: ein Monitoring und schließlich, wenn alles gut geht, die lange Phase der Speicherung.

    "Bei dem Betrieb ist natürlich der Betreiber verantwortlich – und natürlich nicht die Allgemeinheit. In der Nachphase, wenn der Speicher geschlossen ist, wird das Monitoring durch die Behöre durchgeführt. Wenn zu diesem Zeitpunkt Probleme auftauchen, da ist die Haftungsfrage strittig. In der sogenannten Ewigkeitsphase ist nach meinem Ermessen gar nichts anderes möglich, als zu sagen, da haftet wohl die Allgemeinheit. Kann dann wirklich noch der Betreiber in Haftung genommen werden? Das wird bei solchen langen Phasen sehr schwer."

    Bekannt ist derzeit, dass die beteiligten Energiekonzerne sich natürlich schon eine rechtliche Planungssicherheit wünschen - schließlich investieren sie hohe Summen in die CCS-Technik. Und sie hoffen auch darauf, dass dies noch in dieser Legislaturperiode geschehen wird. Es gibt deshalb auch im Umweltministerium eine Vorlage für ein späteres Gesetz. Doch umstritten ist derzeit vor allem der Vorschlag aus dem Wirtschaftsministerium. Stefan Krug ist Energieexperte bei der Umweltschutzorganisation "Greenpeace" – er lehnt die Vorgabe aus dem Ministerium ab.

    "Es ist der Webfehler vieler Formen von Energieversorgung, die wir heute haben, etwa der Atomkraft. Konkret: Eine Generation erzeugt Energie und lastet Risiken und Folgen der jeweiligen Energieversorgung zukünftigen Generationen auf. Es muss hier ein strenges Verursacherprinzip gelten. Die Tatsache, dass hier Müll entsteht, der über Jahrtausende gelagert werden wird, muss in die Risikobewertung der Technologie einfließen. Diejenigen, die diese Energie verursachen, müssen auch dafür haften."

    Es gibt auf diesem Gebiet auch einen Richtlinienvorschlag der EU-Kommission. Sämtliche Aspekte der Speicherung sollen hier geregelt werden, also auch die einer möglichen Haftung. Regine Günther vom WWF sieht zwar im Entwurf des Wirtschaftsministers Tendenzen, den Unternehmen einen Teil der Last abzunehmen, aber sie sieht keinen grundsätzlichen Widerspruch zur EU-Vorgabe.

    "Was wir bisher aus dem Entwurf kennen: Da wird schon versucht, mehr auf die Allgemeinheit zu übertragen. Beispielsweise in der Monitoringphase. Mehr als es im Moment in dem europäischen Richtlinienentwurf vorgesehen ist. Aber ich halte es noch für vereinbar."

    Am Freitag wird es zum Thema CCS übrigens in Berlin ein Symposium geben. Angekündigt hat sich dazu auch der Bundesumweltminister. Vielleicht gibt es dann mehr Klarheit über eine gemeinsame Linie der Bundesregierung in dieser Frage. Es gibt derzeit unterschiedliche Entwürfe für ein Gesetz, es gibt aber ebenso grundsätzliche Differenzen bei Umweltverbänden über den Sinn dieser CSS-Technologie und somit auch über einzelne rechtliche Fragen, wie beispielsweise der Haftung bei Schäden.