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Unternehmer in AfD-Hochburgen
Voll dabei oder ganz dagegen

In Sachsen wurde die AfD bei der Bundestagswahl mit fast 30 Prozent stärkste Kraft. Das bedeutet auch eine neue Situation für lokale Unternehmer. Die schweigen zumeist zu dem Thema. Aber es gibt auch hörbare Stimmen.

Von Bastian Brandau | 02.10.2017
    Ein Schild mit Wegen zum Wandern in und um Oppach steht an einer Straße in der Stadt.
    Der Ortseingang von Oppach im Kreis Görlitz. Das Direktmandat hier ging an die AfD (Deutschlandradio / Bastian Brandau)
    "Das ist die ehemalige Elektrowärme Sörnewitz. Das war ein Traditionsbetrieb zu Ostzeiten. Ganz früher gab es auch schon mal Engagement von Siemens, 1994 gebaut." Lutz Heimrich steht im ersten Stock seines Unternehmens und schaut aus dem Fenster. 2009 hat er für sein Unternehmen Superiore das brach liegende Gebäude gekauft, saniert und angepasst an die Bedürfnisse seines Versandhandels für italienische Spezialitäten.
    Aus Nordrhein-Westfalen war Heimrich 1990 in die Region gekommen, aus der es seine Eltern zur Zeit der offenen Grenze weggezogen hatte. In Sachsen baute ein Beratungsunternehmen und eine Werbeagentur auf, bevor er sich wieder dem Marketing und den Lebensmitteln zuwandte. In der Region Dresden, wo er längst seinen Lebensmittelpunkt hatte. Inzwischen ist er unsicher, ob dies die richtige Entscheidung war: "Denn durch die Strömung und das Aufkeimen des rechten Randes der bürgerlichen Parteien und insbesondere das Aufkeimen der AfD mit einem Wahlergebnis von 27 Prozent und das stärkste AfD-Land Deutschlands, was Sachsen jetzt ist, macht es nicht so leicht zu sagen, ich fühle mich hier pudelwohl." Als Versandhandel sei es egal, von wo er agiere, sagt Heimrich. Das und die Tatsache, dass seine Kunden zu einem Großteil außerhalb Sachsens sind, verleihe ihm die Freiheit, sich als Unternehmer politisch zu äußern.
    Ein Malermeister holte ein Direktmandat für die AfD
    Auch die Industrie-und Handelskammer Dresden will sich nicht äußern zu den Wahlergebnissen und möglichen Auswirkungen der AfD-Zustimmung. Dabei gibt es die natürlich auch in Handwerk und Gewerbe: Im Kreis Görlitz holte ein Malermeister das Direktmandat für die AfD. Das Schweigen sei Teil des Problems, findet Unternehmer Heimrich: "Ich denke, da müsste einfach die Bürgerschaft und auch die Unternehmerschaft in Sachsen ganz klar dazu Stellung beziehen und auch ganz klar über Initiativen, die es ja auch schon gibt, viel stärker in die Öffentlichkeit gehen und vor allem denjenigen Mut machen, die jetzt zurecht glauben, dass es zu Restriktionen kommen kann, umsatzseitig, kundenseitig, wenn sie sich jetzt gegen diese Strömung positionieren." Denn wer dies tut, wird angefeindet, das hat auch Heimrich schon erlebt. In sozialen Netzwerken, aber auch im täglichen Leben. Eine Mitarbeiterin werde regelmäßig rassistisch beleidigt.
    "Ein gewisses Bollwerk aufbauen"
    Ein Klima, so ist Heimrich überzeugt, in dem es immer schwerer werde, Fachkräfte nach Sachsen zu holen. Das Klima in seinem Unternehmen hat das Aufkommen von Pegida und AfD bereits verändert: "Wir sind in den letzten Jahren weggekommen von diesen politischen Themen. Man konnte früher auch immer über alles reden und heute werden solche Dinge auch bewusst ausgeblendet. Weil wir auch wissen, dass hier die Quote derer, die dann sagen, gut, die AfD habe ich gewählt, weil, und und und, relativ hoch ist. Ich hätte damit kein Problem, auch mit meinen Mitarbeitern zu diskutieren aber von dort aus schon, ist die Bereitschaft nicht da, weil man eventuell auch ahnt, vielleicht reichen die Argumente nicht."
    Vor den Wahlen habe er durchaus ans Wegziehen gedacht, sagt Lutz Heimrich. Aber neben Freunden, Familie und dem Geschäft, die ihn hier halten, gehe es ihm noch um etwas anderes. "Ich denke, man sollte gerade ganz bewusst bleiben, um zu sagen, wir können noch was dagegen tun. Und wir können ein gewisses Bollwerk und einen Gegenpol aufbauen."