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Unverhofft kommt nie

Drei Wochen dauert nun schon die Ölpest im Golf von Mexiko, sämtliche Gegenmaßnahmen sind bislang gescheitert. Auch vor der schleswig-holsteinischen Nordseeküste, mitten im Nationalpark Wattenmeer, wird Öl gefördert. Wäre Deutschland auf eine solche Katastrophe besser vorbereitet? Bald muss die Landesregierung in Kiel entscheiden, ob die Förderkonzession verlängert wird.

Von Matthias Günther | 12.05.2010
    Drei Wochen dauert nun schon die Ölpest im Golf von Mexiko und die Ölpest dort wirft natürlich auch die Frage auf, was wäre eigentlich, wenn bei uns so etwas passieren würde. Sind wir auf so etwas besser vorbereitet als die Amerikaner? Schließlich wird auch vor der schleswig-holsteinischen Nordseeküste, mitten im Nationalpark Wattenmeer, Öl gefördert. Das Thema kommt jetzt auf die Tagesordnung, denn bald muss die Landesregierung in Kiel entscheiden, ob diese Förderkonzession verlängert wird - oder nicht.

    "Mittelplate" vor der schleswig-holsteinischen Westküste wurde 1985 gebaut. Im nächsten Jahr läuft hier die Konzession zur Erdölförderung aus. Und nach Ansicht von Naturschutzverbänden und der Grünen-Fraktion im Schleswig-Holsteinischen Landtag darf sie nicht verlängert werden. Die umweltpolitische Sprecherin der Grünen, Marlies Fritzen, hat für ihre Fraktion einen entsprechenden Antrag in den Landtag eingebracht:

    "Wir befürchten ganz konkret, dass, wenn es zu Unfällen kommt, das Wattenmeer, das ja ein ganz besonders sensibles Ökosystem ist, ein einzigartiges Ökosystem auf der Welt, so sehr geschädigt werden könnte, dass diese Schäden nicht wieder gut zu machen sind."


    Betreiber RWE-Dea hält die Plattform "Mittelplate" allerdings für sicher. Eine Havarie wie auf der Bohrinsel "Deepwater Horizon" sei hier gar nicht möglich, sagt Unternehmenssprecher Derek Mösche. Denn während im Golf von Mexiko das Öl bei 1500 Meter Wassertiefe gefördert werde, stehe die Plattform "Mittelplate" fest auf einer aufgeschütteten Insel und sei komplett abgeschottet:

    "Es handelt sich ja um eine flüssigkeitsdichte Betonwanne, sodass, auch wenn Öl austreten würde, alles im Bereich der Insel bleiben würde. Es gilt im Übrigen selbst für Spritzwasser und für Regenwasser. Nichts verlässt die Insel ungeklärt, nichts geht über die Kante sondern wird aufgefangen und zur Entsorgung an Land gebracht."

    Außerdem gebe es anders als bei "Deepwater Horizon" gleich zwei Absperrventile - eines in 90 Meter Tiefe und eines auf der Plattform. Sie würden bei einem Druckabfall automatisch schließen, könnten aber auch ferngesteuert geschlossen werden. Und anders als bei "Deepwater Horizon" habe man natürlich einen Notfallplan, erklärt Derek Mösche von RWE-Dea:

    "Der ist Teil unseres Krisenmanagement-Systems und umfasst alle relevanten Informationen - zum Beispiel Ablaufschemata, Telefonnummern, Verhaltensregeln, Brandwehr, Ölwehr, Alarmierungskette, Sofortmaßnahmen, Einbindung der Behörden, Havariekommando, Lagezentrum etc. pp. Darüber hinaus müssen alle Mitarbeiter, die länger als 72 Stunden auf der Insel arbeiten, ein sehr umfangreiches Sicherheitstraining absolvieren. Also da haben wir für alle Eventualitäten vorgesorgt."

    Und sollte doch einmal irgendetwas passieren, würde RWE-Dea in unbegrenzter Höhe haften, so der Unternehmenssprecher.

    Der Landesregierung reicht das, und in der schwarz-gelben Koalition teilt man die Sorgen der Grünen nicht. Karsten Jasper von der CDU-Fraktion:

    "Wir legen natürlich auch Wert darauf - vor dem Hintergrund ‚Deepwater Horizon', Golf von Mexiko, - dass hier bei uns ein ganz hoher Sicherheitsstandard herrscht. Und das ist bei der ‚Mittelplate' absolut gegeben zum jetzigen Zeitpunkt."

    Er sieht derzeit keinen Grund, die Förderkonzession nicht zu verlängern:

    "Gut, man muss drüber reden, man muss grundsätzlich auch kontrollieren, werden diese Sicherheitsstandards eingehalten, und dann muss man gucken, ob man über 2011 hinaus die Genehmigung auch weiterhin gibt."

    Die Grünen bestreiten nicht, dass RWE-Dea bei der Ölplattform "Mittelplate" einen hohen Sicherheitsstandard einhält. Dennoch sagt Marlies Fritzen:

    "Bei jeder Technik können auch Fehler passieren. Wir denken ganz konkret daran, dass Ölförderung in der Nordsee im Schutzgebiet Wattenmeer nicht weiter erlaubt werden sollte. Wenn der Konzessionsvertrag ausläuft, dann muss das Land sich dafür einsetzen, dass der nicht verlängert wird."

    Mit dem Antrag wird sich nun der schleswig-holsteinische Landtag befassen.