Mittwoch, 24. April 2024

Archiv

Unwetter-Newsblog
+++ Die Entwicklungen bis zum 19. Juli +++

Archiv-Seite unseres Newsblogs über die Entwicklungen zur Hochwasser-Katastrophe nach dem Starkregen bis zum 19. Juli.

21.07.2021
    Zerstörte Brücke über die Ahr in Ahrweiler nach der Flutkatastrophe im Juli 2021 (Luftaufnahme mit einer Drohne).
    Zerstörte Brücke über der Ahr in der Eifel (dpa)
    Montag, 19. Juli
    +++ Nach den Erfahrungen mit der Hochwasserkatastrophe fordern die Landkreise in Rheinland-Pfalz ein neues Warnsystem. Zunächst einmal sollten die Sirenen lauter werden, denn die jetzigen Sirenen-Warnungen seien wegen der lauten Flut- und Zerstörungsgeräusche zum Teil gar nicht zu hören gewesen, sagte der Geschäftsführende Direktor des Landkreistags Rheinland-Pfalz, Müller, dem SWR. Zusätzlich seien neue Sirenen-Signale nötig - zum Beispiel ein Signal, das bedeute: "Nicht mehr in den Keller gehen". Das hätte bei den Überflutungen Leben retten können.
    Zuvor hatte Müller schon im Deutschlandfunk gesagt, die Frühwarnsysteme müssten überarbeitet werden. Er sprach von einer Art Springflut, die binnen fünf Minuten die Stromtrafos weggerissen habe. Darum habe es keinen Strom für den Mobilfunk und die Warnapps gegeben.
    +++ Nach der Unwetterkatastrophe hat sich die Lage in den betroffenen Regionen im Westen Deutschlands stabilisiert. Die Aufräumarbeiten schritten voran, teilten die Behörden in Nordrhein-Westfalen und Rheinland-Pfalz mit. Die Einsatzkräfte versuchten nun, sich ein umfassendes Lagebild zu verschaffen. Es sei jedoch schon sicher, dass zahlreiche Häuser dauerhaft unbewohnbar seien und wichtige Infrastruktur zerstört sei. Die Zahl der Toten erhöhte sich den Angaben zufolge auf mindestens 164.
    +++ Der Bund rechnet wegen der Hochwasser-Katastrophe mit mindestens zwei Milliarden Euro Schäden bei der Deutschen Bahn sowie für die Wiederinstandsetzung der Straßen. Das erfuhr die Deutsche Presse-Agentur aus Regierungskreisen. Alleine der Schaden bei der Bahn werde auf mindestens 1,3 Milliarden Euro beziffert, hieß es. Zerstörte Brücken, Gleise, Straßen und Mobilfunkmasten in den Hochwasser-Gebieten in Rheinland-Pfalz und Nordrhein-Westfalen sollen laut Bundesverkehrsministerium schnellstmöglich wieder instandgesetzt werden. Am Mittwoch will das Kabinett über entsprechende Bundeshilfen entscheiden.
    Ein Regionalzug steht im Bahnhof des Ortes Kordel in Rheinland-Pfalz im Wasser.
    Gleise sind verschüttet oder zerstört, Züge standen zum Teil unter Wasser - wie hier Kordel in Rheinland-Pfalz. (Sebastian Schmitt / dpa)
    +++ In den Hochwassergebieten im Westen Deutschlands werden noch rund 170 Menschen vermisst. Das teilte die Polizei in Koblenz mit. Es sei damit zu rechnen, dass die Zahl der Todesopfer weiter steige. Demnach starben bislang mindestens 160 Menschen. Man habe noch nicht alle Orte erreichen können. Die Polizei will nun zusammen mit Technischem Hilfswerk, Feuerwehr und weiteren Rettern das Hochwassergelände nochmals absuchen. Wenn Todesopfer gefunden werden, würde diese an einen Sammelort gebracht und identifiziert. Danach würden die Angehörigen informiert. Todesfälle würden "mit größtmöglicher Pietät behandelt", sagte der Koblenzer Polizei-Vizepräsident Jürgen Süs vor Journalisten.
    +++ Nach Angaben des Energiekonzerns Eon waren auch heute noch etwa 30.000 Menschen ohne Strom. Die Lage in den betroffenen Regionen stabilisierte sich mittlerweile.
    +++ Bundesinnenminister Seehofer schätzt die Kosten für den Wiederaufbau auf mehrere Milliarden Euro. Wie die "Rheinische Post" unter Berufung auf Regierungskreise berichtet, soll es eine Soforthilfe von Bund und Ländern in Höhe von mindestens 400 Millionen Euro geben.
    Wie hoch genau die Schäden sind, ist noch unklar. Die Versicherer wollen voraussichtlich am morgigen Dienstag eine erste Berechnung vorlegen, berichtet DLF-Korrespondent Theo Geers.
    +++ Der Deutsche Sparkassen- und Giroverband (DSGV) hat zu Spenden für die Menschen in den betroffenen Gebieten aufgerufen. "Wir wissen von den Instituten und Mitarbeitenden vor Ort, dass die Lage dramatisch ist", erklärte DSGV-Präsident Helmut Schleweis. "Zugleich sind viele private und berufliche Existenzen vernichtet worden". Auch die örtliche Kreditversorgung sei an vielen Stellen beeinträchtigt. Insgesamt 68 Sparkassengeschäftsstellen seien zerstört worden oder aktuell nicht benutzbar.
    +++ Bundeskanzlerin Merkel macht sich am Dienstag ein Bild von der Hochwasserkatastrophe in Nordrhein-Westfalen. Zusammen mit NRW-Ministerpräsident Armin Laschet komme sie am Mittag nach Bad Münstereifel, wie die Staatskanzlei mitteilte. Vor Ort im Kreis Euskirchen will sich Merkel ein Bild von der Lage machen, mit Vertretern von Hilfsorganisationen und Helferinnen und Helfern sprechen. Auch Treffen mit betroffenen Bürgern stehen auf dem Programm.
    Die Schäden durch die Flutkatastrophe in Deutschland sind enorm. Der Wiederaufbau in den betroffenen Gebieten wird so viel Geld kosten, dass die Kommunen und Landkreise damit überfordert sind. Die Bundesregierung hat Hilfen zugesagt. Ein Überblick.
    +++ Die Infrastruktur in manchen Überflutungsgebieten ist offenbar nachhaltig geschädigt. Die Bürgermeisterin von Altenahr, Weigand, sieht sogar die Existenz ihrer Gemeinde in Teilen gefährdet. Gegenüber der "Bild"-Zeitung sagte Weigand: "Es sieht so aus, als ob die Infrastruktur so stark zerstört ist, dass es in einigen Orten vielleicht über Wochen oder sogar Monate kein Trinkwasser geben wird." Daher sei es sehr wichtig und notwendig, eine Notwasserversorgung gegebenenfalls auch über Monate gewährleisten zu können. Dies gelte auch für eine Notstromversorgung. Wann es in Altenahr wieder Normalität gebe, sei für sie nicht absehbar.
    ++++ Die Spendenbereitschaft für die Opfer der Unwetterkatastrophe in Deutschland ist nach Angaben von Hilfsorganisationen überwältigend. Das Bündnis "Aktion Deutschland Hilft" erklärte, man könne derzeit keine weiteren Sachspenden entgegennehmen. Die Sichtung, Sortierung und auch die Logistik überstiegen die Kapazitäten der Verbände vor Ort. Das Deutsche Zentralinstitut für soziale Fragen rief zu Geldspenden auf. Diese könnten flexibler und effizienter eingesetzt werden. Angesichts der Zerstörungen werde man unglaublich viel Geld brauchen, teilte die Caritas in Nordrhein-Westfalen mit. Die Bundesregierung berät am Mittwoch über staatliche Hilfe für die Flutopfer und den Wiederaufbau der Infrastruktur.
    ++++ Erftstadt westlich von Köln warnt weiter vor dem Risiko von Erdrutschen. Die Abbruchkante sei immer noch instabil, sagte Bürgermeisterin Weitzel dem WDR. Ein weiteres Nachrutschen von Erdmassen sei jederzeit möglich. Die betroffenen Stadtteile würden ständig aus der Luft überwacht. Gleichzeitig liefen geologische Untersuchungen.
    In Blessem besteht in der Nähe der Abbruchkante akute Lebensgefahr. Unter Hochdruck und Einsatz sämtlicher verfügbarer Ressourcen laufe auch die Suche nach Vermissten, so die Bürgermeisterin. Unter anderem würden Roboter, Sonargeräte, Drohnen und Suchhunde eingesetzt.
    ++++ Der Deutsche Feuerwehrverband hat angesichts der Überschwemmungen ein Forschungszentrum für Krisenmanagement gefordert. Es fehle eine Institution, die Lösungen für zukünftige Herausforderungen entwickle und diese deutlich schneller als bisher verfügbar mache, sagte
    Verbands-Präsident Banse bei einem Besuch in Erftstadt.
    Erftstadt: Ein Panzer der Bundeswehr zieht einem Wagen aus der Flut. Ein Einsatzwagen der Feuerwehr und ein LKW stehen noch unter Wasser auf der B265 bei Erftstadt Liblar.
    Erftstadt: Ein Panzer der Bundeswehr zieht einem Wagen aus der Flut. (David Young/dpa +++ dpa-Bildfunk +++)
    Ähnlich äußerte sich die Vereinigung zur Förderung des Deutschen Brandschutzes. Die Erfahrung habe auch diesmal gezeigt, dass man zwar über gut ausgebildete Einsatzkräfte, motivierte Freiwillige und beste Ressourcen verfüge. Allerdings müsse man sich im Klaren sein, dass die Zahl und Intensität solcher Katastrophen in Zukunft eher zunehmen würden.
    ++++ Bundesinnenminister Seehofer hat bei einem Besuch an der Steinbachtalsperre in Nordhrein-Westfalen Kritik an der Funktionsweise des Katatsropheschutzes in Deutschland zurückgewiesen. Die föderale Struktur des Katastrophenschutzes sei richtig. Zentralismus verbessere gar nichts. Grünen-Kanzlerkandidatin Baerbock hatte sich zuvor dafür ausgesprochen, dem Bund bei Fragen der Vorsorge gegen Extremwetterereignisse mehr Kompetenzen zu geben. Nordrhein-Westfalens Ministerpräsident Laschet sagte, man müsse analysieren wie Katastrophen-Meldungen besser gemacht werden könnten.
    ++++ Die unterhalb der Steinbachtalsperre evakuierten Orte sollen im Tagesverlauf für die Einwohner wieder zugänglich sein. Dazu gehören Schweinheim, Flamersheim und Palmersheim. "Die Steinbachtalsperre ist sicher. Es besteht aber weiterhin ein Betretungsverbot für die Ortsteile", teilten Kreis und Stadt Euskirchen mit. "In Kürze informieren wir Sie darüber, wann die Bewohner im Laufe des Tages in ihre Ortschaften zurückkehren können." Betroffen ist neben dem Kreis Euskirchen auch der Rhein-Sieg-Kreis. Letzterer teilte heute mit, dass die Talsperre einen "unkritischen Wasserstand erreicht" habe. Damit bestehe akut keine Gefahr mehr, dass die Staumauer brechen könnte. "Somit können die Evakuierungsmaßnahmen für Swisttal und Rheinbach aufgehoben werden." Teile der Ortschaften waren am Donnerstag geräumt worden, weil die vollgelaufene Talsperre nach Einschätzung der Bezirksregierung zu brechen drohte.
    ++++ Weiterhin kritisch ist die Lage in Erftstadt-Blessem in Nordrhein-Westfalen. Zwar sei die Kiesgrube hinter dem Ortsteil weiträumig abgesperrt, sagte die Bürgermeisterin von Erftstadt, Carolin Weitzel, am Montag im WDR. Aber ein weiteres Nachrutschen von Erdmassen sei jederzeit möglich. Drohnen überwachten das Gelände, während geologische Untersuchungen liefen. In der Nähe der Abbruchkante besteht akute Lebensgefahr. Weiterhin werde nach Vermissten gesucht. Im Einsatz mit den Rettungskräften vor Ort seien Roboter, Sonargeräte, Drohnen und Suchhunde.
    +++ Das Landesumweltamt (LANUV) in Nordrhein-Westfalen rechnet damit, dass durch die Fluten Öl, Diesel und andere Schadstoffe in die Gewässer eintreten werden. Bereits einen Tag nach dem Starkregen seien die ersten Ölschlieren auf dem Rhein bei Bad Honnef gefunden worden. Heizöltanks in Kellern seien aufgeschwemmt worden, Rohre aufgerissen und Kraftstoffe aus den weggespülten Autos ausgetreten, sagte eine Sprecherin des Lanuv. Oberste Priorität für das LANUV habe zunächst die Trinkwasserversorgung. Wasserversorger würden über einen sogenannten Warn- und Alarmplan über mögliche Befunde informiert und könnten dann Maßnahmen ergreifen. Bereits am Samstag hatte der Wupperverband von einer massiven Verschmutzung der Wuppertalsperre berichtet. Durch die Überflutung von Firmengeländen, Betriebsflächen und Häusern seien verschiedene Substanzen in die Wuppertalsperre gelangt.
    Dutzende Wohnwagen, Autos und Wohnmobile die von der Flutwelle mitgerissen wurden, hängen zusammengequetscht an einer Ahrbrücke in Altenahr. 
    Von der Flutwelle mitgerissene Fahrzeuge in Altenahr, Rheinland-Pfalz (picture alliance/dpa | Boris Roessler)
    +++ In Rheinland-Pfalz ist die Zahl der Toten infolge der Unwetterkatastrophe weiter gestiegen. Es sei inzwischen von mindestens 117 Toten auszugehen, sagt ein Polizeisprecher in Koblenz. Am Sonntag waren es noch 112. 750 Menschen seien bei den Überschwemmungen verletzt worden.
    +++ Bundeslandwirtschaftsministerin Klöckner (CDU) fordert auch für die Landwirtschaft Fluthilfen. Ersten Eindrücken zufolge nähmen die Schäden an landwirtschaftlichen Flächen, Gebäuden und Infrastruktur in den betroffenen Gebieten ein "teils existenzbedrohendes Maß" an, teilte das Landwirtschaftsministerium mit. So seien etwa Getreidebestände vielerorts komplett vernichtet, ganze Tierbestände ertrunken und Einrichtungen von Weingütern und Winzergenossenschaften komplett zerstört worden. Über die Soforthilfen des Bundes soll amMittwoch im Bundeskabinett beraten werden.
    +++ Autobahnen, Landstraßen, Brücken - die Schäden an der Infrastruktur sind enorm, ihre Ausmaße weiter kaum absehbar. Die Wirtschaftsministerin von Rheinland-Pfalz, Schmitt (FDP), sagte im Deutschlandfunk, an vielen Orten hätte man erst einen Rückgang des Wassers abwarten müssen. In diesen Stunden begännen Prüftrupps mit ihrer Tätigkeit. Neben Mitarbeitern des Landes hätten sich auch Ingenieure aus dem gesamten Bundesgebiet freiwillig gemeldet, etwa um Straßen genauer zu inspizieren. Es handele sich um eine Mammutaufgabe, die das Land finanziell und personell fordern werde. Schmitt sagte, man sei auf viel Geld vom Bund angewiesen und werde nach der Schadensaufnahme darüber in engen Austausch mit dem Bundesfinanziministerium gehen.
    Ein Mann geht durch das völlig zerstörte Ortszentrum von Schuld.
    Unwetterschäden und Hochwasser in Rheinland-Pfalz (dpa / picture alliance / Lino Mirgeler)
    +++ Nach der Hochwasserkatastrophe steht das System des Bevölkerungsschutzes in Deutschland in der Kritik. Die Grünen-Vorsitzende und Kanzlerkandidatin ihrer Partei, Baerbock, sagte dem Magazin "Der Spiegel", der Bund müsse mehr Verantwortung im Katastrophenschutz übernehmen. Es sei nicht ausreichend Vorsorge getroffen worden, trotz Experten-Warnungen vor klimabedingten Extremwetterereignissen. Der stellvertretende Vorsitzende der FDP-Bundestagsfraktion, Theurer, sprach von einem Systemversagen, für das Innenminister Seehofer die Verantwortung trage. Die Linken-Vorsitzende Hennig-Wellsow forderte den Innenminister darum zum Rücktritt auf. Auch Bundeswirtschaftsminister Altmaier sagte, man müsse die Frage stellen, ob ausreichend Vorsorge getroffen worden sei, um solche Ereignisse rechtzeitig zu erkennen. Nordrhein-Westfalens Innenminister Reul räumte in "Bild live" zwar Verbesserungsbedarf ein, meinte aber, es habe nach seinem Kenntnisstand keine grundsätzlichen Probleme gegeben.
    +++ Der Leiter des Bundesamtes für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe, Schuster, hat die Kritik an der Warnpraxis zur Hochwasserkatastrophe zurückgewiesen. Schuster sagte im Deutschlandfunk, die Warninfrastruktur habe funktioniert. Man habe 150 Warnmeldungen verschickt, auch die Medien seien seit Mittwoch informiert worden. Er kenne Menschen, die sagten, eine Warn-App oder eine Durchsage der Feuerwehr habe ihr Leben gerettet.
    Ein THW-Helfer steht mit einem Vorschlaghammer im Trierer Stadtteil Ehrang, um bei den Aufräumarbeiten nach dem Hochwasser der Kyll zu helfen. Zahlreiche Häuser im Ort waren betroffen, Bewohner mussten evakuiert werden. Aufnahme vom 17.07.2021.
    THW-Helfer im Trierer Stadtteil Ehrang (picture alliance/dpa | Harald Tittel)
    ++++ Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) wird sich heute in den Hochwassergebieten in Nordrhein-Westfalen und Rheinland-Pfalz ein Bild vom Einsatz des Technischen Hilfswerks (THW) machen. Konkret wird er an der Steinbachtalsperre im nordrhein-westfälischen Kreis Euskirchen sein sowie im rheinland-pfälzischen Ahrweiler. Nach Angaben des Innenministeriums sind in den Hochwassergebieten täglich mehr als 2.500 Helferinnen und Helfer des THW im Einsatz.
    +++ In Bayern blieb derweil die Hochwasserlage im Süden und Osten des Bundeslandes angespannt, spitzte sich aber in der Nacht nicht weiter zu. In Passau stiegen die Pegel noch bis in die Nacht, verharrten dann aber auf hohem Niveau. Der Wasserstand der Donau blieb dort unter der Marke von 8,50 Meter, ab der die höchste Hochwasserwarnstufe gilt. Uferpromenade und Parkplätze waren bereits überflutet, Bewohner schützten Häuser mit Sandsäcken und Barrieren. Im Berchtesgadener Land in Oberbayern hatte die Wucht des Wassers bereits am Wochenende mit voller Kraft zugeschlagen, weil der Fluss Ache über die Ufer trat. Mehr als 160 Menschen mussten in der Urlaubsregion rund um den Königssee aus ihren Häusern in Sicherheit gebracht werden, wie eine Sprecherin des Landratsamtes am Sonntagabend erklärte.
    Die Bundesstraße 20 ist kurz vor der Ortschaft Berchtesgaden zur Hälfte von der Ramsauer Ache weggerissen worden.
    Bundesstraße 20 kurz vor Berchtesgaden (picture alliance/dpa | Peter Kneffel)
    +++ Am Vormittag soll die Entscheidung zur Aufhebung der Evakuierungen rund um die Steinbachtalsperre erfolgen. Das Bauwerk im nordrhein-westfälischen Kreis Euskirchen droht nach dem Starkregen zu brechen. Seit Tagen wird Wasser aus der Talsperre abgepumpt. Wie der Kreis auf Facebook mitteilte, wollen Experten heute abschließend beurteilen, wann der sichere Zustand wieder erreicht wird und die Bevölkerung zurückkehren kann. Das Abpumpen laufe nach Plan, die Situation sei unverändert stabil, aber nicht unkritisch. Nach Angaben der Bezirksregierung Köln besteht erst dann keine akute Dammbruchgefahr mehr, wenn die Talsperre zu zwei Dritteln entleert ist.
    +++ Bayerns Ministerpräsident Söder (CSU) hat mehr Anstrengungen beim Klimaschutz gefordert: "Wir brauchen schon einen Klima-Ruck in Deutschland", sagte er heute in der ARD. Das Unwetter mit verheerenden Folgen vor allem in Rheinland-Pfalz und Nordrhein-Westfalen, aber auch im Südosten Bayerns nannte er einen Weckruf. Für Mittwoch kündigte Söder eine Regierungserklärung an.
    +++ In Teilen der von der Flutkatastrophe besonders hart getroffenen Verbandsgemeinde Altenahr in Rheinland-Pfalz könnte es womöglich monatelang kein Trinkwasser geben. Bürgermeisterin Weigand sagte in "Bild live", die Infrastruktur sei stark zerstört. Eine Notwasserversorgung müsse gegebenenfalls auch über Monate gewährleistet werden können.
    +++ Bei ihrem Treffen heute werden sich die EU-Agrarminister auch mit der Starkregen- und Hochwasser-Katastrophe befassen. Es werde erörtert, inwiefern Landwirte betroffen sind und wie sie mit Traktoren und anderen Gerätschaften Hilfe geleistet hätten, hieß es aus dem Bundes-Landwirtschaftsministerium. Das konkrete Ausmaß der Schäden - auch für Landwirte - sei noch nicht absehbar.
    Sonntag, 18. Juli
    +++ Die israelische Stadt Tel Aviv hat nach der Flutkatastrophe in Deutschland ein Zeichen der Solidarität gesetzt. Das Tel Aviver Rathaus wurde am Abend in den Farben der deutschen Flagge angeleuchtet. Israels neuer Präsident Herzog hatte zuvor sein Beileid ausgesprochen und Hilfe angeboten.
    Blick in der Nacht auf das Rathaus, dessen Stockwerke von oben nach unten schwarz-rot-gold beleuchtet sind. Davor ein leerer Parkplatz mit einigen Menschen.
    Das Rathaus in schwarz-rot-gold. (Tel Aviv-Yafo Municipality / dpa)
    +++ In Erftstadt-Blessem besteht nach Einschätzung von Experten in der Nähe einer Abbruchkante weiterhin akute Lebensgefahr. Das teilte Landrat Rock nach einem Gespräch mit Fachleuten mit. Die Stabilität des Untergrunds nach der Unwetterkatastrophe in dem besonders betroffenen Stadtteil müsse weiterhin überprüft werden.
    +++ Nach Bundeskanzlerin Merkel hat auch Bundesfinanzminister und Vizekanzler Scholz erneut rasche Hilfe für die westdeutschen Hochwassergebiete zugesagt. Er nannte eine Summe von mehreren hundert Millionen Euro. Mit Blick auf den längerfristigen Wiederaufbau sprach er von einem Milliardenbetrag.
    +++ In den Hochwassergebieten Westdeutschlands kommen die Telekommunikationsunternehmen nur langsam mit der Wiederherstellung der Netzversorgung voran.
    +++ Angesichts der schweren Hochwasserschäden entwickelt sich eine Diskussion über eine mögliche Versicherungspflicht gegen Elementarschaden. Bundeskanzlerin Merkel lehnte eine verpflichtende Elementarschadenversicherung für Hausbesitzer ab. Sie sagte bei ihrem Besuch im rheinland-pfälzischen Schuld, die Versicherungsbeiträge könnten Einzelpersonen und Unternehmen in Hochwassergebieten schnell "total überfordern". Die rheinland-pfälzische Ministerpräsidentin Dreyer sprach sich dagegen für eine verpflichtende Versicherung aus, bei der die Kosten auf alle Versicherungsnehmer umgelegt würden.
    +++ Die Zahl der Todesopfer der Hochwasserkatastrophe im Westen Deutschlands wird mittlerweile mit insgesamt mindestens 156 angegeben. Noch immer werden Menschen vermisst.
    +++ Bundeskanzlerin Merkel hat bei einem Besuch im Hochwassergebiet in Rheinland-Pfalz den Betroffenen umgehende Unterstützung zugesagt. Am Mittwoch werde die Bundesregierung ein Programm verabschieden. Man werde Hand in Hand gehen mit dem Land, um schnelle Hilfe zu leisten und im weiteren Verlauf den Aufbau der Infrastruktur zu gewährleisten. Merkel betonte, ihr Besuch im besonders betroffenen Eifelort Schuld sei stellvertretend für alle betroffenen Gemeinden. Die CDU-Politikerin kündigte zudem an, im August noch einmal dorthin reisen zu wollen. Begleitet von der rheinland-pfälzischen Ministerpräsidentin Dreyer hatte die Kanzlerin sich ein Bild der Lage gemacht. Merkel sagte, die deutsche Sprache kenne kaum Worte für die Verwüstung, die angerichtet worden sei.
    +++ Die Unwetterkatastrophe in Deutschland hat auch bei der Bahn gravierende Schäden hinterlassen. Nach einem ersten Lagebild gab es in Nordrhein-Westfalen und Rheinland-Pfalz "massive Beschädigungen" an 80 Stationen und Haltepunkten sowie an Gleisen auf mehr als 600 Kilometern Länge, wie die Deutsche Bahn mitteilte. Auch Weichen, Signaltechnik, Stellwerke, Brücken sowie Fahrzeuge seien durch Wasser, Schlamm und Geröll beschädigt worden.
    +++ Die deutsche Olympiamannschaft hat in Tokio der Opfer der Hochwasserkatastrophe in der Heimat gedacht. Etwa 80 Mitglieder der deutschen Delegation stellten sich auf einem Vorplatz des Olympischen Dorfes am Sonntag zu einer gemeinsamen Schweigeminute auf.
    +++ Bei der Unwetterkatastrophe sind nach jüngsten Angaben allein im rheinland-pfälzischen Kreis Ahrweiler mehr als 110 Menschen ums Leben gekommen. Es sei zu befürchten, dass weitere Todesopfer hinzukommen, teilte die Polizei mit. Mehr als 670 Personen seien als verletzt gemeldet worden. In einer Vielzahl der Ortschaften seien noch immer Strom- und Telefonnetz ausgefallen. Gegen Mittag wird sich Bundeskanzlerin Merkel im Ort Schuld ein Bild von den Zerstörungen machen.
    +++ Den Angaben der Stadt Erftstadt westlich von Köln konnten Einsatzkräfte bislang 70 Fahrzeuge bergen, 25 stünden noch im Wasser. Bislang wurden keine Menschen in den Autos und Lastwagen entdeckt. Zwei Fahrzeuge konnten Helfer bislang nicht sichten, weil sie unter einem Lkw lagen.
    +++ An der von einem Bruch bedrohten Steinbachtalsperre bei Euskirchen fließt das Wasser langsamer ab als erwartet. Deshalb sollen Experten am Sonntag die noch immer angespannte Lage am Staudamm neu bewerten, wie die Bezirksregierung Köln auf Twitter mitteilte. Die ursprünglich geplante Prognose, gegen 15.00 Uhr Entwarnung geben zu können, kann den Angaben zufolge deshalb nicht gehalten werden.
    +++ Der Katastrophenforscher Martin Voss sieht in der aktuellen Krisensituation das Potenzial für einen grundlegenden gesellschaftlichen Wandel. Das derzeitige Katastrophenverständnis, das sich an Opferzahlen oder Schadenssummen bei den Unwettern orientiere, adressiere nicht die eigentliche Problematik dahinter, sagte Voss im Deutschlandfunk. In Kombination mit der Pandemie entwickle sich eine Krise, die größer sei, als alles was man aus der Vergangenheit kenne. Das werde den Menschen nicht nur in den betroffenen Gebieten, sondern auch der Gesellschaft zunehmend bewusst.
    Die Menschen müssten sich nun unter anderem fragen, wie sie eigentlich leben wollten. In dieser Situation sei die Bereitschaft, bei den Bundestagswahlen im Herbst anders zu wählen als sonst, möglicherweise groß.
    +++ Nach der Flutkatastrophe in den westlichen Bundesländern richtet sich der Blick inzwischen auch auf andere Teile Deutschlands. Im oberbayerischen Kreis Berchtesgadener Land wurde nach Starkregen der Katastrophenfall ausgerufen und vor einem sprunghaften Anstieg der Pegelstände gewarnt. Berichtet wird von Erdrutschen, überfluteten Straßen, evakuierten Häusern und zahlreichen Rettungseinsätzen nach Notrufen.
    Auch in der Sächsischen Schweiz führten anhaltend starke Niederschläge zu Überschwemmungen. Hier waren einzelne Ortsteile nicht mehr erreichbar wie etwa in Neustadt, Sebnitz, Gohrisch, Bad Schandau und Reinhardtsdorf-Schöna. Die Bahnstrecke zwischen Bad Schandau und dem tschechischen Decin wurde gesperrt. Außerdem enden und beginnen Züge des Fernverkehrs bis auf Weiteres im Dresdener Hauptbahnhof.
    +++ Nach derzeitigem Stand kamen bei der Unwetterkatastrophe in Deutschland über 156 Menschen ums Leben, zahlreiche weitere werden noch vermisst.
    Nach der Hochwasserkatastrophe in Westdeutschland wird ersichtlich, wie unzureichend viele Städte und Dörfer auf die schweren Unwetter vorbereitet waren. Zugleich warnen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler, dass solche Extremwetterlagen aufgrund des Klimawandels wahrscheinlich häufiger auftreten werden – und fordern städtebauliche Maßnahmen zum Schutz.
    +++ Im nordrhein-westfälischen Erftstadt wollen Fachleute heute im besonders von der Unwetterkatastrophe betroffenen Ortsteil Blessem die Stabilität des Untergrunds überprüfen. Die Lage ist nach Angaben der Stadt unverändert angespannt, da noch keine Klarheit über die Bodenverhältnisse bestehe. Die Experten sollen die Abbruchkanten eines Erdrutsches untersuchen. Dort war durch die Fluten ein großer Krater entstanden. Mindestens drei Wohnhäuser sowie ein Teil der historischen Burg stürzten ein. An der Steinbachtalsperre bei Euskirchen versuchen die Einsatzkräfte weiterhin, den Damm zu sichern. Für Orte unterhalb der Talsperre besteht nach Angaben der Behörden immer noch akute Überflutungsgefahr.
    +++ In dem rheinland-pfälzischen Eifeldorf Schuld will sich heute Bundeskanzlerin Merkel ein Bild von den Zerstörungen machen. Dort werden die Aufräum- und Bergungsarbeiten ebenso fortgesetzt wie in anderen Teilen des Kreises Ahrweiler sowie in Trier. Im Ahrtal sind etliche Straßen gesperrt oder nicht mehr befahrbar, auch der Zugverkehr ist stark beeinträchtigt.
    +++ In Österreich gibt es ebenfalls Überschwemmungen. Im Ort Hallein schwoll ein Bach zu einem reißenden Strom an und flutete die Innensstadt. Auch in anderen Teilen der österreichischen Alpen ist die Situation angespannt.
    +++ Bundesfinanzminister Scholz hat den Flutopfern im Westen Deutschlands Soforthilfen und ein Wiederaufbauprogramm in Aussicht gestellt. Es brauche einen nationalen Kraftakt, sagte der SPD-Kanzlerkandidat. Dazu wolle er dem Kabinett am kommenden Mittwoch zum einen Soforthilfen von insgesamt 300 Millionen Euro vorschlagen. Diese sollten über die Länder Rheinland-Pfalz und Nordrhein-Westfalen ausgezahlt werden und möglichst noch im Juli anlaufen. Zum anderen müsse eine Grundlage geschaffen werden, damit die zerstörten Häuser, Straßen und Brücken zügig repariert werden könnten. Nach den Erfahrungen früherer Katastrophen sei dafür ein Milliardenprogramm erforderlich, erklärte Scholz weiter.
    Bundeswirtschaftsminister Altmaier sprach für Sonderzahlungen an Unternehmen aus, die sowohl von der Corona-Krise als auch der Hochwasserkatastrophe betroffen sind. Er plädiere in diesen Fällen für eine Pauschale in Höhe von jeweils bis zu 10.000 Euro, sagte der CDU-Politiker.
    +++ Bundesforschungsministerin Karliczek fordert eine bessere wissenschaftliche Vorbereitung auf extreme Wetterphänomene. Es gehe um den Schutz von Menschenleben, Eigentum und unschätzbaren Kulturgütern, sagte die CDU-Politikerin. Aus der Unwetter-Katastrophe müsse man eine Lehre ziehen und die Forschung zu derartigen Ereignissen in den nächsten Jahren weiter ausbauen. Es gehe darum, Extremwetter noch genauer in den Regionen vorherzusagen und darauf aufbauend Risikopläne für Hochwasser und Hitze zu erstellen. Karliczek betonte, als Folge auch des Klimawandels hätten sich Ereignisse mit ungewöhnlich starken Niederschlägen, Hitzewellen und Stürmen in den zurückliegenden 30 Jahren im Schnitt nahezu verdoppelt.
    Samstag, 17. Juli
    +++ Mit einem ökomenischen Gottesdienst wurde in Trier der Betroffenen der Flutkatastrophe gedacht. Der katholische Trierer Bischof Ackermann sagte in der Konstantinbasilika, die Menschheit sei und bleibe verletzlich, auch im 21. Jahrhundert. Der evangelische rheinische Präses Latzel erklärte, das Leben vieler Menschen liege dort "als Schutt und Müll draußen auf der Straße". An dem Gottesdienst nahmen etwa 60 Besucher teil, darunter auch die rheinland-pfälzische Ministerpräsidentin Dreyer und der Trierer Oberbürgermeister Leibe. Am Sonntag ab 9 Uhr ist der Gottesdienst online nachzuverfolgen.
    +++ Bei der Unwetter- und Hochwasserkatastrophe im Westen Deutschlands sind nach jüngsten Angaben mehr als 140 Menschen ums Leben gekommen. Der Landrat des rheinland-pfälzischen Kreises Ahrweiler, Pföhler, geht allein für seine Region inzwischen von mehr als 100 Opfern aus. Die Einsatzkräfte erwarteten in den vollgelaufenen Kellern weitere Menschen zu finden, berichtet der SWR. Bislang habe man mehr als 600 Verletzte versorgt.
    In Nordrhein-Westfalen ist die Zahl der Toten im Zusammenhang mit der Unwetterkatastrophe auf 45 gestiegen. Das teilte eine Sprecherin des NRW-Innenministeriums mit. Keine Toten wurden bislang bei der Bergung der Fahrzeuge auf der überfluteten Bundesstraße 265 bei Erftstadt gefunden, wie ein Sprecher des Rhein-Erft-Kreises berichtete. Bei der Überprüfung der insgesamt 28 Autos und Lastwagen, die von den Wassermassen überspült worden waren, kamen auch Taucher der Deutschen Lebens-Rettungs-Gesellschaft zum Einsatz.
    +++ Bei den Hochwassereinsätzen in Nordrhein-Westfalen haben mindestens vier Feuerwehrleute ihr Leben verloren. Das teilte der Verband der Feuerwehren mit. Neben den beiden in Altena und Werdohl gestorbenen Männern seien zwei weitere Todesfälle gemeldet worden. In Nettersheim (Kreis Euskirchen) sei ein Feuerwehrangehöriger bei einem Rettungseinsatz ums Leben gekommen. Ein weiterer Feuerwehrangehöriger der Feuerwehr Rheinbach (Rhein-Sieg-Kreis) sei im Einsatz leblos aufgefunden worden und später im Krankenhaus gestorben.
    +++ Starke Niederschläge haben auch in der Sächsischen Schweiz zu Überflutungen geführt. Einzelne Ortslagen seien nicht mehr erreichbar, gab das Landratsamt bekannt. Besonders betroffen seien Neustadt, Sebnitz, Bad Schandau, Reinhardtsdorf-Schöna und Gohrisch. Die Behörde rief die Bevölkerung dazu auf, Keller, Tiefgaragen und Unterführungen nicht zu betreten. Die Wasserstandsanstiege seien vergleichbar und teilweise noch stärker als im August 2010.
    +++ Unions-Kanzlerkandidat Laschet hat für den Eindruck um Entschuldigung gebeten, er habe sich während seines Besuchs im Hochwassergebiet unangemessen verhalten. Er bedauere den Eindruck, der durch eine Gesprächssituation entstanden sei. "Dies war unpassend und es tut mir leid", schrieb Laschet auf Twitter. Auf Fernsehbildern war der CDU-Politiker zu sehen, wie er sich lachend zu seinen Begleitern dreht und scherzt. SPD-Generalsekretär Klingbeil schrieb daraufhin auf Twitter: "Ich bin wirklich sprachlos." Der frühere Vorsitzende des Deutschen Ethikrates, Dabrock, sprach von "Pietätlosigkeit" gegenüber den Opfern.
    +++ Auch die Polizei Berlin unterstützt die Rettungsarbeiten in den Hochwassergebieten. Nach einem Unterstützungsersuchen des Landes Rheinland-Pfalz befinde sich die 36. Einsatzhundertschaft auf dem Weg ins Krisengebiet, teilt die Senatsverwaltung für Inneres und Sport mit. Dort solle sie insbesondere bei der Suche nach Vermissten unterstützen.
    +++ In dem vom Hochwasser massiv betroffenen Trierer Stadtteil Ehrang sind die Aufräumarbeiten ein gutes Stück vorangekommen. "Den Feuerwehren und dem THW gelang es, rund 650 von 700 betroffenen Häuser leer zu pumpen", teilte die Stadt am Abend mit. Derzeit werde davon ausgegangen, dass keines der Häuser einsturzgefährdet sei, diese Einschätzung könne sich aber noch ändern. In Trier-Ehrang war am Donnerstag die Kyll über die Ufer getreten und hatte große Teile des Stadtteils überschwemmt. Etwa 1000 Einwohner waren nach Angaben der Stadt Trier in Sicherheit gebracht worden.
    +++ Auch Belgien wurde von den Unwettern hart getroffen. Wie der öffentlich-rechtliche Rundfunk berichtet, korrigierte das Krisenzentrum die Zahl der Todesopfer durch Hochwasser und Sturzfluten von 27 auf 24. Etliche Menschen werden allerdings noch vermisst. Regierungschef De Croo rief für Dienstag einen nationalen Trauertag aus. Er besuchte gemeinsam mit EU-Kommissionspräsidentin von der Leyen die Orte Rochefort und Pepinster.
    +++ Bundespräsident Steinmeier hat sich zusammen mit dem nordrhein-westfälischen Ministerpräsidenten Laschet in Erftstadt-Blessem ein Bild von den Rettungs- und Bergungsarbeiten im Hochwassergebiet gemacht. Dabei sprachen sie unter anderem mit Einsatzkräften und Anwohnern. Steinmeier sagte, man trauere mit den Menschen, die Angehörige und Freunde verloren hätten. Es sei eine Zeit der Not, in der das Land zusammenstehe. Er sei froh, dass Bund und Länder frühzeitig Hilfen signalisiert hätten - auch für die Gemeinden.
    Teile von Erftstadt waren nach dem Starkregen durch eine Sturzflut zerstört worden. Mindestens drei Wohnhäuser und ein Teil der historischen Burg sind eingestürzt. Bislang gibt es dort keine bestätigten Todesopfer. Allerdings fürchten Rettungskräfte, dass sie nach dem Rückzug des Wassers Opfer entdecken könnten.
    +++ NRW-Ministerpräsident Laschet hat bei einem Besuch in Erftstadt Direkthilfe für die vom Hochwasser betroffenen Menschen versprochen. Es werde "sehr unbürokratisch Geld ausgezahlt", sagte der Unions-Kanzlerkandidat. Danach werde man zusammen mit dem Bund "strukturell" den Städten helfen müssen, den Wiederaufbau zu bewerkstelligen.
    +++ Die Bergungsarbeiten in den Hochwassergebieten gehen weiter. In Nordrhein-Westfalen sind nach Angaben des Innenministeriums rund 22.000 Einsatzkräfte an den Rettungsarbeiten beteiligt. Im schwer getroffenen Landkreis Ahrweiler in Rheinland-Pfalz suchen Feuerwehrleute in den Trümmern und Häusern weiter nach Vermissten. Auch in der Stadt Trier laufen die Aufräumarbeiten; erste Bewohner des Stadtteils Ehrang können in ihre Wohnungen zurück. Allerdings sei in rund 670 Häusern in Kellern und Erdgeschossen fast alles zerstört worden, heißt es.
    Ein Einsatzfahrzeug der Feuerwehr fährt über eine überflutete Straße in Steinkirchen, westlicher Ortsteil der Stadt Wassenberg (Kreis Heinsberg). Der Ort liegt in der Nähe der Rur.
    Allein in NRW sind 22.000 Einsatzkräfte an den Bergungs- und Aufräumarbeiten beteiligt. (dpa)
    +++ Bundeskanzlerin Merkel wird morgen die vom Hochwasser betroffenen Gebiete in Rheinland-Pfalz besuchen. Dies bestätigte die Staatskanzlei in Mainz. Am Mittwoch will das Bundeskabinett über Hilfen beraten, wie ein Sprecher des Bundesfinanzministeriums mitteilte.
    +++ An der Steinbachtalsperre bei Euskirchen droht trotz des sinkenden Wasserstands weiterhin ein Bruch des Staudamms. Der Damm sei "äußerst instabil", große Teile des Bauwerks seien weggebrochen, teilte die Bezirksregierung Köln mit. Es drohe weiterhin akute Überflutungsgefahr für die Orte unterhalb der Talsperre. Weitere Evakuierungen seien deshalb geplant.
    +++ Die Zahl der Todesopfer bei der Hochwasserkatastrophe im Westen Deutschlands steigt weiter. Nach jüngsten Angaben der Polizei kamen allein im Großraum Ahrweiler in Rheinland-Pfalz mehr als 90 Menschen ums Leben und noch immer werden viele Personen vermisst. In Nordrhein-Westfalen starben mindestens 43 Menschen. Damit wurden bisher mehr als 130 Tote verzeichnet.
    +++ Die Hochwasserkatastrophe hat nach Ansicht der rheinland-pfälzischen Ministerpräsidentin Dreyer schwere Versäumnisse beim Klimaschutz in Deutschland offengelegt. "In den vergangenen Jahren haben wir in Deutschland vieles nicht umgesetzt, was notwendig gewesen wäre", sagte die SPD-Politikerin den Zeitungen der Funke Mediengruppe. Der Klimawandel sei angesichts der jüngsten Dürren und Unwetter nichts Abstraktes mehr. "Wir erleben ihn hautnah und schmerzhaft." Dreyer wendet sich am Abend in einer Fernsehansprache an die Bürgerinnen und Bürger.
    +++ Der niederländische Ministerpräsident Rutte betonte, die Überschwemmungen in Europa seien ohne jeden Zweifel eine Folge des Klimawandels.
    +++ Belgien hat zum Gedenken an die mehr als 20 Toten der Überschwemmungen einen nationalen Tag der Trauer ausgerufen - und zwar am kommenden Dienstag, den 20. Juli. Noch werden viele Menschen vermisst. Regierungschef Alexander De Croo sagte: "Dies könnten die katastrophalsten Überschwemmungen sein, die unser Land je gesehen hat". Er wird am Mittag im Katastrophengebiet erwartet, zusammen mit EU-Kommissionspräsidentin von der Leyen.
    Eine überflutete Straße in Rochefort. 
    Auch in Belgien sind die Schäden nach dem Hochwasser groß. (BELGA/ANTHONY DEHEZ)
    +++ Nach dem Bruch eines Damms der Rur und einer Evakuierung steht im nordrhein-westfälischen Wassenberg der Stadtteil Ophoven teilweis unter Wasser. Es sei für die Bürger nach wie vor gefährlich, sich in dem Gebiet aufzuhalten, sagte ein Sprecher der Feuerwehr. Die Stadt teilte mit, wer nicht in der Lage sei, seine Wohnung selbstständig zu verlassen, solle über eine Hotline um Hilfe bitten. Die Lage bleibe angespannt.
    +++ Im nordrhein-westfälischen Erftstadt ist die Rettungsaktion für Anwohner abgeschlossen. 170 Menschen seien teils mit Hilfe von Hubschraubern aus dem überfluteten Gebiet gerettet worden, teilte ein Sprecher des Rhein-Erft-Kreises mit. Es sei aber nicht auszuschließen, dass man bei den Aufräumarbeiten Tote finde.
    +++ Mit einem eindringlichen Appell hat sich die Polizei in Rheinland-Pfalz zum Start ins Wochenende über Twitter an potenzielle Hochwassertouristen und Gaffer gewandt. "Es ist nicht an der Zeit für Touren in einem Katastrophengebiet", hieß es auf dem Twitter-Account der Polizei in Mainz. Während des Katastropheneinsatzes seit Donnerstag war es bereits zu Behinderungen durch Schaulustige gekommen.
    Angesicht der verheerenden Unwetter hat die Siegener Professorin Messari-Becker eine andere Stadtplanung gefordert. Die zerstörten Orte hätte in ihrem gegenwärtigen Zustand keine Chance gegen derartige Wassermassen gehabt, sagte die Wissenschaftlerin im Deutschlandfunk . Beim Wiederaufbau müsse man unbedingt darauf achten, dass in den Ortschaften und Städten große Grünflächen eingeplant würden.
    +++ In den Hochwassergebieten sind weiterhin hunderte Rettungskräfte im Einsatz. Viele Straßen sind gesperrt oder nicht befahrbar. Das Strom- und Telefonnetz fällt in etlichen Orten weiterhin aus.
    +++ Entlang der Ahr dauern die Such- und Rettungsarbeiten an. Noch immer sind Orte überflutet. Auch in Erftstadt ist die Situation weiter kritisch. Dort waren nach massiven Erdrutschen mehrere Häuser eingestürzt.
    Die Bürgermeisterin von Erftstadt, Weitzel, hat das Ausmaß der Zerstörungen als verheerend bezeichnet. Nach Rückgang des Wassers werde der immense Schaden nun sichtbar, sagte sie im Deutschlandfunk . Glücklicherweise habe man anders als befürchtet bislang keine Toten bergen müssen. Viele Menschen hätten aber ihr gesamtes Hab und Gut verloren. Ihnen gelte es jetzt, unbürokratisch und schnell zu helfen.
    +++ Die Bergungsarbeiten kommen zwar voran, es werden aber weiterhin Personen vermisst. Die Zahl der Todesopfer stieg insgesamt auf 108. Der rheinland-pfälzische Innenminister Lewentz teilte mit, es seien zwei weitere Opfer geborgen worden.
    Durch die Unwetter-Katastrophe haben viele Menschen alles verloren, vom Fotoalbum bis zum eigenen Haus. Sie stehen unter Schock. In einer solchen Situation gehe Urvertrauen verloren, sagt Notfallseelsorger Albrecht Roebke im Dlf. Auch die vielen Helfer bräuchten entlastende Gespräche.
    +++ Abgesehen von den aktuellen Beeinträchtigungen im Fernverkehr der Bahn wird vor allem der Nahverkehr wohl noch über Monate stark eingeschränkt bleiben. Zuständig für viele der betroffenen Bahnstrecken ist der "Zweckverband Schienenpersonennahverkehr Rheinland-Pfalz Nord" (SPNV). Seinen Angaben zufolge werden die Ahrstrecke und die Eifelstrecke voraussichtlich für Monate gesperrt bleiben. Im Ahrtal seien mindestens sieben Eisenbahnbrücken und bis zu 20 Kilometer Streckengleis nicht mehr vorhanden. Die Eifelstrecke von Trier nach Köln sei komplett gesperrt und zurzeit schlicht nicht erreichbar.
    +++ Der Städte- und Gemeindebund fordert mit Blick auf die Hochwasserschäden schnelle Hilfen von Bund und Ländern. Hauptgeschäftsführer Landsberg sagte dem "Redaktionsnetzwerk Deutschland", in den betroffenen Städten und Kreisen in Nordrhein-Westfalen und Rheinland-Pfalz seien Teile der Infrastruktur weitgehend zerstört. Man brauche einen nationalen Kraftakt, um den Wiederaufbau rasch und unbürokratisch zu organisieren und zu finanzieren.
    Vollgelaufene Keller, überflutete Straßen, Hauseinstürze – das Ausmaß und die Folgen des langanhaltenden und intensiven Starkregens in Deutschland haben überrascht. Wie lassen sich solche Unwetter besser vorhersagen? Wie lässt sich das Risiko für Überschwemmungen reduzieren? Ein Überblick.
    +++ Nach der Hochwasserkatastrophe im Westen Deutschlands gibt es sowohl in Rheinland-Pfalz als auch in Nordrhein-Westfalen noch keine Entwarnung. Die Behörden beider Bundesländer teilten am Abend mit, dass die Lage vielerorts unübersichtlich bleibe. Bislang starben bei der Katastrophe mehr als 100 Menschen.
    +++ In Ophoven, einem Ortsteil der Stadt Wassenberg im Kreis Heinsberg, ist einem Medienbericht zufolge ein Damm der Rur gebrochen. Demnach hätten Rettungskräfte damit begonnen, das Dorf Wassenberg mit 700 Einwohnern zu evakuieren, berichtet der WDR. Nach Angaben des Bürgermeisters kam es zu einem Rückstau im Fluss, weil auf niederländischer Seite - dort, wo die Rur in die Maas fließt - Schleusentore geschlossen wurden.
    +++ Die Polizei Koblenz bittet darum, keine unverifizierten Nachrichten zu verbreiten.
    +++ Die Lage an der Steinbachtalsperre hat sich etwas entspannt. Die Bezirksregierung Köln teilte am Abend mit, dass der Grundablass der Talsperre freigelegt und geöffnet werden konnte. Dadurch können nun bis zu sechs Kubikmeter Wasser pro Sekunde abgelassen werden, wie die Bezirksregierung Köln mitteilt. Zusätzlich werde das Wasser von THW-Pumpeinheiten abgeführt.
    +++ Bundeslandwirtschaftsministerin Klöckner hat in der "Neuen Osnabrücker Zeitung" davor gewarnt, dass extreme Wetterereignisse zunähmen. Die CDU-Politikerin sagte, daher brauche man entsprechende Anstrengungen im Klimaschutz. Sie kündigte an, die Vorsorge vor Unwettern voranzutreiben - auch über eine bessere Vernetzung aller beteiligten Akteure.
    ++++ Im Westen Deutschlands waren nach dem verheerenden Unwetter auch am Freitagnachmittag noch rund 102.000 Menschen ohne Strom. Das Unwetter und die daraus entstandenen Überflutungen sorgten weiterhin für Ausfälle in der Stromversorgung in Nordrhein-Westfalen und Rheinland-Pfalz, teilte der zum Eon-Konzern gehörende Energieversorger Westenergie in Essen mit.
    Westenergie betonte, es werde mit Hochdruck daran gearbeitet, die Stromversorgung wiederherzustellen. Etwa zehn Umspannanlagen des Verteilnetzbetreibers Westnetz seien derzeit aber noch von den Überschwemmungen direkt betroffen. Einzelne Anlagen seien nach wie vor schwer erreichbar, in anderen stehe immer noch das Wasser.
    +++ Zum Gedenken an die Opfer der Unwetterkatastrophe wehen in Nordrhein-Westfalen die Fahnen an zahlreichen Gebäuden auf Halbmast. Innenminister Reul ordnete Trauerbeflaggung bis Montag für alle Dienstgebäude an. Auch in Rheinland-Pfalz hängen die Flaggen auf Halbmast. Bundespräsident Steinmeier erklärte, in der Stunde der Not stehe das Land zusammen. In diesen Tagen komme es darauf an, Solidarität zu zeigen mit den Menschen, denen die Flut alles genommen habe. Darüber hinaus müsse der Kampf gegen den Klimawandel entschieden aufgenommen werden.
    Steinmeier wird morgen zusammen mit Nordrhein-Westfalens Ministerpräsident Laschet im besonders betroffenen Rhein-Erft-Kreis erwartet. Bundeskanzlerin Merkel plant einen Besuch der Hochwasser-Gebiete in Rheinland-Pfalz. Grünen-Kanzlerkandidatin Baerbock machte sich inzwischen ebenfalls ein Bild von der Lage der Menschen.
    +++ Durch die Unwetter-Katastrophe haben viele Menschen alles verloren. In einer solchen Situation gehe Urvertrauen verloren, sagte Notfallseelsorger Albrecht Roebke im Dlf. Auch die vielen Helfer bräuchten entlastende Gespräche.
    +++ Das Bundesamt für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe hält es für notwendig, die Menschen in Deutschland für den Umgang mit Extremwetter zu sensibilisieren. Der Leiter des Bereichs Risikomanagement, Geier, forderte im Deutschlandfunk eine entsprechende Kampagne. Er sagte, die Menschen seien noch daran gewöhnt, solche Szenarien, wie sie derzeit real erlebt würden, nur aus dem Fernsehen aus weit entlegenen Regionen der Welt zu sehen. Es sei noch nicht im Bewusstsein der Menschen angekommen, dass ihr kleiner Bach angesichts des Klimawandels innerhalb kürzester Zeit anschwellen könne und welch physische Gewalt solche Wassermassen dann ausüben könnten.
    +++ Angesichts der Flutkatastrophe hat die Europäische Union ihren Katastrophenschutz-Mechanismus aktiviert. Kommissionspräsidentin von der Leyen schrieb auf Twitter, die EU stehe bereit, um Deutschland und ebenfalls betroffenen Nachbarländern mit Rettungskräften, Booten und Hubschraubern zu helfen.
    +++ In den Niederlanden haben wegen des Hochwassers tausende Menschen ihre Häuser verlassen und sich in Sicherheit gebracht. Unter anderem ist die Stadt Venlo im Süden des Landes mit 100.000 Einwohnern betroffen. Minsterpräsident Rutte erklärte das Hochwasser in der Provinz Limburg zu einer nationalen Katastrophe. Feuerwehrleute bemühen sich, Deiche zu verstärken und Einwohner wegzubringen. In Belgien ist vor allem die Provinz Lüttich betroffen. In dem Land gab es mindestens 20 Todesopfer.
    +++ Als Zeichen der Trauer um die Opfer der Unwetterkatastrophe hängen die Flaggen in Nordrhein-Westfalen von Freitag bis Montag auf Halbmast. Eine entsprechende Anordnung erteilte Innenminister Herbert Reul (CDU) in Düsseldorf. Die Anordnung gilt demnach für alle Dienstgebäude des Landes, der Gemeinden und Gemeindeverbände sowie weitere Einrichtungen, die der Aufsicht des Landes unterliegen. Schon zuvor hingen bereits die Flaggen im ebenfalls stark von Hochwasser betroffenen Rheinland-Pfalz auf Halbmast.
    +++ In den Hochwassergebieten sind noch immer mindestens 100.000 Menschen ohne Strom. Das Unwetter und die daraus entstandenen Überflutungen sorgten weiterhin für Ausfälle in der Stromversorgung in Nordrhein-Westfalen und Rheinland-Pfalz, teilte der Energieversorger Westenergie in Essen mit. Es werde mit Hochdruck daran gearbeitet, die Stromversorgung wiederherzustellen. Etwa zehn Umspannanlagen des Verteilnetzbetreibers Westnetz seien derzeit aber noch von den Überschwemmungen direkt betroffen. Einzelne Anlagen seien nach wie vor schwer erreichbar, in anderen stehe immer noch das Wasser.
    +++ Der Niederschlagsexperte des Deutschen Wetterdienstes, Andreas Becker, hält die Entwässerungssysteme von Siedlungen in Deutschland nicht für den Klimawandel geeignet. Der Leiter des Weltzentrums für Niederschlagsklimatologie sagte im Deutschlandfunk (Audio-Link), die Entwässerung sei auf Kante genäht. Entwässerungssysteme wie etwa Kanäle seien so bemessen, dass sie bei solchen Niederschlagsereignissen geplant versagen, die seltener als alle 20 Jahre vorkommen. Bei einem stabilen Klima seien die Schäden dann vertretbar. Becker rechnet aber damit, dass ein solches Extremwetter aufgrund des Klimawandels nun etwa alle fünf Jahre vorkommen wird. Sein Lösungsvorschlag.
    +++ Die Lage an der Steinbachtalsperre ist nach Auskunft des Kreises Euskirchen stabil, "aber nicht unkritisch". Bei der Überprüfung des Dammes mit einer Drohne seien keine kritischen Risse gefunden worden, so eine Kreissprecherin. Nach wie vor sei das Grundabflussrohr der Talsperre verstopft. Um Druck aus der Anlage zu nehmen, werde weiterhin das Wasser mit Hochleistungspumpen aus der Talsperre geholt. Mehrere Orte unterhalb der Steinbachtalsperre waren in den vergangenen Tagen wegen der Gefahr eines Durchbrechens der Staumauer evakuiert worden.
    +++ Die Überschwemmungen in Westeuropa sind nach den Worten von EU-Kommissionspräsidentin von der Leyen ein klarer Hinweis auf den Klimawandel und zeigen, dass dringender Handlungsbedarf besteht. "Es sind die Intensität und die Dauer der Ereignisse, von denen die Wissenschaft sagt, dass dies ein klarer Hinweis auf den Klimawandel ist und dass dies etwas ist, das wirklich, wirklich die Dringlichkeit zum Handeln zeigt", sagte von der Leyen vor Reportern.
    Auch Bundespräsident Steinmeier forderte ein rasches Handeln gegen den Klimawandel. "Nur wenn wir den Kampf gegen den Klimawandel entschieden aufnehmen, werden wir Extremwetterlagen, wie wir sie jetzt erleben, in Grenzen halten", sagte er.
    Die Einschätzungen von verschiedenen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern zum Zusammenhang von Extremwetter und Klimawandel können Sie hier nachlesen.
    +++ Wegen Überflutungen bleibt der Zugverkehr in Nordrhein-Westfalen weiterhin massiv gestört. Zahlreiche Strecken waren am Freitagnachmittag entweder noch komplett gesperrt oder nur eingeschränkt befahrbar, teilte die Deutsche Bahn mit.
    Nach wie vor gebe es kein umfassendes Lagebild der Schäden.
    +++ Die Zahl der Verletzten durch die Überschwemmungen ist noch unklar. Es dürften aber Hunderte bis Tausende sein. Allein im Kreis Ahrweiler sind laut Polizei mindestens 362 Menschen verletzt worden. Die Zahl könnte sich aber weiter erhöhen, hieß es.
    Trümmer liegen in der Gemeinde Schuld am Tag nach der Hochwasserkatastrophe. Starkregen führte zu extremen Überschwemmungen.
    Die Gemeinde Schuld im Landkreis Ahrweiler einen Tag nach den Überschwemmungen. (dpa)
    +++ Papst Franziskus hat seine Anteilnahme in einem Beileidstelegramm an Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier übermittelt. Er bete besonders für die zahlreichen Vermissten, die Verletzten und für alle, die zu Schaden gekommen sind oder durch die Naturgewalten ihre Lebensgrundlage verloren haben, hieß es aus dem Vatikan.
    +++ Der Präsident des Bundesamtes für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe, Schuster, hat angesichts der Hochwasserlage Investitionen in die Krisenvorsorge gefordert. Es müsse nun massiv Geld in die Hand genommen werden, um die Bevölkerung vor den Folgen des Klimawandels zu schützen, sagte er dem Redaktionsnetzwerk Deutschland. Durch die Corona-Pandemie und die jüngsten Unwetter sei in sehr kurzer Zeit klar geworden, dass Fragen der akuten Krisenvorsorge Priorität haben sollten. Man könne nicht mehr warten bis die Klimapolitik mögliche Erfolge erziele.
    +++ Die Bundeswehr ist nach eigenen Angaben derzeit mit rund 700 Soldaten in 20 Landkreisen in Nordrhein-Westfalen und Rheinland-Pfalz im Hochwasser-Einsatz. Die Soldaten helfen demnach mit Schlauchbooten und Krankenwagen bei Evakuierungen, mit Großgerät beim Räumen der Straßen. Sie stellen unter anderem Feldbetten und Sandsäcke bereit.
    +++ Die rheinland-pfälzische Ministerpräsidentin Dreyer hat das Unwetter als nationale Katastrophe bezeichnet. Eine derartige Situation habe Rheinland-Pfalz noch nie erlebt, sagte Dreyer auf einer Pressekonferenz in Mainz. Mindestens 60 Tote seien allein in ihrem Bundesland zu beklagen, zahlreiche Personen würden vermisst. Das Ausmaß der Schäden an Gebäuden und der Infrastruktur seien noch nicht zu beziffern. Viele Menschen seien traumatisiert. Die Wassermassen seien innerhalb von Minuten über die Ortschaften hereingebrochen. Die Lebensgrundlagen unzähliger Bürger seien zerstört. Die SPD-Politikerin dankte allen Einsatzkräften für ihre Arbeit. Im großen Leid sei ein großer Zusammenhalt der Gesellschaft spürbar.
    +++ Am letzten Schultag vor den Sommerferien in Rheinland-Pfalz sind zahlreiche Schulen in fünf Landkreisen wegen der Hochwasserkatastrophe geschlossen geblieben. Damit war die Ausgabe der Jahreszeugnisse zunächst ebenso nicht möglich wie das gemeinsame Abschiednehmen von Schülern mit ihren Lehrkräften.
    +++ Wegen der Unwetterkatastrophe im Westen Deutschlands gilt ein militärischer Katastrophenalarm. Ministerin Kramp-Karrenbauer habe diese Entscheidung getroffen, erklärte ein Sprecher in Berlin. Derzeit seien 850 Soldaten im Einsatz, und die Zahl steige.
    Altenahr: Fahrzeuge der Bundeswehr rücken in Altenahr an, um die Rettungsdienste zu unterstützen.
    Im Westen Deutschlands gilt jetzt Katastrophenalarm und die Bundeswehr hilft bei den Arbeiten. (dpa/ Thomas Frey)
    +++ Die Gewerkschaft der Polizei warnt angesichts der dramatischen Lage vor "Katastrophentourismus" in die vom Hochwasser betroffenen Regionen. "Wichtigste Aufgabe der Polizistinnen und Polizisten in den überschwemmten Gebieten ist es, diese Regionen abzusperren, Menschen aus den Gefahrenzonen zu bergen und verlassene Häuser vor möglichen Plünderungen zu schützen", erklärte der stellvertretende GdP-Bundesvorsitzende Jörg Radek. Er verwies darauf, dass unbelehrbare Schaulustige die Rettungsarbeiten in der Vergangenheit bei vergleichbaren Katastrophen schwer behindert hätten.
    +++ Die Staumauern und Dämme der Talsperren in Nordrhein-Westfalen haben der Belastung durch den extremen Regen der vergangen Tage Stand gehalten. "Die Staudämme der Talsperren in Nordrhein-Westfalen sind, mit Ausnahme der Steinbachtalsperre, stabil und unbeschädigt", sagte Ministerpräsident Armin Laschet nach einer Kabinettssitzung in Düsseldorf. An der Steinbachtalsperre im Kreis Euskirchen droht ein Durchbrechen des Staudamms. Mehrere Ortschaften im Bereich des Sees sind deshalb evakuiert worden.
    Blick auf die Steinbachtalsperre.
    Blick auf die Steinbachtalsperre. (dpa / Marius Becker)
    +++ Das Moselhochwasser drückt inzwischen in den Rhein und kommt auf Koblenz zu. Der Pegelstand überschritt die kritische Marke, so dass die Schifffahrt eingestellt werden musste.
    +++ Nach der Hochwasserkatastrophe im Westen Deutschlands ist die Zahl der Todesopfer in Nordrhein-Westfalen auf 43 gestiegen. Das teilte das Innenministerium in Düsseldorf mit. Besonders kritisch ist die Lage in Erftstadt südlich von Köln. Insgesamt starben damit in NRW und Rheinland-Pfalz mindestens 100 Menschen.
    Auch andere Regionen sind von Hochwasser betroffen. Mehr dazu hier.
    +++ In Erftstadt-Blessem ist eine Reihe von Häusern ganz oder teilweise eingestürzt. Nach Angaben der Bezirksregierung gab es Todesopfer. Ursache seien massive und schnell fortschreitende Unterspülungen der Häuser. Aus den Häusern kämen immer wieder Notrufe. Menschen könnten derzeit aber nur mit Booten vom Wasser aus gerettet werden. Dazu erschwere ein nicht abstellbarer Gasaustritt die Rettungsarbeiten. Mehrere Pflegeheime würden geräumt.
    Der Sprecher des Kreises warnte davor, in Wohnungen und Häuser zurückzukehren. "Wir beobachten, dass jetzt zum Teil Bürgerinnen und Bürger versuchen, wieder in ihre Häuser zu kommen." Dafür sei es definitiv zu früh. "Es besteht weiterhin Lebensgefahr."
    +++ Die Stadt Köln hat freistehende Flüchtlingsunterkünfte für die Versorgung von Evakuierten aus dem Umland geöffnet. Oberbürgermeisterin Reker sagte, aktuell seien die ersten 80 Menschen aus Erftstadt auf dem Weg nach Köln.
    +++ In Nordrhein-Westfalen sind nach Angaben von Innenminister Reul rund 19.000 Einsatzkräfte in den mittlerweile 25 Städten und Landkreisen im Einsatz, die von dem Hochwasser betroffen sind. Die Hilfskräfte hätten 30.000 Einsätze bewältigt, die Polizei weitere 3.200. "Die Lage ist weiterhin enorm schwierig und enorm gefährlich", sagte Reul.
    +++ Im Fernverkehr der Bahn gibt es weiter Zugausfälle und Verspätungen. Wie das Unternehmen mitteilte, ist die Strecke von Köln nach Dortmund nur eingeschränkt befahrbar. Es komme zu Umleitungen mit Verspätungen und Zugausfällen. Der Abschnitt Köln - Wuppertal - Hagen - Dortmund sei derzeit gesperrt. Das gelte auch für die Strecke Köln - Koblenz über Bonn-Hauptbahnhof. Der Abschnitt Köln - Koblenz über Bonn-Beuel auf der rechten Rheinseite ist laut Bahn hingegen befahrbar. Hier komme es aber auch zu Verspätungen und Zugausfällen. Weiter hieß es, unterbrochen sei der internationale Fernverkehr von und nach Brüssel. Die Deutsche Bahn empfahl Reisenden, Zugfahrten von und nach Nordrhein-Westfalen möglichst zu verschieben.
    +++ Der Tierschutzbund weist darauf hin, dass auch Tierhheime, Haus- und Wildtiere massiv vom Hochwasser betroffen sind. Mindestens ein Tierheim musste demnach evakuiert werden. Außerdem seien die finanziellen Rücklagen wegen der Coronakrise bereits in vielen Tierheimen aufgebraucht.
    +++ Die Bundesregierung will innerhalb weniger Tage umfangreiche Finanzhilfen für die Hochwasser-Geschädigten vorbereiten. "Das Konzept dafür entwickelt mein Haus gerade noch mit der Bundeskanzlerin und Bundesfinanzminister Olaf Scholz", sagt Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU). "Es soll möglichst schon am Mittwoch ins Kabinett." Details wolle er nicht nennen, bevor es ein klares Bild vom Ausmaß der Schäden gebe.
    Zur Diskussion über die Rolle des Klimawandels bei Starkregen haben wir hier Stimmen aus der Wissenschaft zusammengetragen.
    +++ Die Rurtalsperre in der nördlichen Eifel läuft inzwischen über. Nach Angaben der Behörden ist deshalb mit weiteren Überschwemmungen im Unterlauf der Rur zu rechnen. Der Wasserstand an der von einem Dammbruch bedrohten Steinbachtalsperre im Kreis Euskirchen sinkt dagegen wieder.
    Wasser läuft im Überlauf der Rurtalsperre ab.
    Wasser läuft im Überlauf der Rurtalsperre ab. (dpa-Bildfunk / Lino Mirgeler)
    +++ Die rheinland-pfälzische Ministerpräsidentin Malu Dreyer (SPD) dringt auf Hilfe des Bundes zur Bewältigung der Folgen der Unwetterkatastrophe. "Das Leid ist groß in unserem Bundesland. Unser Bundesland hat so etwas noch nie gesehen", sagte Dreyer im ZDF-"Morgenmagazin". Es sei klar, dass diese Katastrophe nicht alleine durch das Bundesland zu stemmen sei, erst Recht nicht durch die Kommunen.
    +++ Frankreich sichert Deutschland und Belgien Solidarität und Unterstützung zu, wie Ministerpräsident Jean Castex auf Twitter erklärt. Ins belgische Lüttich seien 40 Einsatzkräfte des französischen Militärs sowie ein Rettungshubschrauber entsandt worden.
    +++ Die Deutsche Stiftung Denkmalschutz hat ein Sonderkonto für vom Hochwasser geschädigte denkmalgeschützte Bauten eingerichtet. Die Stiftung berichtete in Bonn von verzweifelten Nachrichten aus Nordrhein-Westfalen und Rheinland-Pfalz über geschädigte Baudenkmale, die gerade frisch instandgesetzt worden waren. Die Eigentümer seien auf solidarische und schnelle Hilfe angewiesen, da oft Versicherungen die Bauwerke in gefährdeten Regionen gar nicht erst versicherten.
    +++ Nach dem Unwetter sind weiterhin mehrere Straßen rund um das Ahrtal gesperrt. Die Autobahn 61 ist zwischen dem Autobahnkreuz Meckenheim und Türnich beidseitig nicht passierbar, wie die Polizei Koblenz am Morgen mitteilte. Auch die Bundesstraße 9 ist demnach beidseitig zwischen Bad Breisig und Remagen gesperrt. Die Polizei bittet Autofahrer, das Ahrtal weiträumig zu umfahren. Rettungskräfte seien weiterhin im Einsatz.
    +++ In Nordrhein-Westfalen berät das Landeskabinett heute in einer Sondersitzung über die Lage. In Rheinland-Pfalz will Ministerpräsidentin Dreyer sich am Morgen in ihrer Heimatstadt Trier über die Situation informieren. Auch dort steht ein Stadtteil unter Wasser.
    +++ Die Unwetterschäden führen im Regionalverkehr der Bahn weiter zu zahlreichen Einschränkungen. Im Raum Euskirchen wurde der Zugbetrieb der Linien S23 und RB23 bis auf Weiteres eingestellt, wie die DB Regio via Twitter mitteilte. Eingestellt wird auch der Zugbetrieb der Linien RB25, RB 30 und RB39. Einschränkungen gibt es zudem bei der Linie S1. Zwischen Kall und Trier fahren keine Züge. Zwischen Witten und Hagen sind auch keine Zugfahrten möglich. Aufgrund von Unwetterschäden zwischen dem Hauptbahnhof Hagen und Plettenberg seien auch zwischen Hagen und Werdohl derzeit keine Zugfahrten möglich, teilte der Verkehrsverbund Rhein-Ruhr auf Twitter mit. Die Bahn bittet Reisende, sich vorab über Störungen ihrer Zugverbindung zu informieren.
    Ein Regionalzug steht im Bahnhof des Ortes Kordel in Rheinland-Pfalz im Wasser.
    Ein Regionalzug steht im Bahnhof des Ortes Kordel in Rheinland-Pfalz im Wasser. (Sebastian Schmitt / dpa)
    +++ Die Zahl der Toten in den Hochwassergebieten in Rheinland-Pfalz und Nordrhein-Westfalen ist auf mindestens 59 gestiegen. Zuletzt wurde bekannt, dass neun Bewohner einer Behinderteneinrichtung in Sinzig in Rheinland-Pfalz unter den Toten sind.
    +++ Das Bundesamt für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe liefert den betroffenen Bundesländern auf deren Bitten mit Hilfe des europäischen Erdbeobachtungsprogramms "Copernicus" Satellitenbilder der Überschwemmungsgebiete, um die Bergungs- und Aufräumarbeiten zu unterstützen. Außerdem hilft es bei der Koordinierung von Hilfen wie Helikoptern oder Zapfstellen zur Abgabe von Trinkwasser.
    +++ Bundeskanzlerin Merkel hat den Menschen in den deutschen Hochwassergebieten Unterstützung zugesichert. Bei einer gemeinsamen Pressekonferenz mit US-Präsident Biden in Washington sagte sie am späten Abend, in dieser schwierigen und schrecklichen Stunde wolle man die Betroffenen nicht allein lassen. Die Bundesregierung werde beim Wiederaufbau helfen. Biden sprach den Deutschen sein Beileid angesichts der vielen Todesopfer aus.
    +++ An allen Behörden in Rheinland-Pfalz werden an diesem Freitag die Flaggen auf halbmast gesetzt. Ministerpräsidentin Malu Dreyer habe nach der Unwetterkatastrophe im Norden des Landes für die Dienstgebäude Trauerbeflaggung angeordnet, teilte die Staatskanzlei in Mainz mit. Damit werde ein "sichtbares Zeichen der Trauer" gesetzt.
    +++ Die Lage an der Steinbachtalsperre bei Euskirchen in Nordrhein-Westfalen bleibt kritisch. "Nach aktueller Einschätzung muss mit einem plötzlichen Versagen der Mauer der Steinbachtalsperre jederzeit gerechnet werden", teilt der Rhein-Sieg-Kreis auf seiner Facebookseite mit. "Derzeit wird dort Wasser abgepumpt, um das Bauwerk zu entlasten." Die Evakuierungen der betroffenen Ortschaften Swistal und Rheinbach gehe weiter. "Gehen Sie auf keinen Fall in Ihre Häuser und Wohnungen zurück", warnt die Kreisverwaltung.
    Blick auf die Steinbachtalsperre.
    Blick auf die Steinbachtalsperre. (dpa / Marius Becker)
    +++ Die Bundeswehr hat nach der Unwetterkatastrophe im Westen Deutschlands weitere Soldaten in den Hilfseinsatz geschickt. Inzwischen seien mindestens 850 Männer und Frauen zur Unterstützung der Rettungsarbeiten eingesetzt, sagte ein Bundeswehrsprecher der Deutschen Presse-Agentur.
    In Heimerzheim werden Menschen in Sicherheit gebracht, die seit gestern in ihren Häusern eingeschlossen waren.
    In Heimerzheim werden Menschen in Sicherheit gebracht, die seit gestern in ihren Häusern eingeschlossen waren. (Jonas Güttler / dpa )
    +++ Angesichts der Schäden im Kreis Ahrweiler hat die Bonner Oberbürgermeisterin Dörner (Grüne) Menschen in ihrer Stadt dazu aufgerufen, Hilfe anzubieten. Melden könnten sich Privatpersonen, Hotels und Pensionen in Bonn, die noch Zimmer frei hätten.
    +++ Der Wasserverband Eifel-Rur rechnet mit einem Überlaufen der Rurtalsperre am Donnerstag nach 20.00 Uhr. Das könnte Folgen für den Unterlauf der Rur haben, sagte ein Sprecher des Verbandes in Düren.
    +++ Rund 165.000 Menschen im Westen Deutschlands waren nach Angaben des Energieversorgers Eon wegen des Unwetters auch am Nachmittag noch ohne Strom. Besonders betroffen seien die Eifel, der linksrheinische Rhein-Sieg-Kreis, der Rheinisch-Bergische Kreis und Teile des Bergischen Landes, teilte das Unternehmen in Essen mit.
    +++ An der Steinbachtalsperre in Nordrhein-Westfalen werden mehrere Orte evakuiert. Die Talsperre sei von einem Sachverständigen als sehr instabil eingestuft worden, sagte der Landrat des Kreises Euskirchen, Ramers (SPD), der Deutschen Presse-Agentur. Betroffen seien 4.500 Einwohner.
    +++ In mehreren Städten im Ruhrgebiet sollen Anwohner wegen des Hochwassers ihr Trinkwasser abkochen. Betroffen ist die Versorgung von Mülheim an der Ruhr, Ratingen-Breitscheid und Teile von Oberhausen und Bottrop. Durch das Hochwasser sei das Uferfiltrat von Flusswasser beeinträchtigt worden, hieß es in einer Mitteilung.
    +++ Bundeskanzlerin Angela Merkel stellt den Opfern der Überschwemmungen die Hilfe der Bundesregierung in Aussicht. Man werde in der Bundesregierung besprechen, welche Hilfe man bei den anstehenden Aufbauarbeiten leisten könne, sagt Merkel in Washington. Bund, Ländern und Gemeinden würden "alles daran setzen, auch unter schwierigsten Bedingungen Leben zu retten, Gefahren abzuwenden und Not zu lindern."
    +++ Die schweren Folgen der Umweltkatastrophe in Nordrhein-Westfalen waren laut Umweltministerin Heinen-Esser (CDU) nicht zu verhindern. In ihrer Intensität und örtlichen Ausprägung seien derartige Extremwetter schwer vorherzusagen, sagte die Ministerin dem "Kölner Stadt-Anzeiger". In einigen Regionen seien Wassermassen niedergegangen, die in vielen Fällen alles bisher Gemessene überschritten hätten.
    +++ Mehr als 50 Hamburger Kräfte der Bereitschafts- und der Wasserschutzpolizei haben sich zur Unterstützung auf den Weg nach Nordrhein-Westfalen gemacht. Sie sollen nach Angaben eines Sprechers voraussichtlich im Rhein-Erft-Kreis eingesetzt werden. Die Einsatzkräfte haben neben zahlreichen Fahrzeugen auch 15 Boote dabei.
    +++ Bundespräsident Steinmeier hat sich bestürzt wegen der Folgen der verheerenden Überschwemmungen in vielen Teilen Deutschlands mit immer mehr Toten gezeigt. Sein tiefes Mitgefühl gelte den Verstorbenen und ihren Angehörigen, erklärte Steinmeier.
    +++ Schaulustige behindern laut der Polizei die Einsatzkräfte in den Hochwassergebieten. Was die Hilfskräfte überhaupt nicht gebrauchen könnten, seien "Gaffer, von denen einige offenbar nichts Eiligeres zu tun hatten, als die Anfahrts- und Rettungswege zu belegen", twitterte der Koblenzer Polizeisprecher Sopart.
    +++ Neben Deutschland sind auch die Nachbarstaaten Belgien, Luxemburg und die Niederlande von schweren Unwettern getroffen worden. Im ostbelgischen Verviers starben vier Menschen, wie die Staatsanwaltschaft der rund 30 Kilometer von der deutschen Grenze entfernten Kleinstadt mitteilte.
    +++ Die Zahl der Toten durch die Unwetter in Rheinland-Pfalz und Nordrhein-Westfalen ist auf mindestens 42 gestiegen. Besonders stark betroffen waren der Raum Bad Neuenahr-Ahrweiler mit 18 Toten und das südlich von Köln gelegene Euskirchen mit 15 Toten, wie die zuständigen Polizeistellen jeweils mitteilten. Teilweise konnten die Toten noch nicht geborgen werden, weiterhin wurden auch Menschen vermisst.
    Ein Klavier liegt im Schutt unter einer unterspülten Straße im Kreis Ahrweiler am Tag nach dem Unwetter mit Hochwasser. Mindestens sechs Häuser wurden durch die Fluten zerstört.
    Ein Klavier liegt im Schutt unter einer unterspülten Straße in dem Ort im Kreis Ahrweiler am Tag nach dem Unwetter mit Hochwasser. Mindestens sechs Häuser wurden durch die Fluten zerstört. (picture alliance / dpa / Thomas Frey)
    +++ Die Unwetterschäden haben massive Auswirkungen auf den Bahnverkehr. Nach Angaben der Deutschen Bahn ist die wichtige Fernverkehrsstrecke Köln-Düsseldorf-Essen-Dortmund nur mit erheblichen Einschränkungen befahrbar. Der internationale Fernverkehr zwischen Köln und Brüssel ist unterbrochen. Auch bei vielen weiteren Verbindungen gibt es Ausfälle.
    +++ Der Westdeutsche Rundfunk hat Lücken in der Berichterstattung über die Starkregen-Katastrophe in Nordrhein-Westfalen eingeräumt. Zugleich wies der Sender aber darauf hin, dass er selbst von dem Unwetter betroffen gewesen sei. Der WDR reagierte damit auf Vorwürfe in sozialen Netzwerken und Kritik aus der Medienbranche.
    ++In Stolberg bei Aachen kam es nach Polizeiangaben zu einzelnen Plünderungsversuchen von Geschäften. Demnach meldeten in drei Fällen Zeugen, dass sich Personen in überschwemmten Läden befänden. Die Polizei nahm an einem Juweliergeschäft einen Verdächtigen fest.
    +++ In der Gemeinde Kordel im Landkreis Trier-Saarburg sind wegen des Hochwassers mehrere hundert Menschen mit Booten in Sicherheit gebracht worden. Wegen überschwemmter Zufahrtswege war der Ort mit 2000 Einwohnern abgeschnitten.
    +++ In Eschweiler bei Aachen wird das Krankenhaus evakuiert. Intensivpatienten würden per Rettungshubschrauber vom Dach abgeholt und in andere Kliniken gebracht, sagte eine Sprecherin der Region. Die anderen der rund 300 Patienten sollen im Laufe des Tages in umliegende Krankenhäuser verlegt werden oder seien vorzeitig nach Hause entlassen worden.
    +++ Wegen der Gefahr eines Dammbruchs an der Steinbachtalsperre in Nordrhein-Westfalen werden zwei Ortsteile von Rheinbach evakuiert. Das teilte die Feuerwehr mit. Es handle sich um eine Vorsichtsmaßnahme, da nicht sicher sei, ob der Damm gehalten werden könne. In Rheinbach stehen auch Server der Bundes-CDU. Wegen eines Stromausfalls durch die Überflutungen hat die Partei Probleme mit dem E-Mail-Verkehr und dem Internet-Auftritt.
    +++ Die Einsatzkräfte in Solingen haben in den vergangenen Stunden etwa 130 Menschen im Stadtgebiet aus akuter Not vor dem Hochwasser gerettet. Das sagte ein Sprecher der Feuerwehr. "Wir haben die Menschen über Drehleitern, Boote, Bojen herausgeholt. Es war alles improvisiert." In zwei Situationen hätten sich Einsatzkräfte zudem auf Tanklöschfahrzeugen in Sicherheit bringen müssen.
    +++ Bundeskanzlerin Merkel hat sich bestürzt zu den Überschwemmungen in Rheinland-Pfalz und Nordrhein-Westfalen geäußert und den Helfern gedankt. "Ich bin erschüttert über die Katastrophe, die so viele Menschen in den Hochwassergebieten durchleiden müssen", erklärte Merkel laut einem Tweet von Regierungssprecher Seibert . "Mein Mitgefühl gilt den Angehörigen der Toten und Vermissten. Den vielen unermüdlichen Helfern und Einsatzkräften danke ich von Herzen."
    +++ Der nordrhein-westfälische Ministerpräsident Laschet sichert den vom Unwetter betroffenen Kommunen finanzielle Unterstützung zu. "Hilfe des Landes ist erforderlich", sagte der CDU-Vorsitzende. "Wir werden die Kommunen, die betroffenen, nicht alleine lassen." Die Schäden seien allerdings noch nicht messbar. Am Freitag werde das Landeskabinett zu einer Sondersitzung zusammenkommen, um die Lage zu analysieren. Als Konsequenz aus der Hochwasser-Katastrophe im Westen Deutschlands hat der Unions-Kanzlerkandidat eine schnellere Umsetzung von Klimaschutzmaßnahmen gefordert. Die Häufung von Starkregen- und Hitzeepisoden sei "verbunden mit dem Klimawandel", erklärte Laschet. "Das bedeutet, dass wir bei den Maßnahmen zum Klimaschutz mehr Tempo brauchen - europäisch, bundesweit, weltweit", fügte er hinzu.
    +++ Das Hochwasser hat die Stadt Trier erreicht. Der Ortskern des Stadtteils Ehrang sei überschwemmt und werde evakuiert. Den Angaben zufolge sind 1.600 Menschen betroffen. Ein von der Stadt veröffentlichtes Video zeigte, wie Feuerwehrleute auf dem Dach eines Feuerwehrwagens stehen und versuchen, Anwohner aus einem Wohnhaus zu retten. In großen Teilen von Ehrang gibt es keinen Strom mehr.
    Der Landkreis Trier-Saarburg meldete drei im Fluss Sauer treibende Menschen, deren Rettung sich als schwierig erweise. Es könnten wegen der starken Strömung keine Boote eingesetzt werden.
    +++ Die Zahl der Todesopfer nach den schweren Unwettern im nördlichen Rheinland-Pfalz ist nach Angaben des rheinland-pfälzischen Innenministers Lewentz (SPD) auf fünf gestiegen. Alle seien nach bisherigen Erkenntnissen im Kreis Ahrweiler in den Fluten ums Leben gekommen. Der Minister fügte hinzu, dass noch 50 bis 70 Menschen in der Katastrophenregion vermisst würden. Unklar sei zurzeit, ob es sich dabei um Menschen handle, die vielleicht in Urlaub seien, oder ob sie im Unwetter bei Bekannten untergekommen oder in einer schwierigen Situation seien.
    +++ In Rheinland-Pfalz wird der Wasserstand der Mosel nach Einschätzung der Hochwasservorhersagezentrale des Landesumweltamtes noch bis zum späten Nachmittag steigen. Zahlreiche Zufluss-Pegel verzeichneten derzeit historische Höchststände.
    +++ Der Höhepunkt der extremen Niederschläge in Teilen Deutschlands ist nach Einschätzung des Deutschen Wetterdienstes (DWD) überschritten. Der DWD-Meteorologe Marco Manitta erwartet für heute "eine Entspannung der Wetterlage". Zwar könne es weiterhin punktuellen Starkregen geben, dieser sei aber nicht mehr so verbreitet wie in der vergangenen Nacht, sagte Manitta der Deutschen Presse-Agentur. "Das Unwetterpotenzial sinkt deutlich."
    Die größten Niederschlagsmengen gab es Manitta zufolge in einem breiten Streifen vom Sauerland über das Bergische Land und die Eifel, den Großraum Köln/Bonn bis zur Grenze nach Luxemburg. Spitzenreiter war Rheinbach-Todenfeld im Rhein-Sieg-Kreis in Nordrhein-Westfalen mit 158 Millimeter Wasser im Messzeitraum 24 Stunden - wobei das meiste davon in kürzerem Zeitraum vom Himmel fiel, wie der Experte erklärte. Danach folgte Köln-Stammheim mit 154 Millimetern. Der gemessene 24-Stunden-Zeitraum hatte um 8.00 Uhr am Mittwochmorgen begonnen.
    +++ Bayern bietet Nordrhein-Westfalen und Rheinland-Pfalz Hilfe an. "In dieser schlimmen Situation ist Solidarität gefragt", twitterte der bayrische Ministerpräsident Markus Söder. "Unsere Gedanken sind bei den Opfern der Fluten und ihren Angehörigen."
    +++ Die Feuerwehr der Stadt Wuppertal rechnet nicht vor heute Nachmittag mit einem Rückgang des Pegelstandes der Wupper. Er sei noch immer extrem hoch, schrieb die Stadt auf Twitter. Vorher könnten die Wassermassen auch nicht abgepumpt werden. Andernfalls pumpe man das Wasser "direkt in den nächsten Keller".
    +++ Der nordrhein-westfälische Ministerpräsident Laschet hat die Stadt Altena im Märkischen Kreis besucht, wo gestern ein 46-jähriger Feuerwehrmann bei einem Hochwasser-Einsatz ums Leben gekommen war. Der Mann war nach der Rettung einer Person aus einem überfluteten Stadtteil ins Wasser gestürzt und abgetrieben. Er wurde später tot geborgen. Laschet informierte sich in Altena über die Lage, wie die Deutsche Presse-Agentur aus Regierungskreisen erfuhr. Anschließend fuhr er weiter nach Hagen, wo die Unwetter Teile der Stadt verwüstet haben.
    +++ Die rheinland-pfälzische Ministerpräsidentin Dreyer hat sich bestürzt über die schweren Unwetter gezeigt. Im Landtag in Mainz sprach die SPD-Politikerin von einer Katastrophe. Es sei wirklich verheerend, betonte Dreyer. Ganze Orte seien überflutet, Häuser seien einfach weggeschwommen. Weiter erklärte die SPD-Politikerin, gemeinsam mit Innenminister Lewentz werde sie sich einen Eindruck der Lage vor Ort verschaffen. Zuvor hatte der Landtag mit einer Schweigeminute der Opfer gedacht.
    +++ Nach den verheerenden Regenfällen in Teilen Nordrhein-Westfalens fordern die Grünen in dem Bundesland konsequenten Hochwasserschutz in bedrohten Kommunen. Die Häufung von Starkregenereignissen sei eine Folge des voranschreitenden Klimawandels, erklärten die Fraktionsvorsitzenden Schäffer und Paul. Um die Städte und Gemeinden "klimafester" zu machen, brauche es finanzielle und personelle Unterstützung des Landes. Zum Hochwasserschutz gehöre unter anderem, die Versiegelung von Flächen zu reduzieren und Flächen zu schaffen, in denen große Wassermengen versickern könnten.
    +++ Auch im Kreis Euskirchen in Nordrhein-Westfalen ist die Lage dramatisch. Derzeit seien acht Todesfälle bekannt, teilte der Kreis via Facebook mit. "Die Kommunikation ist weitgehend ausgefallen, in vielen Teilen des Kreises sind Internet und Telefonverbindungen eingeschränkt", heißt es in dem Situationsbericht. Auch die Notfallnummer 112 sei nicht erreichbar. Sehr kritisch sei die Lage in Schleiden, Gemünd und Oberhausen. "Es finden Menschenrettungen statt. Teilweise besteht kein Zugang."