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Urteil
Beamte dürfen weiterhin nicht streiken

Beamten ist es auch weiterhin verboten, zu streiken. Das hat das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig entschieden. Geklagt hatte dagegen eine Lehrerin. Das Gericht sieht gleichzeitig jedoch auch einen Widerspruch zwischen dem deutschen Beamtenrecht und der europäischen Menschenrechtskonvention.

Von Ronny Arnold | 27.02.2014
    Verbeamtete Lehrer durften bis zum heutigen Tag nicht streiken - und das wird auch auf absehbare Zeit so bleiben. Denn das Leipziger Bundesverwaltungsgericht hat in der Sache ein klares Urteil gefällt, so Gerichtssprecherin Renate Philipp:
    "Das Streikverbot für Beamte gehört zu den hergebrachten Grundsätzen des Berufsbeamtentums und hat damit in Deutschland Verfassungsrang. Es gilt unabhängig davon, ob ein Beamter hoheitlich tätig wird oder, wie Lehrer, eben nicht."
    Klägerin: "Widerspruch klargestellt"
    Alle Beamten sind demnach gleich zu behandeln: egal ob bei der Polizei, in der Verwaltung oder eben als Lehrer. Geklagt hatte die ehemals verbeamtete Realschullehrerin Monika Dahl aus Nordrhein-Westfalen. Ehemalig, weil sie mittlerweile auf eigenen Wunsch aus dem Beamtenverhältnis ausgeschieden ist. Sie hatte ohne Genehmigung an drei Tarif-Warnstreiks teilgenommen, sollte deshalb aus disziplinarischen Gründen 1.500 Euro zahlen. Das Gericht hat diese Summe auf 300 Euro herabgesetzt. Ein kleiner Erfolg, doch darum ging es Monika Dahl nicht hauptsächlich. Sie ist aus einem anderen Grund zufrieden.
    "Ich bin ganz zufrieden mit dem Ausgang des Prozesses, weil jetzt klargestellt worden ist, dass es einen Widerspruch gibt zwischen dem deutschen Recht und den europäischen Menschenrechten. Es geht auch darum, das Streikrecht zu erwirken und hier das Rechtsverständnis in Deutschland zu erweitern und eine andere Gesetzgebung letztendlich zu bewirken."
    Tatsächlich stehen die Chancen dafür nach dem heutigen Urteil gar nicht so schlecht. Denn die fünf Richter haben zwar prinzipiell das Streikverbot für Beamte bestätigt, gleichzeitig aber darauf hingewiesen, dass es einen klaren Widerspruch zur europäischen Rechtsauffassung gibt - und zur europäischen Konvention für Menschenrechte, bestätigt auch Renate Philipp:
    "Nach dieser Konvention haben auch Staatsbedienstete grundsätzlich ein Streikrecht. Damit besteht ein Widerspruch zwischen der deutschen und der europäischen Rechtslage und der europäischen Menschenrechtskonvention. Diesen Widerspruch kann nicht die Rechtsprechung auflösen, sondern da ist der Gesetzgeber gefordert."
    Nächster Schritt Bundesverfassungsgericht
    Diesen Widerspruch soll der Gesetzgeber auflösen, er hat dafür mehrere Möglichkeiten: Zum Beispiel könnte er Beamte bestimmen, die tatsächlich hoheitlich tätig sind und dort ein Streikverbot geltend machen. Nicht-hoheitliche Beamte, eben auch Lehrer, dürften dann unter Umständen streiken. Für die Übergangszeit gilt der heutige Urteilsspruch mit dem Verbot. Monika Dahl will indes nicht auf den Gesetzgeber warten.
    "Es wird weiter gehen, ganz klar. Deswegen ist der nächste Schritt das Bundesverfassungsgericht und danach der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte in Strasbourg."