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US-Artenschutz
Trump will Gesetz zum Schutz bedrohter Tierarten kippen

Schon Trumps Umweltminister Scott Pruitt setzte alles daran, das umweltpolitische Erbe Barack Obamas auszulöschen. Jetzt versucht der US-Präsident, ein 45 Jahres altes Bundesgesetz zum Schutz bedrohter Tier- und Pflanzenarten einzustampfen - für die Interessen der Öl- und Gasindustrie.

Von Thilo Kößler | 25.07.2018
    Ein Braunbär läuft durch die herbstlichen Tundra im Denali Nationalpark in Alaska.
    Ein Braunbär läuft durch die herbstlichen Tundra im Denali Nationalpark in Alaska. (imago / blickwinkel / S. Meyers)
    Senator John Barrasso ist nicht nur republikanischer Senator aus dem Bundesstaat Wyoming. Er ist auch Autor eines Gesetzentwurfs, der vor ein paar Tagen bekannt wurde und nun Natur- und Umweltschützer auf den Plan ruft. Damit nicht genug, ist John Barrasso auch noch Vorsitzender des Umweltausschusses im Senat, der eine öffentliche Anhörung von Experten mit einem klaren Plädoyer beendete: "30 Jahre lang hätten sich die Verfechter des Gesetzes zum Schutz bedrohter Wildtierarten gegen alle Reformversuche gesperrt. Jetzt sei es an der Zeit zu handeln", so Barrasso.
    Die Gegner dieser Reform sehen in dem Vorstoß des streitbaren Senators einen konzertierten Generalangriff des Präsidenten, des Innenministers, der Republikaner und der Wirtschaft auf ein Bundesgesetz, das 1973 von Präsident Nixon ins Leben gerufen wurde und seither bedrohten Tier- und Pflanzenarten einen besonderen Schutz gewährt. Die Attacke auf den sogenannten "Endangered Species Act" ist Teil des von Donald Trump angekündigten Programms zur Deregulierung amerikanischer Bundesgesetze und zur administrativen Aufwertung der Einzelstaaten.
    "Endangered Species Act" beispiellose Erfolgsgeschichte
    Tatsächlich ist das Ziel jedoch weitergesteckt: So, wie das Umweltministerium schon unter Scott Pruitt – der wegen Korruptions-vorwürfen seinen Hut nehmen musste – praktisch alle Umweltauflagen der Obama-Administration zurückgedreht hat, so schickt sich jetzt das Innenministerium an, den Artenschutz offenkundigen Industrieinteressen zu opfern. Und das, obwohl das Gesetz zum Schutz bedrohter Wildtierarten auf eine beispiellose Erfolgsgeschichte zurückblicken kann, wie der demokratische Senator Cory Booker aus New Jersey in der Anhörung festhielt: "99 % aller Tierarten, die seit Bestehen des Gesetzes auf die Liste der gefährdeten oder vom Aussterben bedrohten Tierarten gesetzt wurden, hätten so nachhaltig geschützt werden können, dass ihr Bestand heute als gesichert gilt", sagte Booker.
    Ohne das Bundesgesetz des "Endangered Species Act" hätte der Grizzly in den Wäldern Montanas wohl ebenso wenig überleben können wie der Amerikanische Alligator in Florida oder der Weißkopf-Seeadler an den Küsten der USA. Künftig sollen vor allem die Einzelstaaten über die Schutzmaßnahmen wachen – damit werde die Durchschlagskraft des Gesetzes aber entscheidend geschwächt, sagen Kritiker. Die Bestimmung, wonach wirtschaftliche Überlegungen keine Rolle spielen dürfen, wenn eine Tier- oder Pflanzenart unter Schutz gestellt wird, soll entfallen. Die Anweisung, keinen Unterschied mehr zwischen gefährdeten und vom Aussterben bedrohten Tier- und Pflanzenarten zu machen - gestrichen. Die Verpflichtung, zunächst die Umweltbehörden zu konsultieren, ehe über die wirtschaftliche Nutzung von Land und Ressourcen entschieden wird – gestrichen.
    Artenschützer sehen Wunschliste der Energielobbyisten erfüllt
    Fassungslose Natur- und Umweltschützer sowie Tierschutzverbände sehen mit diesem umweltpolitischen Streichkonzert die jahrzehntelange Wunschliste vor allem der Energielobbyisten erfüllt. Tatsächlich werden damit die Bestimmungen entscheidend gelockert, die bisher Öl- und Gasbohrungen oder großflächigen Rodungen für Fracking-Vorhaben im Weg standen. Innenminister Ryan Zinke – unlängst wegen unsauberer Immobiliengeschäfte ins Gerede gekommen – war vor seiner Berufung ins Kabinett Donald Trumps ein bekannter Öl- und Gas-Lobbyist. Noch läuft das Anhörungsverfahren. Aber es gilt als sicher, dass die Republikaner ihre Machtposition nutzen werden, um das neue Gesetz noch vor den Zwischenwahlen im November durch den Kongress zu peitschen. Da wird wohl auch das Plädoyer von Matthew Strickler nichts mehr ausrichten – der Minister für natürliche Ressourcen aus Virginia sagte dem Senat, sein Gouverneur und er selbst sähen den Artenschutz als Gelegenheit und moralische Verpflichtung. Nicht aber als Hürde und Behinderung.