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US-Dienst "Snopes"
"Der Begriff 'Fake News' ist nutzlos geworden"

"Snopes" ist das älteste Online-Angebot in den USA, das versucht Falschnachrichten zu entlarven. Während es früher eher um krude Zeitungsmeldungen ging, beschäftigt sich das Team heute fast ausschließlich mit politischen Falschnachrichten - und kritisiert Facebook und Google.

Von Marcus Schuler | 12.03.2018
    Die Website Snopes.com ist in einem Browser geöffnet und auf einem Bildschirm zu sehen
    Der US-Online-Dienst "Snopes" hat es sich zur Aufgabe gemacht, Falschnachrichten zu entlarven (Snopes.com)
    David Mikkelson sagt, dass ihm seit Job längst nicht mehr vor viel Spaß macht, wie früher. Das war vor 20 Jahren. Doch spätestens seit dem Wahlkampf 2016 als Donald Trump als Sieger der Präsidentschaftswahlen hervorgegangen war, muss sich Mikkelson und sein 15-köpfiges Team fast ausschließlich mit politischen Falschnachrichten beschäftigen.
    "Der Begriff hat seine Bedeutung verloren als der Präsident die Bezeichnung für alles verwendete, was ihm nicht gefiel. Also zum Beispiel die New York Times oder CNN. Der Begriff ist nutzlos geworfen. Wir sollten uns eine neue Begrifflichkeit ausdenken."
    "Im Netz gibt es keinen Torwächter mehr"
    Früher war wirklich alles besser, sagt 58-jährige Mikkelson, der ursprünglich mal Programmierer war. Als die Website 1994 online ging, also noch weit bevor es Google oder Facebook gab, da war es Ziel, krude Zeitungs-Geschichten zu entlarven. Wie zum Beispiel: "Frau bringt im Aufzug zehn Katzenbabys zur Welt".
    "Wir haben unsere Nachrichten aus denselben Quellen bezogen. Es gab drei TV-Networks. Heute erhalten viele Menschen Nachrichten über die sozialen Netzwerke. Nämlich das, was Freunde oder Verwandte dort teilen. Das Internet hat alles gleich gemacht. Im Netz gibt es keinen Torwächter mehr, der sagt, was wichtige und echte Nachrichten sind."
    "Das Branding ist verloren gegangen"
    Snopes ist nicht nur das älteste Online-Angebot in den USA, das versucht Falschnachrichten zu entlarven, es ist auch eines der angesehensten Angebote. Fernsehsender und Online-Dienste zitieren gerne die Recherchearbeit von Snopes. Wie so häufig in diesen Tagen stehen vor allem Facebook und Twitter in der Kritik. Das wird auch auf dieser South-by-Southwest in Austin deutlich. Ein Ursache ist zum Beispiel: Bei Facebook, geht die Wiedererkennung bekannter Nachrichtenmarken verloren, sagt Mikkelson.
    "Marke und Inhalt sind getrennt. Schaut man sich einen Social-Media-Artikel der New York Times an, dann sieht der genauso aus wie ein Post von Breitbart oder ein Artikel ihres bloggenden Vetters Larry. Das Branding ist verloren gegangen."
    "Es ist kein Ende in Sicht"
    Facebook und Google hätten zu lange nichts gegen windige Geschäftemacher unternommen, meint Mikkelson. Wie zum Beispiel die Jugendlichen aus Mazedonien, die mit gefälschten Zeitungsartikeln tausende Amerikaner auf ihre Website lockten und dafür Werbegelder kassierten. Am schlimmsten seien jedoch die politischen Falschnachrichten, so Mikkelson. Die würden weiter zunehmen.
    "Das endet nie. Je mehr Artikel wir veröffentlichen, umso häufiger poppen wieder neue Falschnachrichten auf. Es ist kein Ende in Sicht."
    Die Frustration ist Mikkelson deutlich anzumerken. So gerne würde er lieber mal wieder eine klassische Yello-Press-Geschichte widerlegen, wie zum Beispiel: "Ehepaar stellt nach Gen-Analyse fest: Wir sind Geschwister." Doch diese Zeiten sind vorbei.