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US-Forscher
Masernimpfung hat positive Nebeneffekte

Die Masernimpfung ist einer der ganz großen Erfolge der Medizin - allen Behauptungen von Impfskeptikern zum Trotz. Das liegt unter anderem daran, dass diese Impfung nicht nur vor dem Masernvirus schützt, sondern indirekt auch vor anderen Krankheiten. Warum das so ist, beschreibt jetzt eine neue Studie in der Zeitschrift Science.

Von Volkart Wildermuth | 08.05.2015
    Ein Mann wird gegen Masern geimpft.
    Der Masernimpfstoff ist sogar noch besser, als bisher gedacht. (picture alliance / dpa / Lukas Schulze)
    Es gibt kaum eine effektivere und kostengünstigere Möglichkeit, die Gesundheit der Bevölkerung zu verbessern, als die Masernimpfung. Sie leistet weit mehr, als nur Masern zu verhindern, betont der Evolutionsbiologe Michael Mina von der US-amerikanischen Princeton Universität.
    "Immer, wenn die Masernimpfung in einem Land eingeführt wurde, dann sank die Kindersterblichkeit erheblich, und zwar nicht nur die Sterblichkeit durch Masern, sondern auch durch andere Infektionen. Das war tatsächlich ein Rätsel."
    Der Impfstoff scheint das Immunsystem für wenige Monate ganz generell zu stärken, ein positiver Effekt, der besonders in Entwicklungsländern wichtig ist. Der positive Einfluss der Impfung hält allerdings über mehrere Jahre an. Und das, so nimmt Michael Mina an, hängt weniger mit dem Impfstoff, als mit dem Masernvirus zusammen.
    Positiver Nebeneffekt der Masernimpfung: Immunsystem wird gestärkt
    Das ist offenbar gefährlicher als allgemein angenommen. Es löst nicht nur akut eine Krankheit aus, sondern schwächt das Immunsystem zusätzlich für lange Zeit und öffnet so anderen Erregern die Tür. Michael Mina spricht von einem Schatten der Masern. Um ihn sichtbar zu machen, hat er sich die Daten zu Masernepidemien und zu den Todesfällen aufgrund anderer Infektionskrankheiten in den USA, in England und Dänemark aus den vergangenen Jahrzehnten angesehen.
    "Wir haben das statistisch analysiert, und wenn wir annehmen, dass der negative Effekt 28 Monate anhält, dann gibt es einen ganz engen Zusammenhang zwischen der Zahl der Masernfälle und den Todesraten aufgrund anderer Infektionen in den folgenden zwei, drei Jahren. Man kann sogar nur aufgrund der Maserndaten die generelle Sterblichkeit durch Infektionen vorhersagen. Die Masern sorgen dafür, dass ein Kind die nächsten zwei oder drei Jahre auch durch andere Erreger besonders gefährdet ist."
    Masern sind keine gutartige Krankheit
    Leider liegt für dieses Bild keine Bildbeschreibung vor
    Ein Partikel des Masernvirus mit einer Zelle unter dem Transmissionselektronenmikroskop. (Aufnahme der CDC) (dpa/picture alliance)
    Als dann die Masernimpfung eingeführt wurde, verschwand nicht nur weitgehend das Masernvirus, sondern zusätzlich wurden auch andere Infektionskrankheiten weniger gefährlich. Eine ähnliche Analyse zum Keuchhusten ergab dagegen keinerlei Effekt. Das Masernvirus ist also ganz besonders problematisch für die Menschen. Das liegt wahrscheinlich daran, dass dieses Virus speziell auch die Gedächtniszellen des Immunsystems angreift, es löscht sozusagen das immunologische Wissen des Körpers.
    "Nach einer Weile gibt es wieder genug Abwehrzellen im Blut, aber die richten sich fast nur noch gegen die Masern. Das ist einerseits gut, das Kind wird nie wieder Masern bekommen. Auf der anderen Seite kann es sich jetzt schlechter gegen eine Vielzahl anderer Erreger verteidigen."
    Deshalb ist das Masernvirus so gefährlich und deshalb ist die Masernimpfung so wirkungsvoll und so wichtig.
    "Die Masern sind keine gutartige Krankheit, und die Menschen sollten bei der Impfung nicht nachlässig sein. Die Masern beeinflussen die Immunabwehr für lange Zeit sehr negativ, und das führt zu einer erhöhten Sterblichkeit. Ich hoffe, dass die Leute verstehen, dass der Masernimpfstoff sogar noch besser ist, als bisher gedacht. Er hilft die Krankheitszahlen und die Kindersterblichkeit zu senken."
    Das gilt auch in Industrienationen wie den USA oder Deutschland, betont Michal Mina: Wenn ein Kind im Schatten einer Maserninfektion etwa eine bakterielle Lungenentzündung entwickelt, dann müsste es in einem gut ausgestatteten Gesundheitssystem wie in den USA oder Deutschland vielleicht nicht sterben, aber es würde sicher zwei oder drei Wochen schwerstkrank in der Klinik liegen.