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US-Gesundheitsreform
Proteste gegen Abschaffung von Obamacare

Seit US-Präsident Donald Trump im Amt ist, versuchen die Republikaner, das halb-staatliche Gesundheitssystem Obamacare wieder abzuschaffen - begleitet von öffentlichen Protesten. Unter den Aktivisten ist auch eine Mutter, die um das Überleben ihrer Tochter kämpft.

Von Marc Hoffmann | 27.12.2017
    Ein eingegipster Unterarm, auf dem "I love Obamacare" steht
    Ein Fan von Obamacare (picture alliance/ dpa/ Yoon S. Byun)
    Mit Megaphon und großen, bunten Plakaten sind sie vor die Büros der Senatoren gezogen. "Schämt Euch!", hallt es durch die Gänge. Rebecca Wood ist ganz vorne mit dabei. In den vergangenen zwölf Monaten war sie protestierender Dauergast im Kapitol.
    "Unser Gesundheitssystem ist kaputt. Es ist Zeit für eine allgemeine Krankenversicherung - für alle. Damit Familien nicht mit Entscheidungen konfrontiert sind, wie ich es war."
    Eine Frage der Gerechtigkeit
    Es geht um eine Frage der Gerechtigkeit, sagt Rebecca. Der linksliberale Politiker Bernie Sanders hatte sie im Herbst sogar auf die Bühne geholt, um ihre Geschichte zu erzählen. Neben ihr steht Charlie, ihre fünfjährige Tochter. Sie ist der Grund für Rebeccas unermüdlichen Einsatz.
    "Vor zwei Jahren, brach einer meiner Schneidezähne ab. Ich brauchte eine Krone. Zur gleichen Zeit war eine Arztrechnung meiner Tochter fällig. Ich entschied, ihre Behandlung zuerst zu bezahlen und im nächsten Monat könnte ich dann die Zahnkrone bezahlen. In der Zwischenzeit entzündete sich der Zahn. Die Entzündung breitete sich über den gesamten Kiefer aus. Dadurch verlor ich alle meine Zähne und Teile des Kiefers."
    Behandlungen mit staatlicher Unterstützung
    Ihre Tochter geht vor. Charlie war drei Monate zu früh auf die Welt gekommen. Ihr Leben hing am seidenen Faden. Bis heute ist das Mädchen auf spezielle medizinische Betreuung angewiesen. Sie muss mit einigen Einschränkungen leben. Man sieht es ihr allerdings nicht an. Obamacare und das staatliche Gesundheitsprogramm Medicaid retteten ihr das Leben. Nur durch die Unterstützung waren ihre Behandlungen bezahlbar, erklärt Rebecca.
    "Wir protestieren ja nicht, weil wir dickköpfig sind und weil wir unsere Regierung nicht mögen. Ich kämpfe ums Überleben - ums Leben meiner Tochter und für ihre Zukunft. Würden Sie das nicht auch für Ihr Kind tun?!"
    Rückschlag für Protestgruppe
    Seit US-Präsident Trump im Amt ist, lassen die Republikaner nichts unversucht, das vor sieben Jahren eingeführte halb-staatliche Gesundheitssystem Obamacare wieder abzuschaffen. Zwei Mal scheiterten sie damit im US-Senat. Rebecca und ihre Mitstreiter verbuchen das auch als ihren Erfolg. Doch Donald Trump gibt nicht auf und versucht Obamacare auszutrocknen. Und Rebecca denkt nicht ans Aufgeben. Im Gegenteil. Sie hat sich vor ein paar Monaten einer Gruppe angeschlossen, die - wie sie es formuliert - zivilen Ungehorsam leistet.
    Sie setzen sich vor die Büros der Senatoren und stehen nicht mehr auf. Oder sie ergreifen mitten in einer Ausschusssitzung das Wort, so wie vor einigen Wochen.
    Der Ausschussvorsitzende ruft die Polizei zur Hilfe. Die Beamten tragen die Unruhestifter unter Protest heraus. Auch Rebecca. Mindestens viermal wurde sie in den vergangenen Monaten von der Capitol Police festgenommen. "Für ihre Tochter Charlie!", ruft sie. Sie stehlen ihr die Zukunft!
    Unbeeindruckt von Protesten haben die Republikaner noch kurz vor Weihnachten ein Kernelement von Obamcare abgeschafft, nämlich die Versicherungspflicht, heimlich zusammen mit der Steuerreform. Ein Rückschlag. Doch Rebecca will weiterkämpfen Auch 2018.