US-Komponist

Partysüchtig auf Lebenszeit

Der Stern von Cole Porter auf dem Hollywood Walk of Fame in Los Angeles wurde posthum am 21.5.2007 eingesetzt
Mit einem Stern auf dem Hollywood Walk of Fame in Los Angeles wurde Cole Porter im Mai 2007 posthum geehrt © picture alliance / dpa / Michael Germana
Von Karl Lippegaus · 15.10.2014
Seine erste Broadway-Produktion war ein Flop - doch das hielt ihn nicht auf: Cole Porter schrieb sich mit seiner Musik in die erste Liga der Autoren des Great American Songbooks. Auf dem Höhepunkt seiner Karriere lebte er wie ein König. Vor 50 Jahren ist er gestorben.
Songschreiben ist eine komplizierte Kunst. Cole Porter war ein Meister darin. Und einer der wenigen großen Songschreiber, die beides konnten, Musik und Text. Jeden Tag schrieb er einen Song – einfach, weil es ihm Spaß machte. Auf der Höhe seiner Laufbahn lebte er wie ein König – in einem Palazzo in Venedig, einer Luxus-Suite im Waldorf Astoria-Hotel in New York oder einem Penthouse in Hollywood. Cole Porter schuf sich eine Art Deco-Welt, in der seine Figuren sangen und tanzten, wo der Champagner sprudelte wie Wasser aus einer unsichtbaren Quelle. Doch er selbst schaute darauf mit unnachahmlicher ironischer Distanz.
Sein Kollege Richard Rodgers sagte:
"Wenigen ist klar, wie architektonisch seine Musik ist. Da sind ein Fundament, eine Struktur und eine Ausschmückung. Dann kommt die Emotion, die er hineinlegt, und das Resultat ist Cole Porter."
Coles Mutter hatte ihre ersten beiden Kinder kurz nach ihrer Geburt verloren. Ihr drittes Kind hütete sie wie ihren Augapfel. Dieser Sohn, der am 9. Juni 1891 geboren war, sollte etwas Besonderes werden. Der kleine Junge musizierte und sang schon vor Publikum, als er gerade laufen gelernt hatte. Mit zehn Jahren veröffentlichte er mit Mamas Hilfe eine Operette. Geige und Klavier spielte er eher widerwillig, doch seine Mutter Kate Porter, die Tochter des reichsten Mannes von ganz Indiana, war unerbittlich.
Alles wurde ein Song
Cole schrieb fortan Lieder über seine Freunde, seine Lehrer und die Leute aus der Nachbarschaft – alles wurde ein Song. Der kleine schmächtige Junge mit den schönen großen Augen verzauberte alle Welt mit seinem Talent und Charme, seinem Humor und Esprit.
Schon vor dem Ersten Weltkrieg hatte Cole Porter erste Reisen durch Frankreich, Deutschland und die Schweiz unternommen. 1909 begann er ein Studium an der Yale-Universität, in Anglistik, Musik und Romanistik. Schon in Yale entstanden 300 Songs. Damals fand er Geschmack am Nachtleben in New York. Er wurde partysüchtig auf Lebenszeit, stets brauchte er Gesellschaft; wenn er eins hasste, war es, alleine irgendwo herum zu hocken. Von der Yale-Universität wechselte er nach Harvard, brach sein gerade begonnenes Jura-Studium ab und widmete sich fortan nur noch der Musik. Seine erste Broadway-Produktion wurde ein Flop - doch nichts konnte ihn mehr aufhalten.
Eine Freundin erzählte:
"1918 lernte er die acht Jahre ältere Linda Thomas kennen, die doppelt so reich war wie er selbst und seine Frau wurde. Dass ihr Partner Männer liebte, störte sie nicht. In einer früheren Liaison war sie von einem Ehemann so übel behandelt worden, dass sie von Heteros ein für alle Mal genug hatte. Ihren Cole protegierte sie noch mehr, als es seine Mutter getan hatte. Ihre Ehe war eine sehr glückliche und erfüllte, auch ohne Sex."
Revolutionär für das prüde Amerika
"Let's do it." Wie unverblümt das bei Cole Porter klang! Wie viele Variationen er fand, um zu sagen: "Komm', lass uns zusammen ins Bett gehen." Für das prüde Amerika und für seine Epoche war das revolutionär. Ende der 1930er-Jahre pendelte er ständig zwischen New York und Hollywood, schrieb pro Jahr ein Musical fürs Theater und eins fürs Kino. Ein Freund erinnert sich:
"Als ich ihn mal fragte, 'Cole, warum arbeitest du so viel?', sagte er mehrmals: 'I love it, I love it'."
1937. Mit 46 Jahren erlitt er einen schweren Unfall, der seine verbleibenden 26 Lebensjahre radikal verändern sollte. Cole Porter fiel vom Pferd, das mit ihm stürzte und sich im Schmerz über seine Beine wälzte. Er weigerte sich, das am schwersten geschädigte Bein amputieren zu lassen. Doch sein Körper wurde ein Schlachtfeld für Ärzte. Trotz eines Lebens am Stock und im Rollstuhl stand auf seinen Kopfkissen fein gestickt: "Never explain, never complain". Cole Porter lebte wie ein Maharadja, allerdings mit unsäglichen Schmerzen. Gestorben ist er mit 72 Jahren, am 15. Oktober 1964.