Donnerstag, 18. April 2024

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US-mexikanisches Handelsabkommen
Ist Nafta jetzt ein Auslaufmodell?

Nach Monaten des Streits haben sich die USA und Mexiko auf ein neues Freihandelsabkommen geeinigt. Es umfasst Regelungen für die Autoindustrie und Vereinbarungen über zollfreien Warenhandel in der Landwirtschaft. Kanada, bislang Teil des Nafta-Handelsabkommens, ist aber erst einmal außen vor.

Silke Hahne im Wirtschaftsgespräch mit Philipp May | 28.08.2018
    US-Präsident Trump (re.) und sein mexikanischer Kollege Pena Nieto.
    Die USA und Mexiko haben sich auf eine Reform des nordamerikanischen Freihandelsabkommens geeinigt. Im Bild: US-Präsident Trump (re.) und sein mexikanischer Kollege Pena Nieto. (AFP / SAUL LOEB)
    Philipp May: Als schlechtesten Deal aller Zeiten hatte Donald Trump das nordamerikanische Handelsabkommen Nafta im Wahlkampf und darüber hinaus stets bezeichnet - und als eine seiner ersten Amtshandlungen die Neuverhandlung angeordnet. Rund ein Jahr lang haben die Vereinigten Staaten, Mexiko und Kanada nun um ein neues Abkommen gerungen. Zwei von ihnen, die USA und Mexiko, haben sich auf ein neues geeinigt. Silke Hahne aus unserer Wirtschaftsredaktion. Kann dieser Deal Nafta ersetzen?
    Silke Hahne: In seiner Wirkung auf keinen Fall, denn dazu müsste Kanada noch beitreten. Ob das geschieht, ist aber ja noch offen. Wie US-Präsident Donald Trump gestern betont hat, könnte Kanada sich der Vereinbarung anschließen oder ein eigenes Abkommen verhandeln. Mexiko seinerseits hat ganz klar gesagt: Kanada soll auf jeden Fall beitreten, sonst müsse der Deal auch nachjustiert werden. Die kanadische Außenministerin Chrystia Freeland reist heute nach Washington. Der US-Handelsbeauftragte Robert Lightizer sagte, es gebe die Chance, dass es mit Kanada bis Freitag eine Einigung gebe.
    Noch aber haben wir es mit einem bilateralen Abkommen zu tun; entsprechend auch der vorläufige Name: US-mexikanisches Freihandelsabkommen. Trump will den Namen "Nafta" auch nicht wiederbeleben: der habe einen schlechten Beigeschmack, so der US-Präsident. Dass er damit selbst natürlich einiges zu tun hat, hat Trump wenig überraschend geflissentlich unterschlagen.
    Schwerpunkte Landwirtschaft und Industrie
    Philipp May: Also schauen wir einmal auf dieses bilaterale Abkommen zwischen den USA und Mexiko: Wie sehen denn die Details des neuen Deals nun aus?
    Silke Hahne: Es zeichnen sich zwei Schwerpunkte ab: Landwirtschaft und Industrie. Zum Beispiel verzichten die beiden Länder in Zukunft auf gegenseitige Zölle bei Agrarprodukten - das ist ein großes Eingeständnis für Mexiko, dort wird der Ruin vieler Kleinbauern von Kritikern schon jetzt auf Lebensmittel-Einfuhren aus den USA zurückgeführt, die durch Nafta stark gestiegen sind. Bedeutsam ist das auch für den eventuellen Beitritt Kanadas - das Land hat seine Landwirte nämlich bisher durch Einfuhrbeschränkungen für Agrarprodukte aus den USA und Mexiko geschützt.
    Wichtig sind außerdem die Vereinbarungen zum Automobil-Sektor: Donald Trump hatte Nafta ja stets für den Verlust von Arbeitsplätzen in der Branche verantwortlich gemacht. Das neue Abkommen soll die US-Fertigung stärken: Damit ein Auto zollfrei gehandelt werden kann, soll der Anteil nordamerikanischer Komponenten von derzeit 62,5 Prozent auf 75 Prozent steigen. 40 bis 45 Prozent der Teile sollen außerdem von Arbeitern hergestellt sein, die mindestens 16 Dollar pro Stunde verdienen; ein Lohnniveau, das es in Mexiko nicht gibt.
    Ungeklärt ist bisher die Frage, was mit den Zöllen auf Stahl und Aluminium passiert - die gelten ja auch für Mexiko und Kanada.
    Einigung ein Zeichen der Entspannung
    Philipp May: Nun liegt ja auch der Handelsstreit zwischen den USA und Europa gerade nur auf Eis. Was heißt die Einigung denn für "uns", ist das schon absehbar?
    Silke Hahne: Zum einen sind natürlich auch europäische Unternehmen in den USA und Mexiko tätig, insbesondere in der Autobranche. 1,4 Millionen Autos bauen allein deutsche Hersteller im Nafta-Raum pro Jahr. Gut die Hälfte davon in den USA, aber eben auch sehr viele in Mexiko. Durch den Aus- und Neubau von Werken dürften es in den kommenden Jahren noch mehr werden. Und auch viele Zulieferer haben Werke in Mexiko.
    Die Branche bekommt es nun also mit neuen Auflagen zu tun - dafür nicht mit Zöllen. Und insgesamt ist diese Einigung natürlich jetzt ein Zeichen der Entspannung. Es mag ein Zufall sein: Aber Bundeskanzlerin Angela Merkel und US-Präsident Donald Trump haben sich heute in einem Telefonat für eine Entschärfung des Handelsstreits ausgesprochen. Also, möglicherweise wirkt sich das nun auch positiv auf die Verhandlungen der Europäer aus.