Donnerstag, 18. April 2024

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US-Pläne zur Grenzausgleichssteuer
"Abwarten, was die relevanten Akteure dazu sagen"

Die von den USA angedachte Grenzausgleichssteuer würde Waren aus dem Ausland deutlich teurer machen - zum Beispiel auch Autos aus Deutschland. Deutsche Unternehmen sind deshalb beunruhigt. Laura von Daniels von der Stiftung Wissenschaft und Politik riet im DLF dazu, abzuwarten. Noch gebe es keine konkreten Pläne.

Laura von Daniels im Gespräch mit Birgid Becker | 13.03.2017
    US-Präsident Donald Trump hält seine erste Rede vor beiden Kammern des Kongress am 28.02.2017.
    Ob die von Trump geplante Grenzausgleichssteuer überhaupt durchsetzbar ist, sei fraglich, so Laura von Daniels im DLF. (Afp Photo / POOL / Jim Lo Scalzo)
    Birgid Becker: Morgen also Treffen zwischen Donald Trump und der Bundeskanzlerin, erstes persönliches Treffen. Aber trotzdem gibt es ja eine Vorgeschichte, und die ist alles andere als spannungsfrei. Neben einer Reihe von Konfliktfeldern in der Außen- und in der Sicherheitspolitik stehen sich da vor allem in Gestalt von Bundeskanzlerin und US-Präsident gegensätzliche ökonomische Konzepte gegenüber. Wie groß ist das Konfliktpotenzial? Darüber möchte ich sprechen mit Laura von Daniels. Sie ist Expertin für transatlantische Wirtschaftsbeziehungen bei der Stiftung Wissenschaft und Politik. Guten Tag.
    Laura von Daniels: Guten Tag, Frau Becker.
    Becker: Frau von Daniels, einer der Pläne, im Moment sind es vielleicht auch nur Planungen oder Ideen, die die deutsche Wirtschaft besonders fürchtet, trägt das Kürzel BAT, Border Adjustment Tax, übersetzt Grenzausgleichssteuer. Dies wird diskutiert als Instrument zur Gegenfinanzierung für die von Trump geplanten Steuersenkungen. Was konkret weiß man über diese Grenzausgleichssteuer und was würde sie praktisch bewirken?
    von Daniels: Was wir wissen über die Grenzausgleichssteuer ist, dass sie einen zentralen Bestandteil der von der Republikanischen Partei geforderten Steuerreform ausmacht. Und die Idee wäre hierbei, dass man über eine Mehrwertsteuer, die man auf Importe erhebt, Waren aus dem Ausland, indem man sie besteuert, 20 Prozent Aufschlag vornimmt. Das würde zum Beispiel Autos aus Deutschland betreffen, aber auch Autoteile, die aus Mexiko über die Grenze kommen, oder Importe aus China und würde die erheblich teurer machen.
    "Wir müssen schauen, inwieweit das unsere Unternehmen betreffen würde"
    Becker: Und das wahrscheinlich auf einen Schlag. Angela Merkel hat bereits angedeutet, dass sie darauf reagieren würde: Genauer: Die EU würde reagieren. Was kann da überhaupt getan werden? Die EU ebenfalls abschotten gegenüber US-Produkten?
    von Daniels: Wir müssen erst mal schauen, was wir genau dann für Steuerpläne auf der US-Seite vorliegen haben, inwieweit das dann unsere Unternehmen betreffen würde. Dann wäre als nächstes zu klären, ist das WTO-konform oder nicht, ist es im Sinne der Regeln der Welthandelsorganisation eine zulässige Mehrwertsteuer, oder geht es um eine andere Staaten schlechterstellende Unternehmensbesteuerung, die dann die amerikanischen Exporteure fördern würde, aber Waren aus dem Ausland bestrafen würde. Das müsste zunächst mal geklärt werden.
    Was ganz wichtig ist, ist, glaube ich, auch auf die Worte der tatsächlich zuständigen EU-Handels Kommissarin Cecilia Malmström zu hören, die immer wieder betont hat, dass wir noch nicht auf etwas reagieren können, das noch nicht existiert. Bisher ist nicht sicher, wie die Handelspolitik konkret aussehen soll. Der zuständige US-Handelsrepräsentant ist noch nicht im Amt. Dafür ist zwar eine Person vorgesehen, die ist aber noch nicht im Amt bestätigt. Und bevor das nicht der Fall ist, lässt sich schwer etwas darüber sagen, welche Maßnahmen auf US-Seite tatsächlich jetzt geplant sind und wie wir dann darauf reagieren sollten.
    Becker: Diese Vorstellung, die da jetzt aber schon zirkuliert, ist ja die, dass es in der EU eine Art Gegenmaßnahme gibt für, sagen wir, Strafzölle auf US-Produkte dann. Ist so eine Gegenmaßnahme realistisch, oder wie hat man sich das vorzustellen?
    von Daniels: Ich glaube, wir müssen noch mal zurückkommen auf den Verweis der EU-Handelskommissarin. Wir müssen erst mal schauen, welche deeskalierenden Maßnahmen möglich sind, zum Beispiel, dass die Bundeskanzlerin in die USA reist und darauf hinweist, wie wichtig auch deutsche Unternehmen, europäische Unternehmen und europäische Investitionen in den USA sind, auch für die US-Wirtschaft.
    Dann ist es wichtig, den Dialog am Leben zu erhalten, auch darüber zu sprechen, was verstehen denn die USA eigentlich unter unfairem Handel oder unfairen Regeln der WTO, und darüber muss man ins Gespräch kommen. Das ist ganz wichtig. Gleichzeitig ist es auch wichtig, dass man innerhalb der Europäischen Union sich darüber abstimmt, welche Maßnahmen man grundsätzlich sich überlegen kann, wenn es zu protektionistischen Maßnahmen in anderen Ländern kommt. Wie wollen wir darauf reagieren?
    Da wir uns nun mal in der Europäischen Union entschieden haben, die Kompetenz für den Handel an die Europäische Kommission abzugeben, ist die erst mal zuständig. Trotzdem ist es auch richtig, dann der Kommission den Rücken zu stärken, indem man auf der Länderebene im Europäischen Rat zu gemeinsamen Beschlüssen kommt, wenn es denn jemals soweit käme, dass das notwendig wird.
    "Damit auseinandersetzen, was die US-Handelsbehörde für Pläne vorlegt"
    Becker: Kann denn Deeskalation überhaupt klappen, wenn man sich vor Augen führt, dass die US-Regierung so ein schiefes Bild deutscher Wirtschaftspolitik zeichnet? Da ist die Rede vom manipulierten geschwächten Euro. Dann wird der deutsche Exportüberschuss überaus kritisch gesehen. Wenn die Ausgangslage so vergiftet ist, kann das dann funktionieren mit Deeskalation?
    von Daniels: Ich glaube, man muss tatsächlich jetzt abwarten, was die relevanten Akteure in den USA dazu sagen und wie die reagieren. Wir haben bis jetzt vielleicht auch sehr viel Bedeutung den Aussagen von einzelnen Beratern des US-Präsidenten beigemessen, die aber nicht federführend in der Gesetzgebung sind oder in den dann entscheidenden politischen Maßnahmen für uns von Relevanz sind.
    Das heißt, wir müssen uns tatsächlich jetzt damit auseinandersetzen, was wird die US-Handelsbehörde für Pläne vorlegen, oder wie sieht es aus mit dem Finanzminister, der mit dem deutschen Finanzminister zusammentreffen wird Ende der Woche, welche tatsächlichen Maßnahmen oder Schritte sind da geplant in dem Bereich der Steuerpolitik in den USA, aber auch in anderen Bereichen. Zum Beispiel ein ganz wichtiger Bereich ist die Finanzmarktregulierung, und da will man ja auch zu gemeinsamen Regeln kommen und gemeinsame Regelwerke abschließen, wie zum Beispiel das Baseler Abkommen über die Bankenregulierung.
    Becker: Die Nachrichtenagentur dpa zitiert einen, so heißt es, hohen Regierungsvertreter mit der Aussage, es gebe keinen Grund, zu pessimistisch zu sein mit Blick auf die Beziehungen zu den USA, und das hat er gesagt mit Blick auf das G20-Treffen am Freitag und am Samstag in Baden-Baden. Es gebe allenfalls Diskussionsbedarf, so war das Zitat. Ist das Zweckoptimismus, kurz zum Schluss, oder sehen Sie das auch so entspannt?
    von Daniels: Ich denke, es ist immer richtig, an diese Fragen pragmatisch heranzugehen und nach Leuten zu suchen auch in der US-Administration, auch im Umfeld von Trump, auch den Präsidenten selbst darauf anzusprechen, was vernünftig ist und wo man gemeinsame Vorstellungen hat und ja auch über Jahrzehnte hinweg gemeinsam entwickelt hat, und an denen auch festzuhalten. Das, denke ich, wenn Sie das als Zweckoptimismus bezeichnen, dann ist das sicherlich der Weg, den man einschlagen sollte, anstatt weiter Öl ins Feuer zu gießen und zu einer weiteren Eskalation beizutragen.
    Äußerungen unserer Gesprächspartner geben deren eigene Auffassungen wieder. Der Deutschlandfunk macht sich Äußerungen seiner Gesprächspartner in Interviews und Diskussionen nicht zu eigen.