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US-Sanktionen
Ausfall der Öl-Exporte wäre eine Existenzfrage für den Iran

Nach dem Willen von US-Präsident Donald Trump soll ab sofort kein Fass Öl mehr den Iran verlassen. Für den Iran wäre ein Ausfall dieser Exporte eine Existenzfrage. Teheran könnte Gegenmaßnahmen erwägen: Eine Blockade der Straße von Hormus - dem wichtigsten Seeweg für den Ölhandel weltweit.

Klemens Kindermann im Gespräch mit Dirk-Oliver Heckmann | 02.05.2019
Ein iranischer Öltanker im Persischen Golf
Ein iranischer Öltanker im Persischen Golf (AFP)
Dirk-Oliver Heckmann: Seit heute haben die USA die Sanktionen gegen den Iran nochmals verschärft. Ausnahmegenehmigungen für Länder, die noch Öl aus dem Land beziehen, laufen aus. Klemens Kindermann aus unserer Wirtschaftsredaktion – wie stark trifft das den Iran?
Klemens Kindermann: Sehr stark. Die Ausnahmegenehmigungen galten zuletzt noch für acht Länder, darunter China, Indien und die Türkei. China ist der größte Abnehmer iranischen Öls, der Iran hat im vergangenen Jahr sechs Prozent des Ölbedarfs von ganz China abgedeckt. Für Indien ist der Iran der drittgrößte Lieferant und die Türkei kaufte sogar fast die Hälfte des importierten Rohöls vom Iran. Für den Iran wäre ein Ausfall dieser Exporte eine Existenzfrage. Und das ist offenbar auch das Ziel der US-Regierung, Iran praktisch ganz den Ölhahn zuzudrehen.
Heftige Proteste im Land
Heckmann: Wie wird der Iran reagieren?
Kindermann: Heute sollte bereits das Benzin im Iran rationiert werden. Das ist verschoben worden, nach Protesten des iranischen Parlaments. Weil es gestern schon chaotische Zustände an den Tankstellen in Teheran gab. Dazu muss man wissen: Die Rationierung von Benzin ist im Iran total brisant. Zuletzt gab es die im Jahr 2007 unter dem damaligen Präsidenten Mahmud Ahmadinedschad. Das führte im ganzen Land zu heftigen Protesten. Als Hassan Ruhani 2013 Präsident wurde, war eine der wichtigsten Maßnahmen die schrittweise Abschaffung der Benzinrationierung.
Und auch jetzt versucht Ruhani die Menschen zu beruhigen: "Es gibt verschiedene Wege, Öl zu exportieren. Und wenn die USA einen davon versperren, bleiben andere davon unberührt. Schließlich werden wir unser Öl weiterhin exportieren müssen." Die Frage ist: Wohin?
Heckmann: Welche Auswirkungen wird das Embargo auf den Welt-Ölmarkt haben?
Kindermann: Die werden sich zunächst in Grenzen halten, weil es derzeit weltweit hohe Ölreserven gibt. Das Ölkartell Opec und Russland haben das Angebot verknappt. Das hat aber den Ölpreis bisher auch noch nicht besonders getrieben. Und auch bei der aktuellen politischen Entwicklung im Opec-Mitgliedsland Venezuela sehen wir derzeit keine wirklich nennenswerte Reaktion des Ölpreises. Weil es tendenziell eben genug Öl gibt am Weltmarkt und weil zum Beispiel die USA auch schon wieder ihre Schieferöl-Produktion aus dem Fracking aufdrehen. Also für den Weltmarkt ist der Ausfall des Öls aus dem Iran wahrscheinlich verschmerzbar, für den Iran aber nicht.
Iran könnte Meerenge blockieren
Heckmann: Außer mit einer Rationierung des Benzins in eigenen Land: wie könnte der Iran denn noch auf diese Sanktionsverschärfung durch die USA reagieren?
Kindermann: Was wirklich gefährlich wäre, und zwar brandgefährlich, das wäre eine Sperrung der Straße von Hormus. Das ist zwischen dem Persischen Golf und dem Golf von Oman der wichtigste Seeweg für den Ölhandel weltweit. Durch die Straße von Hormus wird fast ein Drittel der globalen Öl-Exporte verschifft.
Der Iran könnte diese Meerenge für alle Öltanker blockieren. Der Iran hätte sogar das Recht dazu: Die Routen der großen Tanke laufen durch die Hoheitsgewässer Teherans. Verträge, die etwas anderes garantieren würden, die gibt es nicht.
Würde es also zu einer Blockade kommen, dann wäre sehr schnell eine militärische Option auf dem Tisch. Da muss man aber sagen, dass der Iran – auch mit russischer Hilfe – genügend Raketen zur Verfügung hat, um zum Beispiel den Einsatz von US-amerikanischen Flugzeugträgern am Golf zu verhindern. Da stellt sich einmal mehr die Frage, ob US-Präsident Donald Trump seine Aktion auch bis zum Ende durchgedacht hat.