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US-Strafzölle für die EU
"Trump tut gut daran, dass die Ungleichgewichte bereinigt werden"

Bei den Einfuhrzöllen der USA und der EU gebe es schon seit Jahren ein enormes Gefälle zuungunsten der USA, sagte der US-Republikaner Ralph Freund im Dlf. Es sei an der Zeit gewesen, dass die Trump-Regierung dieses Ungleichgewicht angehe. Wenn die EU einen ungleichen Freihandel hochhalte, sei das mit einer Doppelmoral verbunden.

Ralph Freund im Gespräch mit Ann-Kathrin Büüsker | 01.06.2018
    Ralph Freund, Vizepräsident der Republicans Abroad Germany.
    Kann die Empörung der EU über Donald Trumps Strafzölle nicht verstehen: Ralph Freund. (imago / Jürgen Heinrich)
    Jochen Fischer: US-Präsident Trump meint, Europa behandele die USA im Handel unfair, und er hat deshalb die angekündigten und zunächst aufgeschobenen Zölle auf Aluminium und Stahl in Kraft gesetzt. Darüber will ich nun sprechen mit Ralph Freund. Er ist Vizepräsident, Schatzmeister und Sprecher der Republicans Overseas Germany. Außerdem ist er Mitglied der CDU und der Republikanischen Partei der USA. Guten Abend, Herr Freund.
    Ralph Freund: Guten Abend.
    Fischer: Wenn ich Sie nun mal als Republikaner anspreche, unterstützen Sie die jetzt verhängten Zölle?
    Freund: Auf jeden Fall. Ich kann die Empörung der Europäischen Kommission überhaupt nicht verstehen. Man muss sehen: Was ist die Ausgangslage? Wie hoch sind die Zölle aktuell, und das schon seit Jahren und teilweise Jahrzehnten? Der US-amerikanische Binnenmarkt ist der größte Markt der Welt, größer als China, größer als Europa, und er nimmt Zölle, von der EU beispielsweise, handelsgewichtet von 3,8 Prozent. Die EU wiederum nimmt handelsgewichtet sechs Prozent auf US-amerikanische Waren. Das heißt, hier gibt es ein enormes Gefälle und ein Aufholpotenzial von Europa. Ich kann die Empörung der Politiker nicht verstehen. Andere Administrationen, beispielsweise Obama oder auch davor George Bush Junior, auch Clinton, haben immer wieder darauf gedrängt, diese Ungleichgewichte abzubauen, und Trump hat jetzt ein Zeichen gesetzt, und ich finde, ein sehr, sehr schwaches Zeichen gesetzt in einem vollkommenen Randbereich des internationalen Handels mit ein bis zwei Prozent. Er tut gut daran, nur das zu tun, mit dem Säbel zu rasseln, um zu verhandeln, damit diese Ungleichgewichte bereinigt werden.
    Nationale Sicherheit ein "vorgeschobener Grund"
    Fischer: Sie sagen, das ist alles schon seit Langem so. Aber es ist auch seit Langem international so vereinbart worden. Und wenn Sie sagen, es gibt aus Ihrer eigenen Partei, aus den Republikanern durchaus einige, die sagen, das wird das Gegenteil von dem bringen, was Trump dort meint, nämlich Trump will ja Arbeitsplätze in der Stahlindustrie sichern, das Gegenteil werde eintreten. Sie gehören nicht zu diesen republikanischen Freunden, die das meinen?
    Freund: Ich denke in der Tat, der Grund der nationalen Sicherheit ist vorgeschoben. Ich glaube, da müssen wir offen reden. In Wahrheit geht es um die restlichen 98 Prozent des Handels. Ich kann auch ein bisschen Herrn Weber und auch Herrn Juncker nicht verstehen. Die sollten mal in die Handelsbilanzen schauen. Das sind mehr Administratoren für mich und weniger Ökonomen. Dann würden sie das sofort sehen. Wir neigen ja dazu, das ist ein Phänomen, dass man den Freihandel hochhält in Bereichen, in denen man wirtschaftlich stark ist: Deutschland ganz klar im Bereich der Elektronik, der Ausrüstung, des Anlagenbaus. In Bereichen, in denen man wettbewerbsschwach ist, beispielsweise Agrar oder auch andere Güter, da ist man sehr, sehr protektionistisch. Es ist ein Unding, wie hoch die Zölle auf amerikanische Agrarprodukte sind. Darüber redet kein Mensch. Das ist eine Ungleichheit und diesen Freihandel hochzuhalten, ist für mich mit einer Doppelmoral verbunden. Man sollte die Zölle auf beiden Seiten des Ozeans gleichhalten. Sie kennen diesen berühmten Vergleich mit den Autos. BMW produziert in South Carolina die SUV für den Weltmarkt. Diese Autos werden in der EU mit neun Prozent Einfuhrzoll besteuert. Produziert BMW in Regensburg nach die USA, dann mit zweieinhalb Prozent Einfuhrzoll. Das sind die großen Wunden des bilateralen Handels und ich glaube, diese sollten ausgeglichen werden.
    Fischer: Und die werden jetzt, bleiben wir mal bei dem Beispiel BMW, den teuren Stahl kaufen müssen und dann werden sich wahrscheinlich auch dort die Arbeitsplätze verändern.
    Handelsungleichgewichte "unverständlich"
    Freund: Ich denke, bei eins bis anderthalb Prozent Zollvolumen - wir reden jetzt mal über Deutschland-USA, nicht über die EU -, wir haben 117 Milliarden Austausch, ungefähr davon zwei Milliarden sind roundabout Stahl und Aluminium. Ich glaube, in der Komposition eines Autos macht das keinen ganz großen Posten aus.
    Fischer: Sie würden dem Argument zustimmen, dass durch diese Zölle die Arbeitsplätze in der Stahlindustrie in den USA nun sicherer sind?
    Freund: Sicherer nicht, aber es wird ein Zeichen gesetzt. Es geht nicht um Stahl und Aluminium, um das noch mal zu betonen. Es geht darum, dass Zölle in der Gänze abgebaut werden. Ein Beispiel: Von sämtlichen Waren aus der EU, jetzt handelsungewichtet, sind 50 Prozent in den USA nicht besteuert. Umgekehrt werden ungefähr 28 Prozent der Waren aus den USA in Europa nicht besteuert und auch keine Zölle erhoben. Es ist unverständlich, warum es diese Handelsungleichgewichte gibt, und Deutschland sitzt in einer komfortablen Position und denkt sich, warum soll ich mich dort bewegen, ich fahre seit vielen Jahren, auch teilweise Jahrzehnten gut damit. Und ich denke, es ist jetzt mal an der Zeit, dass eine Administration wie Trump den Finger in die Wunde legt und Aufmerksamkeit haben möchte für dieses Dilemma.
    Fischer: Die Beziehungen zu Deutschland werden in diesem Thema natürlich im Moment immer schlechter, auch die Beziehungen zu Europa. Sie haben gerade gesagt, es geht nur um wenige Prozent im Handel. Ist es denn das eigentlich wert?
    Gleiche Zölle für Wirtschaftspartner
    Freund: Noch mal: Nur weil es Tradition ist und wir uns daran gewöhnt haben, ist es dennoch nicht normal. Man sollte gleiche Zölle nehmen für Wirtschaftspartner. Wenn man sagt, man beschwört die internationale Partnerschaft, dann kann es nicht sein, dass einer Vorteile genießt, seit vielen Jahren, seit einer sehr langen Zeit, und dann argumentiert, dass man ihm diese Vorteile wieder nehmen möchte. Das kann so nicht funktionieren und Trump tut gut daran, dieses Thema zu diskutieren, wie wir beide es jetzt hier auch im Radio tun.
    WTO ein "Papiertiger"
    Fischer: Aber warum geht der Präsident nicht zur WTO und bringt da seine Bedenken vor?
    Freund: Ich kann Ihnen sagen, die WTO ist aus meiner eigenen Erfahrung teilweise nur ein Papiertiger. Teilweise geht es da um Bananenstreit mit Guatemala. Aus eigener Erfahrung kann ich Ihnen da berichten. Das ist kein Schwert, würde ich sagen, das den globalen Handel lenken kann. Es ist mehr eine Auskunfts- und Anrufstelle. Aber dass sie Exekutivgewalt hat, ist schwer umzusetzen. Die letzte Entscheidung der WTO ist Jahre zurück. Sie ist ein Sprachrohr für den Freihandel, das unterstützt die Republikanische Partei, aber sie ist niemand, der dort regulativ eingreifen kann.
    Fischer: Sie haben ja sicher in Erinnerung: Es gab 2002 den Präsidenten Bush, der das ebenso versucht hat und dann wieder zurückgenommen hat, weil die WTO dagegen vorgegangen ist. Sehen Sie nicht den Vergleich zwischen diesen Zeiten?
    Freund: Der ist durchaus berechtigt. In der Tat hat die Trump-Administration hier einen Weg eingeschlagen für die Begründung eines Strafzolles. Ich finde diese Vorgehensweise fragwürdig. Ich hätte eher gesagt, aus Gründen der Gleichheit, und das wäre zulässig gewesen. Nur das ist ein Verfahren, das muss man anmelden, das dauert sehr lange, bevor es dann umgesetzt werden kann, meistens 18 bis 24 Monate. Die Zeit will sich Trump nicht geben. Er will auch Handlungen setzen, auch innenpolitisch vor den Zwischenwahlen im November. Das heißt, die Zeit drängt dort ein wenig.
    Fischer: Soweit Ralph Freund von den Republicans Overseas Germany, live im Deutschlandfunk-Interview. Vielen Dank und auf Wiederhören, Herr Freund.
    Freund: Auf Wiederhören.
    Äußerungen unserer Gesprächspartner geben deren eigene Auffassungen wieder. Der Deutschlandfunk macht sich Äußerungen seiner Gesprächspartner in Interviews und Diskussionen nicht zu eigen.