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US-Strafzölle
Handelsstreit belastet europäische Firmen in China

Der Handelsstreit mit den USA sorgt für schlechte Stimmung bei europäischen Unternehmen in China. Jede dritte Firma klagt laut einer Umfrage der Europäischen Handelskammer in Peking über negative Auswirkungen.

Ursula Mense im Gespräch mit Dirk Müller | 20.05.2019
Gestapelte Container in den Nationalfarben von der EU und der Volksrepublik China (Symbolfoto)
Der Handelsstreit zwischen den USA und China belastet europäische Firmen mit Sitz in China (picture alliance/chromorange/Christian Ohde)
Dirk Müller: Die europäische Wirtschaft kritisiert schon lange die unfairen Handelspraktiken Chinas und liebäugelt deshalb zum Teil zumindest mit der harten Haltung des US-Präsidenten gegenüber China. Zölle hält sie aber für den falschen Weg. Heute Morgen hat die Europäische Handelskammer in Peking ihre jährliche Umfrage zum Geschäftsklima vorgestellt. Ursula Mense aus unserer Wirtschaftsredaktion: Wie fällt die aus?
Ursula Mense: Durchwachsen bis negativ. Was den Handelsstreit betrifft, er belastet das Geschäft europäischer Firmen in China. Laut Mitgliederbefragung der EU-Handelskammer klagt jedes dritte europäische Unternehmen über negative Folgen durch die von beiden Seiten verhängten Strafzölle. Und widerspricht damit Erwartungen, dass europäische Firmen von den Zöllen gar profitieren könnten. Es sind weniger als fünf Prozent der befragten EU-Firmen, die positive Auswirkungen auf ihr Geschäft sehen. Vielmehr sorgt der Dauerkonflikt für schlechte Stimmung.
Müller: Hat sich denn an den unfairen Bedingungen, über die Europas Firmen klagen etwas geändert?
Mense: Trotz großer Reformversprechen wohl eher nicht. Die Kammer mahnt weiterhin ein faires Geschäftsumfeld an, weil Europäische Firmen immer noch benachteiligt werden. Wir kennen das: Chinesische Firmen werden subventioniert, administrative Hürden, Bürokratie und die Rechtsunsicherheit erschweren den Marktgang.
So haben 56 Prozent der befragten Unternehmen angegeben, dass chinesische Firmen in Europa einen besseren Marktzugang genießen würden als umgekehrt EU-Firmen in China. 45 Prozent sagen, sie würden in China im Vergleich zu lokalen chinesischen Firmen ungerechter behandelt.
"Die Konkurrenz nimmt zu"
Müller: Wie groß ist denn deren Konkurrenz für die europäischen Unternehmen?
Mense: Das ist schon länger ein Thema: Die Konkurrenz nimmt zu. Denn China ist in vielen Bereichen weiter als Europa und längst nicht mehr nur der Copy and Paste Staat, für den es lange gehalten wurde. Dieser Aufholprozess hat in den vergangenen Jahren schon angefangen und scheint jetzt rasant weiterzugehen. China entwickelt viele Produkte und auch Technologien inzwischen selbst und ist nicht mehr auf das Know How aus dem Westen angewiesen.
Jedenfalls in immer mehr Bereichen. Wie zum Beispiel bei der künstlichen Intelligenz. Shanghais Tiefwasserhafen mit seiner voll automatisierten elektrisch betriebenen Hafenanlage gilt als Vorzeigeobjekt. Auch die Hochgeschwindigkeitszüge baut China selbst und hat das weltweit größte Netz aufgebaut. Die Elektromobilität ist viel weiter als hier, China baut im großen Stil bereits kleine E-Mobile für die Megastädte.
Müller: Das heißt, Chinas Wirtschaft entwickelt sich zunehmend zum Konkurrenten auch in bisher angestammten westlichen Bereichen und kauft sich gleichzeitig weiter in europäische Unternehmen ein?
Mense: Ja, das hat erst kürzlich der Geschäftsführer der chinesischen Handelskammer in Deutschland Wei Duan bestätigt. Nach seinen Worten wird es in Zukunft nicht nur um Handelsniederlassungen und Übernahmen von Unternehmen gehen, sondern verstärkt um Investitionen in die Produktion. Sein Beispiel: der geplante Bau einer Batteriefabrik der Firma CATL in Thüringen.
Schade sei nur, dass man China zunehmend so misstrauisch begegne, sagte er noch mit Blick auf das geänderte Außenwirtschaftsgesetz, das ja unerwünschte Übernahmen verhindern soll und natürlich auf China abzielt.