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US-Wahlkampf
Obama greift Trump an

So eine herbe Kritik hat es von einem amtierenden US-Präsidenten wohl nur selten gegeben: Barack Obama hat den republikanischen Präsidentschaftsbewerber Donald Trump in bisher ungekannt offener Art und Weise kritisiert. Die Worte des Präsidenten lassen erahnen, wie rau dieser Präsidentschaftswahlkampf noch werden wird.

Von Thilo Kößler | 03.08.2016
    US-Präsident Barack Obama
    Alle wussten, wer gemeint war: US-Präsident Barack Obama hat den Präsidentschaftsbewerber der Republikaner, Donald Trump, in einer Rede scharf kritisiert - ohne ihn namentlich zu erwähnen. (picture alliance / dpa/ Jim Lo Scalzo)
    Man muss vermutlich weit zurückgehen in der amerikanischen Geschichte, um ein ähnliches Beispiel für einen derart offenen Frontalangriff eines amtierenden Präsidenten auf einen Präsidentschaftsbewerber zu finden. Barack Obama nutzte eine Pressekonferenz mit dem indonesischen Premier, um Donald Trump jegliche Befähigung für das Amt des Präsidenten abzusprechen – ohne ihn ein einziges Mal namentlich zu erwähnen.
    Seine mangelnde Qualifikation stelle Trump jeden Tag von Neuem unter Beweis. Obama nahm direkt Bezug auf die beleidigenden Äußerungen Donald Trumps gegenüber der Familie eines im Irakkrieg gefallenen Soldaten – einer sogenannten Goldstar-Familie. Sie lösten weithin Empörung aus und wurden von vielen als Tabubruch wahrgenommen – die Ehre der Gefallenen gilt als Sakrileg in den USA. Das Gedenken an die Toten zu wahren und ihren Angehörigen Dank und Respekt entgegenzubringen, ist gesellschaftlicher Konsens. Trump habe gegen alle Regeln verstoßen, sagte Obama.
    Hinzu kamen am vergangenen Wochenende die Einlassungen Donald Trumps zu Russland, der Lage auf der Krim und zum Konflikt in der Ukraine. Trump hatte angedeutet, um der guten Beziehungen zu Russland willen die Annexion der Krim anzuerkennen. Zudem hatte er angezweifelt, dass russische Truppen in der Ukraine stünden. Für Obama ein Ausweis seiner Inkompetenz – Trump sei, "erschreckend unvorbereitet für diesen Job".
    Obama merkte an, dass er mit seiner Meinung nicht alleine sei – immer mehr führende republikanische Politiker sähen sich genötigt, sich mehr oder weniger deutlich von Donald Trump und seinen Äußerungen zu distanzieren. Tatsächlich hat aber nur John McCain, einer der Parteigranden der Grand Old Party, öffentlich und namentlich Stellung gegen Donald Trump bezogen. Andere, wie der republikanische Mehrheitsführer im Abgeordnetenhaus Paul Ryan, gingen persönlicher Kritik aus dem Weg und grenzten sich lediglich von einzelnen Äußerungen Trumps ab. Die Republikaner müssen Farbe bekennen, mahnte Obama:
    "Das ist ja keine Frage eines einzelnen Ausrutschers. Da kommt ja täglich etwas nach. Und dann gehen sie wieder auf Distanz zu ihm und seinen Aussagen. Da muss man doch irgendwann sagen: Ich kann es nicht unterstützen, dass dieser Mann Präsident der Vereinigten Staaten wird."
    Obama stellte klar, dass es nicht um die üblichen Meinungsunterschiede zu einzelnen politischen Sachfragen gehe – die habe es seinerzeit auch mit seinen republikanischen Gegenkandidaten Mitt Romney und John McCain gegeben. Und dennoch habe er nie daran gezweifelt, dass sie in der Lage gewesen wären, das Präsidentenamt auszuüben. Anders bei Donald Trump – ihm müsse gesagt werden: Es reicht.
    Nach der offiziellen Nominierung Donald Trumps zum Präsidentschaftskandidaten der Republikaner hat Barack Obama nun jede Zurückhaltung aufgegeben. Seine harsche Kritik zielt nicht nur darauf ab, Donald Trump zu verhindern. Er möchte auch die Republikaner in die Pflicht nehmen, ihrem eigenen Kandidaten Grenzen zu setzen.
    Donald Trump selbst reagierte umgehend auf die herbe Kritik des Präsidenten: In einem Tweet ließ er wissen, Barack Obama habe die Sicherheit der USA aufs Spiel gesetzt, den Nahen Osten destabilisiert und die Gefühle von Veteranen verletzt. Je näher der Wahltermin rückt, desto schonungsloser dürfte der Wahlkampf noch werden.