Donnerstag, 25. April 2024

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USA-Afrika-Gipfel
"Die Afrikaner wollen eine Partnerschaft auf Augenhöhe"

Deutsche Firmen seien auf dem afrikanischen Kontinent hoch angesehen, sagte Christoph Kannengießer vom Afrika-Verein der deutschen Wirtschaft im DLF. Die Amerikaner forcieren die Zusammenarbeit aktuell durch den USA-Afrika-Gipfel, auch die Chinesen und Inder engagierten sich stark - der Wettbewerb für deutsche Unternehmen werde so härter.

Christoph Kannengießer im Gespräch mit Ursula Mense | 04.08.2014
    Südafrika: Kapstadt - Hafen am 10. März 2009
    Hafen von Kapstadt: Der Wettbewerb in Afrika nimmt zu. (picture-alliance/ dpa / epa Nic Bothma)
    Ursula Mense: Und auch die EU hat auf ihrem im April organisierten Afrika-Gipfel in Brüssel als ein Fazit bessere Handelsbeziehungen zu Afrika genannt. Von der Hilfe zum Handel, so konnte man lesen, soll die Entwicklung zukünftig verlaufen. Einen Nachholbedarf gibt es hier auch für die deutsche Wirtschaft. Darüber habe ich vor der Sendung mit Christoph Kannengießer vom Afrika-Verein der deutschen Wirtschaft gesprochen und ihn gefragt, woran es liegt, dass deutsche Unternehmen bisher zurückhaltend sind beim Handel mit Afrika.
    Christoph Kannengießer: Die deutschen Firmen sind insgesamt in Afrika zurückhaltender als viele Wettbewerber. Und sie sind vor allem zurückhaltender als in anderen wachsenden Märkten der Welt. Dafür gibt es eine Reihe von Gründen. Es hat sicherlich auch etwas mit einer Mentalität zu tun, die doch gelegentlich etwas stärker auf Risiken denn auf Chancen schaut. Ich glaube aber, dass vor allem ein großes Informationsdefizit in Deutschland besteht, was die Chancen der afrikanischen Märkte angeht. Es wird darüber wenig berichtet, viel mehr wird bezogen auf Afrika über Krisen, Konflikte und Katastrophen berichtet. Das schlägt natürlich in den Köpfen der Mittelständler sich nieder und führt dazu, dass das Interesse an den wirtschaftlichen Chancen Afrikas nicht so groß ist, wie es sein sollte.
    Mense: Ja, Herr Kannengießer, haben denn die Unternehmen – und Sie sprechen ja auch bewusst mittelständische Unternehmen an –, haben die denn schon auch selbst bei Versuchen mit Hemmnissen, beispielsweise, ja, Korruption, Rechtsunsicherheit und so weiter zu kämpfen gehabt, also könnten Sie das an ein, zwei Beispielen erläutern, wie sich diese Schwierigkeiten ausgewirkt haben?
    Kannengießer: Na ja, also ich sage mal, die afrikanischen Märkte sind keine einfachen Märkte. Sie haben dort bürokratische Strukturen, die oftmals eine Herausforderung darstellen. Natürlich ist das Thema Korruption auch in Afrika auf der Tagesordnung. Ich möchte allerdings eigentlich stärker deutlich machen, dass deutsche Firmen auf dem afrikanischen Kontinent trotz dieser objektiven Schwierigkeiten sehr erfolgreich sind. Wir haben Firmen, die seit vielen, vielen Jahren, teilweise seit über 100 Jahren auf dem afrikanischen Kontinent aktiv sind und die dort auch im Wettbewerb mit den Chinesen, mit den Brasilianern, mit den Indern oder den Amerikaner extrem erfolgreich sind. Also es geht und es funktioniert. Man braucht ein gewisses Know-how, man muss wissen, wie man mit den spezifischen Bedingungen auf den afrikanischen Märkten umgeht. Wenn man aber in dieses Know-how investiert, dann kann man in Afrika eben doch auch sehr, sehr gute Geschäfte machen.
    Mense: Was wollen denn eigentlich die Afrikaner selbst? Wollen die Handel mit Deutschland?
    Kannengießer: Also die Afrikaner wollen vor allem eine Partnerschaft auf Augenhöhe. Die Afrikaner wollen, dass wir sie als wirtschaftliche Partner ernst nehmen. Die Afrikaner haben ein ganz neues Selbstbewusstsein. Das ist eine Folge des starken Engagements von Chinesen, Brasilianern und Indern in Afrika. Sie wissen, dass sie Partner überall auf der Welt finden, das heißt, sie schauen auch nicht mehr nach Europa oder auch in die Vereinigten Staaten in dem Sinne, das sind die einzigen Partner, die wir auf der Welt haben. Sondern sie wissen, dass sie inzwischen auch, wenn sie ihre Partner suchen, die Auswahl haben. Das heißt, es gibt ein ganz neues Selbstbewusstsein auch in Afrika. Und sie wollen aber auch – und das wird immer deutlich, wenn wir auch in Afrika unterwegs sind –, sie wollen vor allem auch ein stärkeres Engagement und eine stärkere Präsenz der deutschen Wirtschaft, die auf dem afrikanischen Kontinent wie überall auf der Welt einen exzellenten Ruf genießt.
    Mense: Insofern gehe ich mal davon aus, dass Sie jetzt von dem USA-Afrika-Gipfel nicht unbedingt Impulse für Europa oder für Deutschland speziell erwarten.
    Kannengießer: Na ja, dieser Gipfel macht deutlich, dass auch die Amerikaner Afrika inzwischen als wirtschaftlichen Chancenkontinent wahrnehmen und entdeckt haben. Präsident Obama hat ja in der Ankündigung dieses Gipfels gerade auch auf diesen Aspekt hingewiesen, sehr deutlich auch gemacht, dass auch die Amerikaner eine Partnerschaft auf Augenhöhe mit den Afrikanern anstreben, dass sie die Herausforderung, die das starke chinesische Engagement auf dem afrikanischen Kontinent darstellt, annehmen. Und das heißt für uns, die Amerikaner werden auch für uns als Wettbewerber relevanter. Insgesamt wird der Wettbewerb auf diesen Märkten, diesen ungesättigten Märkten auf dem afrikanischen Kontinent stärker und härter werden. Insofern glaube ich schon, dass es auch ein Impuls noch mal für uns als Deutsche und für uns als Europäer ist, dass wir uns den Herausforderungen stellen und dass wir das tun, was notwendig ist, um eben halt auch unsere Interessen, auch unsere wirtschaftlichen Interessen auf dem afrikanischen Kontinent entsprechend wahrzunehmen.
    Mense: Christoph Kannengießer, Hauptgeschäftsführer des Afrika-Vereins der deutschen Wirtschaft, über den Handel deutscher Unternehmen mit afrikanischen Ländern.
    Äußerungen unserer Gesprächspartner geben deren eigene Auffassungen wieder. Der Deutschlandfunk macht sich Äußerungen seiner Gesprächspartner in Interviews und Diskussionen nicht zu eigen.