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Valentinstag

Selten wohl macht der Blumenhandel größeren Umsatz als heute - am Valentinstag. Die meisten Kunden machen sich vermutlich keine Gedanken darüber, wie die Blumen gezüchtet werden, bevor sie bei uns in den Laden kommen. Doch von den Plantagen in Afrika oder Lateinamerika kommen immer wieder Berichte von haarsträubenden Arbeitsbedingungen und von Schäden durch Spritzmittel für Arbeiterinnen und die Umwelt. Blumenkauf mit gutem Gewissen versprechen Gütesiegel zum Beispiel das Flower Label Programm des deutschen Blumen-Großhandels und verschiedener Umwelt- und Menschenrechtsorganisationen.

von Lutz Weihe | 14.02.2001
    Das Gütesiegel des Flower Label Programms wurde vor rund zwei Jahren von Menschenrechtsorganisationen, Gewerkschaften und dem Blumenhandel geschaffen. Es sichert den Blumenarbeiterinnen eine Gesundheitsvorsorge, verbietet Kinderarbeit und garantiert existenzsichernde Löhne. Vorausgegangen waren jahrelange Beobachtungen der Menschenrechtsorganisationen vor allem in Lateinamerika und Afrika. Dabei musste Christiane Urban, Mittelamerika-Expertin der Kinderhilfsorganisation "terre des hommes", immer wieder feststellen, dass Arbeitszeiten von 48 Stunden pro Woche auf den Blumenplantagen keine Seltenheit waren:

    Christiane Urban: "In vielen Betrieben wurde das noch bei großer Produktionsnachfrage weit überschritten und die Frauen waren gezwungen auch nachts zu arbeiten, manchmal bis 23 Uhr. Dem Firmenbesitzer war es völlig egal, ob da Kinder auf die meist allein erziehende Mütter warten oder nicht. Wenn man seine Arbeit nicht verlieren wollte, musste man Überstunden machen und zum Teil 18 Stunden am Tag arbeiten, dann kommt man schnell auf 50 Stunden Wochendurchschnitt."

    Nach zähen Verhandlungen mit Plantagenbesitzern, wird in Flower Label-Betrieben heute maximal 48 Stunden pro Woche gearbeitet. Außerdem konnte der Einsatz von hochgiftigen Pflanzenschutzmitteln zurückgedrängt werden, erzählt Urban:

    Christiane Urban: "Es gab Fälle, wo die Frauen sich verätzt haben in den Chemikalien, bis zur Arbeitsunfähigkeit...Es gibt Fälle die dokumentiert sind, vor allem auch bei Schwangerschaften, Fehlgeburten die auf die Pestizide zurückzuführen sind. Und hier - das ist der große Vorteil des Label Programms - können die Frauen jetzt gerichtlich ihren Schadensersatz fordern, es gibt die Beratungspflicht und es gibt die Möglichkeit an einer außerhalb des Betriebs gelegenen Stelle Beschwerde einzulegen über die Arbeitsbedingungen."

    Die Einhaltung der Kriterien des Label Programms soll ein System von unabhängigen Prüfern und örtlichen Beschwerdestellen sicherstellen, erläutert Urban:

    Christiane Urban: "Und falls Mängel auftauchen, werden die Betriebe gebeten auszugleichen und nach 'nem bestimmten Zeitraum, der abgesprochen ist, wird dann ein erneuter Kontrollbesuch gemacht und dabei - und das is auch wichtig - wird immer wieder mit unabhängig und außerhalb des Betriebs liegenden Arbeiterinnen und Arbeitern gesprochen, um dann auch wirklich von der Arbeiterseite her zu überprüfen, ob die sozialen Standards entsprechend sind."

    In über 500 Fachgeschäften hierzulande kann man gelabelte Blumen - meist rote oder orangefarbene Rosen - bereits erwerben. Sie stammen von 30 Plantagen aus Kenia, Tansania, Simbabwe und Israel. Aber trotzdem: Der Erfolg der Kampagne ist noch bescheiden. Nur eine von Hundert Importblumen ist derzeit eine Gelabelte. Bei Großhändlern und Floristen findet jedoch langsam ein Umdenken statt, berichtet Wolfgang Nacke vom Landesfachverband Deutscher Floristen in Bremen:

    Wolfgang Nacke: "Bislang haben sich ca. 12 bis 15 Kollegen bereit erklärt diese Ware schon zu führen, und auch zu propagieren und es werden täglich mehr. Die Kampagne läuft ja nun grade, dass wir die Kollegen drauf aufmerksam machen, und wir haben ja nun auch so fürchterlich viele Fachgeschäfte nicht in Bremen. Das Interesse wächst aber ständig."

    Und tatsächlich: Auch in Blumenläden greifen - zumindest heute ist das spürbar - immer mehr Kunden gezielt zu gelabelter Ware:

    Umfrage: "Ich wusste auch nicht, dass es Blumen mit solchen Labels gibt. Jetzt wo ich' s weiß, würde ich drauf achten." "Früher hab ich überhaupt keine Schnittblumen gekauft, höchstens mal 'ne Topfblume. Aber jetzt die Gelabelten, das hab ich mir überlegt: Die finde ich okay, die kauf ich."

    Selbst Bremens Bürgermeister Henning Scherf hat sich heute in den Dienst der guten Sache gestellt: Ab 15 Uhr verteilt er im Rathaus mehrere Hundert rote Rosen aus dem Flower Label Programm an Geburtstagskinder seines kleinen Bundeslandes.