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Vanuatu eine Woche nach Zyklon "Pam"
Alles ist verwüstet, beschädigt, ruiniert

Häuser und Infrastruktur zerstört, Lebensmittel werden knapp, Hilfe wird weiterhin dringend benötigt: Eine Woche danach blickt der Pazifikstaat Vanuatu auf die Folgen von Zyklon "Pam". Der einzige Trost: Es kamen weniger Menschen ums Leben, als erwartet.

Von Lena Bodewein, ARD-Hörfunkstudio Singapur | 21.03.2015
    Menschen stehen in einem zerstörten Haus in Vanuatu.
    Mehr als die Hälfte der Bevölkerung Vanuatus ist nach UNO-Angaben von den Auswirkungen des Wirbelsturms "Pam" betroffen (picture alliance/dpa/Dave Hunt)
    Vor einer Woche tobte Zyklon "Pam" im Südpazifik, der stärkste je dort gemessene Sturm suchte den Inselstaat Vanuatu heim, ein fragiles Archipel aus 83 Inseln; mit Geschwindigkeiten von mehr als 300 Stundenkilometern fegte Pam über das kleine Land hinweg und zerstörte mehr als nur Hütten. "Unsere Hoffnungen auf eine blühende Zukunft sind zurückgeworfen", sagte Vanuatus Präsident Baldwin Lonsdale.
    80 Prozent aller Häuser, die meisten von ihnen aus Palmstroh oder Holz, beinahe alle Ernten von Bananen, Kokosnüssen oder Maniok, Straßen und Brücken, fast jedes einzelne Fischerboot – alles ist verwüstet, beschädigt, ruiniert. Aber, und das ist das Entscheidende, es gibt sehr viel weniger Todesopfer zu beklagen, als zu Beginn befürchtet.
    "Auch wenn viele Häuser, ein Großteil der Infrastruktur, die Vegetation, die Nutzgärten zerstört sind – das Wichtige ist, dass die Menschen überlebt haben, sagt Premierminister Joe Natuman: Wenn wir überleben, können wir wieder aufbauen.
    Alte Schutztechniken und moderne Frühwarnsysteme
    Vanuatu, etwa drei Flugstunden östlich von Australien, mitten im Südpazifik, liegt auf kritischem Gebiet, meteorologisch und tektonisch gesehen: Tsunamis, Erdbeben und Stürme haben diese Inseln schon oft heimgesucht. "Das ist nichts Neues; seit Menschen auf diesen Inseln leben, seit etwa 5000 Jahren, haben sie das jedes Jahr zwischen November und April erlebt, sie lernen, sich anzupassen", so Natuman.
    Alte, erprobte Schutztechniken – die Flucht in Höhlen in den Bergen oder in Sturmhütten, deren Dächer niedrig und im Boden eingegraben sind – und moderne Frühwarnsysteme: Diese Kombination hat anscheinend eine höhere Opferzahl verhindert. Dennoch ist der Anblick, der sich vor allem auf den abgelegeneren Inseln bietet, nach wie vor erschütternd:
    "Es gibt viele Gegenden, in denen die Menschen alles verloren haben. Sie haben die Dächer ihrer Häuser verloren und mit dem Wind flog ihr gesamtes Hab und Gut weg. Am nächsten Morgen versuchten sie die verstreuten Sachen aufzusammeln und dann war überall Wasser." So schildert die Rotkreuz-Leiterin auf Vanuatu die Lage. "Einige der Häuser stehen vollkommen im Wasser, als würden sie in der Mitte eines Sees stehen. Es ist herzzerreißend, was man hier miterlebt."
    Der Wiederaufbau wird andauern
    Erst Tage nach der Katastrophe konnten viele Inseln erreicht werden, von einigen weiß man immer noch nichts. Die Kommunikationsnetze sind immer noch unterbrochen. Essen und Wasser werden knapp und es ist schwierig, die Hilfsgüter überallhin gerecht zu verteilen, denn auf vielen Inseln sind die Landepisten überschwemmt oder es fehlen Tiefwasserhäfen. Auf einer Insel leben hunderte Menschen seit einer Woche in einer Schule, ihre Häuser sind zerstört, und sie haben noch keine Hilfsgüter bekommen
    Australien und Neuseeland, die pazifischen Nachbarn des Landes, senden derweil Schiffe mit Hilfsgütern, Aufbauhelfern und vor allem Helikoptern und kleineren Schiffen an Bord, um die weiteren Inseln zu erreichen. Der Appell von Präsident Lonsdale für eine helfende Hand scheint gehört worden zu sein, aber die Hilfe darf nicht nachlassen, betont Unicef-Vertreterin Alice Clements: "Was wir zu diesem Zeitpunkt am dringendsten brauchen, ist Geld. Das ist der einzige Weg, um die Menschen mit Lebensmitteln zu versorgen, die sie für mindestens drei Monate brauchen werden." Der Wiederaufbau des Landes wird weit länger dauern.