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Venezuela
Werben um den Rückhalt des Militärs

Der Druck auf Venezuelas Staatschef Nicolas Maduro wächst - sein Ende ist aber noch lange nicht besiegelt. Als Schlüssel zur Macht gilt die Unterstützung der Streitkräfte. Die werden von Regime und Opposition massiv umworben. Der selbst ernannte Interimspräsident Juan Guaidó bietet Amnestie an.

Von Anne-Katrin Mellmann | 28.01.2019
    Das Bild zeigt Venezuelas Verteidigungsminister Vladimir Padrino gestikulierend während einer Erklärung hinter einem Mikrofon. Er trägt eine Uniform und ist umringt vonanderen Militärs.
    Venezuelas Verteidigungsminister Vladimir Padrino während einer Ansprache: Die Macht des Präsidenten basiert auf dem Rückhalt des Militärs (picture alliance / Luis Robay)
    Im Trainingsanzug joggt Venezuelas Machthaber Nicolás Maduro mit Soldaten. Das Video hat er auf Twitter gepostet, um die Einheit mit den Streitkräften zu demonstrieren. Das scheint nötig, weil der politische Gegner den Ungehorsam der Armee fordert. Der selbst ernannte Interimspräsident Juan Guaidó hatte seine Anhänger zum Wochenende aufgerufen, den Soldaten den Entwurf eines Amnestiegesetzes zu überreichen.
    Viele machen mit und ziehen überall im Land zu den Kasernen und übergeben das Papier, das den Soldaten Straffreiheit verspricht, wenn sie sich an die Verfassung halten. Aus Sicht der Opposition kann das nur bedeuten: Wenn sie sich von der sozialistischen Regierung abwenden. Allerdings verbrennen einige Soldaten die Zettel.
    Ein Mann spricht an einem Rednerpult, um ihn herum sind Flaggen des Landes Venezuela. 
    Der venezolanische Interimspräsident Juan Guaidò (dpa-Bildfunk / AP / Fernando Llano)
    Die Oppositionsstrategie - das Militär zu spalten, weil die Macht Maduros auf dem Rückhalt der Armee basiert - ist bislang nicht aufgegangen. Juan Guaidó wandte sich am Sonntag nach dem Kirchgang erneut an die Soldaten:
    "Der Militärattaché der venezolanischen Botschaft in Washington hat sich entschieden, die Verfassung und die Menschenrechte zu respektieren und gesagt, dass er mich anerkennt. Und ich sage dir, Soldat: Jetzt ist der Moment gekommen, das Gleiche zu tun. Hab’ keine Angst. Das ist nicht der Moment für Rückschritte. Heute gebe ich Dir einen Befehl: Schieß nicht auf Zivilisten!"
    Überall, wo Guaidó auftaucht, jubeln ihm Menschen zu. Das Stimmungsbarometer bewegt sich zwischen Begeisterung, Ablehnung und Frustration. In Caracas wollen viele nicht mit Journalisten reden und wer in ein Mikrofon spricht, nennt oft lieber seinen Namen nicht.
    Kaum Hoffnung auf die Wende
    In den vergangenen Tagen hat es nach Angaben der Nichtregierungsorganisation Foro Penal fast 800 Festnahmen gegeben.
    "Ich sehe in dem Ganzen keine Zukunft. Ich erkenne nicht, dass die Opposition irgendetwas Gesundes tut, um die Krise zu beenden. Es kommt mir vor wie weiße Salbe. So gewinnt die Regierung nur Zeit – so wie immer."
    Auf einem Platz sieht die Mittvierzigerin Mirna Vásquez Kindern beim Spielen zu. Auch sie hat wenig Hoffnung:
    "Ohne das Militär auf deiner Seite, hast du nichts in der Hand. Ich erkenne keine neue politische Kraft. Das ist hier immer dasselbe: Sie wissen nicht, was sie tun und haben schlecht geplant."
    Das Foto zeigt Venezuelas Präsident Nicolas Maduro (Mitte) auf dem Balkon des Miraflores-Palastes.
    Venezuelas Präsident Nicolas Maduro (Mitte) steht auf dem Balkon des Miraflores-Palastes. (AFP / Luis Robayo)
    Maduro weicht keinen Schritt zurück
    Christian, ein 30 Jahre alter Rechtsanwalt, meint, in Venezuela werde die Verfassung schon lange nicht mehr respektiert - seit die Regierung das oppositionsdominierte Parlament entmachtete. Was jetzt geschehe, sei die logische Folge:
    "Das Ultimatum des Auslands für Maduro, innerhalb von einer Woche neue Wahlen zu verkünden - ich weiß nicht. Ich fürchte, die Zeit wird nicht reichen. Wir haben ja immer noch dieselben Institutionen, wie Wahlrat und Oberstes Gericht, die abhängig von der Regierung arbeiten. Unsere Rechte garantieren sie nicht."
    Im Moment hilft Juan Guaidó, der neuen Stimme der Regierungsgegner, die Unterstützung aus dem Ausland. Einige Länder, darunter Deutschland, fordern innerhalb dieser Woche die Ansetzung von Neuwahlen. Andernfalls wollen sie Guaidó als Interimspräsidenten anerkennen. Der setzt außerdem auf den Druck der Straße: Für Mittwoch hat er zur Demonstration in Caracas aufgerufen und für Samstag, kurz bevor das Ultimatum abläuft, im ganzen Land.
    Doch Nicolás Maduro weicht keinen Schritt zurück. Der Chef der sozialistischen Regierung spricht weiterhin von einem versuchten Staatsstreich und ruft das Volk zur Verteidigung der Heimat auf. Auch er kann auf Unterstützung aus dem Ausland zählen: Russland, China, Iran, die Türkei und einige Verbündete in Lateinamerika wie Kuba, Bolivien und Nicaragua stehen zu ihm.