Donnerstag, 25. April 2024

Archiv

Solidaritätskonferenz in Brüssel
Venezuelas Ruf nach Hilfe

Versorgungsengpässe, Massenflucht, Millionen Menschen in Not - die humanitäre Krise in Venezuela geht unvermindert weiter. Auf einer Solidaritätskonferenz in Brüssel wurden jetzt Forderungen an die EU laut, den Druck auf das Regime von Präsident Nicolas Maduro zu erhöhen.

Von Bettina Klein | 30.10.2019
Protestkundgebung in Caracas gegen Mängel in der Versorgungsmängel und Venezuelas Präsident Nicolas Maduro
Die Proteste in Venezuela gegen die Versorgungskrise und gegen Präsident Maduro gehen weiter (AFP / Federico Parra)
Millionen Menschen sind aus Venezuela geflohen. Aber wovor genau fliehen sie eigentlich? Es gab keine Naturkatastrophe, keinen Krieg, keinen Tsunami, kein Erdbeben.
"Es ist eine menschengemachte Krise und sie hat einen Namen: Die Diktatur von Nicolas Maduro, die diese Katastrophe für Millionen Venezolaner verursacht hat."
Isadora Zubillaga ist nicht irgendeine Venezolanerin, sie ist stellvertretende Außenministerin im Übergangskabinett von President Juan Guaido. Sie lebt und arbeitet in Europa zwischen Paris und Madrid. Aus Venezuela ist sie vor fünf Jahren geflohen. Wir waren ein reiches prosperierendes Land, erzählt sie im Gespräch mit dem Deutschlandfunk Studio Brüssel.
"Heute muss eine Mutter entscheiden, welches ihrer Kinder sie ernähren kann am nächsten Tag, ein Vater, der im Müll nach Lebensmittel für seine Familie sucht. Niemals hätten wir uns das vorstellen können."
Sieben Millionen auf humanitäre Hilfe angewiesen
Isadora Zubillaga ist nach Brüssel gekommen, zur Solidaritätskonferenz mit Venezuela, die zwei Tage lang eine humanitäre Krise zurück ins Rampenlicht holt, die inzwischen aus den Schlagzeilen verschwunden ist.
Sieben Millionen Menschen sind innerhalb Venezuelas auf humanitäre Hilfe angewiesen. Immerhin 120 Millionen Euro an Hilfsgeldern kamen noch einmal zusammen. Vor allem für die Nachbarstaaten, die selbst wenig haben und inzwischen vier Millionen Flüchtende aufnahmen: Kolumbien, Peru, Equador und Chile.
"Sicherlich ist auch wichtig, dass man nicht nur Nothilfe leistet um den Menschen zu helfen von A nach B zu kommen. Sondern, wenn sie in B angekommen sind, dass sie an Dienstleistungen des Staates kommen, wie Gesundheit wie Bildung, aber auch Schutz zu erfahren vor Gewalt und vielleicht auch Ausbeutung."
Venezuelas Hilferuf an Europa
Dies berichtet Daniela Simm von der Diakonie Katastrophenhilfe, die ebenfalls in der Region im Einsatz ist, vor allem über Partnerorganisationen. Das UNHCR, die internationale Flüchtlingsorganisation und die EU-Kommission haben wieder einmal Öffentlichkeit geschaffen - und neue Hilfszusagen. Politischen Einfluss hat die Europäische Union kaum über eine Kontaktgruppe hinaus, die sich für Wahlen und einen friedlichen Übergang einsetzen soll.
"Wir würden gern mehr Druck von der EU sehen", sagte der US-Sonderbeauftragte für Venezuela Elliot Abrams vor kurzem bei einem Besuch in Brüssel. "Viele aus dem Maduro-Regime haben dicke Bankkonten in Europa, haben ihre Frauen und Kinder hierher geschickt. Man läuft Gefahr, das Europa zu einem Zufluchtsort für Leute aus dem Regime wird."
Isadora Zubillaga teilt die Kritik, insofern als auch sie mehr Sanktionen gegen weitere Personen fordert. Die Europäer sollten Vorkämpfer sein für die Verteidigung von Menschenrechten und sie sollten schneller und effizienter handeln.
"Meine Botschaft an die Europäer: Bitte versteht, wenn ihr den Druck erhöht, macht ihr den politischen Übergang einfacher, schneller und friedlicher."
Hoffnung auf Erneuerung
Ein Kompromiss, der unter Vermittlung Norwegens zustande kam, hat bisher keine positive Reaktion aus dem Maduro-Lager erfahren.
"Sehr ungewöhnliche Situation, ein legitimer President, der keine territoriale Kontrolle besitzt. Und ein Diktator, der in seinem Palast im Gefängnis seiner Ängste sitzt."
Sagt Isadora Zubilllaga aus dem Übergangskabinett von Juan Guaido. Und hofft, dass sie sehr bald auf diese Zeit zurückblicken wird - aus einem Venezuela, das es geschafft hat, sich zu erneuern. Sie hofft, dass es Monate - und nicht Jahre dauern wird.