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Veranstaltung mit nepalesischen Gastarbeitern
Bayern-Fans kritisieren Katar-Engagement

Fans des FC Bayern kritisieren den Verein immer wieder für die Geschäfte mit Katar. Zusammen mit der Rosa-Luxemburg-Stiftung haben sie jetzt zwei ehemalige Gastarbeiter aus Nepal eingeladen, die über die Arbeitsbedingungen in Katar berichtet haben. Vertreter des Vereins kamen nicht zu der Veranstaltung.

Von Tobias Krone | 18.01.2020
Und wieder fliegen mit KAFALA Airways die Menschenrechte davon! Ein Spruchband der Bayernfans gegen Qatar
Fans des FC Bayern München sehen die Beziehungen des Vereins nach Doha kritisch. (imago images / MIS)
Vorweg: Ein Platz auf dem Podium im Münchner Eine-Welt-Haus bleibt den gesamten Abend frei. Ein Bayern-Trikot über der Rückenlehne des Stuhls symbolisiert den Verein, den man eingeladen hat – und dessen Vertreter der Podiumsdiskussion fernbleiben. Ansonsten ist es zum Bersten voll – vor allem männliche Bayern-Fans sind gekommen. Kapuzenpullis, Turnschuhe. Es geht um einen dunklen Fleck auf der rotweißen Weste: die langjährige Partnerschaft mit dem Golfstaat Katar, in dem der FC Bayern auch dieses Jahr wieder sein Trainingslager abhielt. Auch Fan und Mitveranstalter Chris war schon einmal dort – und begleitete seine Mannschaft zum Testspiel.
"Das Taxi würde ich mir hier in Deutschland nicht nehmen, weil es mir zu teuer ist. Und dort ist es eigentlich relativ billig. Und bin dann auch immer mal mit den Taxifahrern in Kontakt gekommen, mit ihnen geredet, wo sie herkommen, was sie eigentlich machen. Und das war so der erste Punkt, wo man dann gemerkt hat: Hier sieht ja alles so toll aus, aber es ist nicht alles so toll."
Nepalesische Arbeiter beklagen "furchtbare Situation"
Chris will nicht, dass sein Nachname bekannt wird. Kritische Fans haben bei Vereinen ein ambivalentes Image. Vor allem, wenn sie ein Land kritisieren, dessen Airline als Sponsor dem FC Bayern jährlich 10 Millionen Euro überweist, wie bekannt wurde. Die Arbeitsbedingungen, unter denen in Katar Gastarbeiter schuften, sind bis heute sklavenähnlich. An diesem Abend berichten davon zwei ehemalige nepalesische Gastarbeitern von der Arbeiterorganisation Shramik Sanjal, die aus Angst vor Repressionen durch Katar anonym bleiben wollen.
"Die Situation der migrantischen Arbeiter ist wirklich furchtbar, ihre gesundheitliche Situation ist schlecht, sie bekommen unhygienisches Essen – und oft keinen Lohn."
So der Chef der kleinen Organisation, der regelmäßig erlebt, wie Gastarbeiter teilweise mit ausgelaufenen Arbeitsvisa in ihren Camps festgehalten werden. Bis vor zwei Jahren war diese Praxis in Katar gesetzlich erlaubt. Arbeitgeber mussten die Ausreise ihrer Gastarbeiter erst genehmigen. Zwar wurde dieses Gesetz 2018 für die meisten privaten Wirtschaftsbereiche – und vergangene Woche auch für Hausangestellte und Arbeitnehmer im öffentlichen Sekor gelockert, doch in der Praxis warteten viele Arbeiter in ihren Camps auf Lohn und ihre Ausreise zu ihren Familien.
"Als ich vor ein paar Jahren nach Katar gefahren bin und viele Gastarbeiter gefragt habe: Wusstet Ihr, dass sich diese und jene Gesetze geändert haben, sagten sie mir, das wüssten sie nicht. Sie erfahren es nicht vom Staat, es belehrt sie niemand über ihre Rechte."
Doch immer noch arbeiteten 17 Prozent der Nepalis am Golf, um dort 26 Prozent des nepalesischen Bruttoinlandsprodukts zu erwirtschaften. Im armen Nepal fehlen die Jobs. Die Organisation Shramik Sanjal finanziert auch die Überführungen der vielen Toten von der kleinen Golfhalbinsel nach Nepal. 111 Todesfälle beklagte die Organisation allein im vergangenen Jahr. Der Menschenrechts-Aktivist Nicholas Mc Geehan ist den Todesursachen für die englische Zeitung The Guardian nachgegangen.
"Katar ist im Prinzip eine toxische Sauna – und da arbeiten sie zwölf Stunden am Tag, sechs Tage die Woche. Es gibt eine massive Anzahl unerklärter Toter. Teilweise lassen sie sich aber wissenschaftlich damit erklären, dass die Hitze dort tötet."
FC Bayern verweigert Diskussion
Der FC Bayern hält sich bis heute mit Kritik an solchen Bedingungen zurück – im Land eines seiner wichtigsten Werbepartner. Man wolle den Dialog über gesellschaftliche Werte führen, schreibt die Presseabteilung des Vereins auf Anfrage, allerdings:
"Wenn es lediglich darum geht, publikumswirksam Standpunkte durch gewählte Diskussionspartner gegen andere Positionen abzugrenzen, werden wir uns daran nicht beteiligen."
Dabei hätte es Gelegenheit gegeben für den Verein, die Gastarbeiter in nicht-öffentlichem Rahmen zu treffen. Auch dazu sei der Verein nicht bereit gewesen, heißt es bei den Veranstaltern. Dieser Fan im Publikum ist enttäuscht.
"Es ist ziemlich schwierig, das Trikot zu kaufen, wenn da Qatar Airways auf dem Ärmel draufsteht. Und die Kommunikation seitens des Vereins ist einfach sehr fragwürdig, sehr respektlos gegenüber den Leuten, die sich die Arbeit machen. Es ist möglich, zwei Leute aus Nepal einzufliegen, aber vom FC Bayern selbst kommt keiner. Einfach respektlos."
Katar-Trainingslager beschäftigt Fans
Die Fans diskutieren an diesem Abend auch, wie sie umgehen sollen mit dem Problem. Was kann man tun? Sollte man als eingefleischter Bayern-Fanclub auf die Besuche im Trainingslager verzichten? Organisator Chris versucht einen Mittelweg.
"Ich fahre dahin, weil der FC Bayern spielt. Das kann man natürlich kritisieren, weil dort Menschenrechte verletzt werden. Aber zunächst bin ich persönlich Fan meines Vereins und nicht Menschenrechtsaktivist. Aber trotzdem unterstütze ich nicht alles, was der Verein vielleicht für gut empfindet. Und da haben ein paar Personen auch die gleiche Meinung gehabt, dass man das kritisieren müsste. Das dann hin und wieder im Stadion zu Hause in München in der Fankurve präsentiert wurde."
Die Arbeiter-Vertreter aus Nepal übrigens sprachen sich dafür aus, Katar zu besuchen. Fans sollten zur WM fahren und sich die Bedingungen in den Arbeiter-Lagern ansehen. Doch nicht alle im Publikum glauben, dass diese Strategie etwas ändern würde. Wie diese Frau.
"Ich sag mir, ich vertrete die Meinung für mich persönlich, dass ich eben nicht hinfahren möchte um das…. also um Katar damit zu unterstützen."