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Verbraucherinsolvenzen
Raus aus den Schulden

Im vergangenen Jahr schon hat der Bundestag die erste umfassende Reform der Verbraucherinsolvenz verabschiedet. Ab kommenden 1. Juli soll nun die 2. Stufe in Kraft treten. Ihr Hauptvorteil ist, dass die Privatinsolvenz unter bestimmten Umständen auf drei Jahre verkürzt wurde.

Von Dieter Nürnberger | 27.05.2014
    ILLUSTRATION - Ein Eurozeichen spiegelt sich am 08.01.2014 in Frankfurt am Main (Hessen) im Auge einer Frau (Aufnahme gespiegelt). Foto: Daniel Reinhardt/dpa
    100.000 Privatinsolvenzen werden in Deutschland jährlich gemeldet. (dpa/Daniel Reinhardt)
    Es geht um die Bedingungen, es geht im Wesentlichen um eine Verkürzung des Verfahrens einer Verbraucherinsolvenz. Seit 1999 gibt es ja in Deutschland dieses Instrument - und von der Idee her, ist es ja so, dass überschuldeten Privatpersonen dadurch die Chance gegeben werden soll, praktisch einen Neustart zu wagen. Und letztlich ist ein solches Verfahren ja auch für den Gläubiger sinnvoll, weil er dadurch die Möglichkeit bekommt, zumindest noch einen Teil seiner Forderungen durchzusetzen.
    Allerdings wird bei dem Gesetz zur Verbraucherinsolvenz auch stets nachjustiert. Und zum 1. Juli geht es nun vor allem um eine mögliche zeitliche Beschleunigung des Verfahrens. Bislang dauerte ein Restschuldverfahren sechs Jahre, nun können es unter bestimmten Umständen nur drei sein. Wolfgang Spitz, Präsident des Bundesverbandes deutscher Inkasso-Unternehmen.
    "Der Betroffene muss innerhalb dieser drei Jahre 35 Prozent der Gläubigerforderungen bezahlen. Und außerdem die Verfahrenskosten übernehmen. Dann kann er die Restschuldbefreiung nach drei Jahren erreichen. Er kann allerdings auch die Restschuldbefreiung nach fünf Jahren bekommen - das wäre immerhin noch eine Verkürzung um ein Jahr gegenüber dem normalen Verfahren. Indem er dann die Verfahrenskosten innerhalb der fünf Jahre bezahlt. Also Gerichtskosten und Ähnliches."
    100.000 Privatinsolvenzen jährlich
    Jährlich gibt es rund 100.000 dieser privaten Verbraucherinsolvenzen im Jahr. Und was diese Änderung nun genau bedeutet, das zeigen auch Modellrechnungen, die beispielsweise von den Verbraucherzentralen inzwischen erarbeitet wurden. Wer also ein solches verkürztes Verfahren in Anspruch nehmen will, der müsste beispielsweise bei 35.000 Euro Schulden innerhalb von drei Jahren allein rund 12.250 Euro an den Insolvenzverwalter zahlen, um diese neue Quote von 35 Prozent auch zu erfüllen. Und eben auch die Kosten eines Verfahrens - die meist so bei rund 2.000 Euro liegen.
    Allerdings rät beispielsweise die Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen dazu, sich nicht allzu sehr von dieser Möglichkeit der Verkürzung des Verfahrens verleiten zu lassen. Das seien schon recht hohe finanzielle Beträge, die ein verschuldeter Mensch erst einmal stemmen müsse.
    Und auch der Verband der Inkassounternehmen sieht hier eigentlich nur eine bestimmte Zielgruppe profitieren, so Wolfgang Spitz.
    "Es wird am Ende wahrscheinlich für diejenigen eine Möglichkeit sein, sich von den Schulden zu befreien, die ohnehin schon oder wieder über ein ausreichendes Einkommen verfügen. Und da muss man sich dann die Frage stellen, warum bietet man denen die Möglichkeit mit 35 Prozent von ihren Schulden herunterzukommen. Obwohl es nach allen Erfahrungen meist so ist, dass die Betroffenen in der zweiten Phase der sechs Jahre sich eigentlich wieder finanziell erholen. Und somit auch finanziell leistungsfähig sind."
    Schuldnerberatungsstellen helfen weiter
    Neu ist auch, dass nun geprüft wird, ob bereits Jemand in den vergangenen zehn Jahren ein solches Restschuldverfahren durchlaufen hat, dann darf er ein neues vorerst nicht mehr anstreben. Zudem sind die verschuldeten Verbraucher angehalten, während der gesamten Verfahrensdauer Arbeit anzustreben. Also auch schon während des Insolvenzverfahrens, welches einer Restschuldbefreiung vorausgeht.
    Auf jeden Fall - und da sind alle einig, die mit dem Thema zu tun haben: Betroffene sollten sich auf jeden Fall bevor sie eine Verbraucherinsolvenz anstreben, fachmännischen Rat holen. Konkret: Zu den Schuldnerberatungsstellen gehen, oder auch juristischen Beistand suchen.
    Und immerhin konnte der Bundesverband der Deutschen Inkasso-Unternehmen heute auch positive Zahlen vermelden. Die Zahlungsmoral der Deutschen bleibt generell solide, wird sogar etwas besser. Das zumindest berichten die einzelnen Inkassounternehmen. Begründet wird dies mit der sich erholenden Wirtschaft und auch mit abnehmender Arbeitslosigkeit.
    Und der Hauptgrund, warum private Schuldner ihren Zahlungsverpflichtungen nicht nachkommen können - das ist tatsächlich die Überschuldung. Aber das ist sicherlich kein überraschendes Fazit des Bundesverbandes der Deutschen Inkasso-Unternehmen.

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