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Verbraucherschutz
Bürger wissen nur wenig über die Rolle der EU

Abschaffung der EU-Roaming-Gebühren, Widerrufsrecht im Online-Handel: Viele Deutsche denken, die Regeln für den Verbraucherschutz würden hauptsächlich in Berlin gemacht. Tatsächlich entstehen viele Gesetze zum Schutz der Verbraucher auf EU-Ebene.

Von Ramona Westhof | 05.02.2019
    Eine junge Frau beim Online-Shopping von Lebensmitteln mit einem Pad.
    Viele Bürger meinen, konkrete Erfolge der EU würden in Deutschland nicht ausreichend besprochen und veröffentlicht (dpa / picture alliance / Frank May)
    Europäische Regelungen verbessern zwar den Verbraucherschutz, viele Deutsche wissen aber gar nicht, welche Neuerungen sie der EU zu verdanken haben, sagt Klaus Müller, Vorstand des Verbraucherzentrale Bundesverbandes.
    Dabei sei gerade europäische Politik wichtig, um Verbraucherrechte zu stärken:
    "Die Menschen erwarten von der Politik eine konkrete Verbesserung ihres Alltags. Das heißt, wir wollen mehr Geld in der Tasche haben, wir wollen mehr Sicherheit und wir wollen unsere Rechte auch durchsetzen können, die wir haben. Das geht am besten im europäischen Binnenmarkt, auf europäischer Ebene, weil wir mit der EU eine Institution haben, die es auch mit großen Konzernen aufnehmen kann, die nicht auf einzelne Wirtschaftsinteressen Rücksicht nehmen muss."
    Ein Ergebnis der Studie: Viele der etwa 1.000 Befragten meinten, konkrete Erfolge der EU würden in Deutschland nicht ausreichend besprochen und veröffentlicht.
    Ohne Brüssel kein Widerrufsrecht im Onlinehandel
    Die Studie nennt in diesem Zusammenhang exemplarisch die Abschaffung der Roaming-Gebühren innerhalb der EU, sowie neue Regelungen bezüglich des Widerrufsrechts im Onlinehandel und des Anbieterwechsels bei Strom- und Telefonverträgen. In allen drei Fällen gaben nur etwa 50 Prozent der Befragten an, die Neuerungen seien ihrer Meinung nach ausreichend kommuniziert worden.
    Klaus Müller sieht in dem Zusammenhang auch in der Politik Handlungsbedarf:
    "Ich glaub, dass sowohl die europäischen Politiker wie auch die deutschen Politiker sich mehr anstrengen müssen, die Erfolge, die es für Verbraucher gibt, das war die Abschaffung der Roaming-Gebühren, das sind Reiserechte, das sind Verbesserungen im Datenschutz, tatsächlich als europäischen Erfolg darzustellen, aber natürlich auch nicht nachzulassen und für Verbraucherpolitik auf Brüsseler Ebene noch mehr zu tun."
    Der Verbraucherzentrale Bundesverband hat darum zur Europawahl im Mai eine Reihe von Forderungen aufgestellt, die er in der kommenden Legislaturperiode auf EU-Ebene umgesetzt sehen will.
    Aufgabe der EU: Autoherstellern wahre Angaben abverlangen
    Viele der Forderungen befassen sich mit den Folgen der Digitalisierung. So sollen etwa neue ethische Richtlinien für die Entwicklung künstlicher Intelligenz geschaffen
    Eine weitere Forderung: Das Sicherstellen wahrheitsgemäßer Angaben zu Schadstoffausstoß und Verbrauch von Kraftfahrzeugen durch neue Prüfverfahren.
    Auch der Brexit, so Müller, habe Auswirkungen auf den Verbraucherschutz, den man nicht vernachlässigen dürfe:
    "Alle reden über die Industrie, das ist in Ordnung, aber darüber, dass einfach viele tausend Menschen Lebensversicherungen, Finanzanlagen nach britischem Recht abgeschlossen haben, dass wir regelmäßig und gerne nach Großbritannien reisen und das auch gerne weiterhin tun wollen oder digital, im Onlinehandel, Güter auch nach britischem Recht bestellen, das ist bisher nicht ausreichend im Fokus. Das hier Verbraucherfragen genauso wichtig sind wie Fragen der Industriepolitik, das ist glaube ich ganz offensichtlich."