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Verbraucherschutz
Kartellamt soll Internetanbieter kontrollieren

Wer sich als Otto- oder Lisa-Normalnutzer mit den großen Internetkonzernen anlegt, hat meist das Nachsehen. Die Bundesregierung will deshalb jetzt das Bundeskartellamt zu einer Verbraucherschutzbehörde für das Internet erweitern. Aber es gibt auch Kritik.

Von Falk Steiner | 21.11.2016
    Die Anzeige auf einem Smartphone weist auf zahlreiche ungelesene Mails, verpasse Anrufe, anstehende Kalenderereignisse und SMS hin.
    Wer sich gegen die Bedingungen von Internetkonzernen wehren will, hat oft schlechte Karten. Das soll sich ändern. (dpa/ picture-alliance/ Michael Kappeler)
    Dass das Wettbewerbsrecht reformiert werden soll, darüber waren sich die CDU, CSU und SPD bereits im Koalitionsvertrag von 2013 einig. Doch die Details, die ließen lange auf sich warten.
    Ende September beschloss das Kabinett eine umfassende Novelle des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb, kurz GWB. Hauptstoßrichtung der Komplettüberarbeitung: die digitalen Märkte. Insbesondere Dienstleistungen, die sich nicht über Entgelte durch die Verbraucher, sondern über Werbung finanzieren, und Netzwerkeffekte, also die Marktmacht, die dadurch entsteht, dass besonders viele Menschen einen Anbieter nutzen, stehen dabei im Mittelpunkt. Das gilt beispielsweise für Soziale Netzwerke, die dadurch attraktiver werden, umso mehr Menschen sie nutzen. Hier sollen die Wettbewerbshüter künftig genauer hinschauen können – dafür soll die Behörde, bei der 350 Menschen arbeiten, auch mehr Personal erhalten.
    Doch den Fraktionen von CDU, CSU und SPD reicht die Vorlage des Wirtschaftsministeriums noch nicht aus, meldet nun die "Frankfurter Allgemeine Zeitung": die Verhandlungsführer von Unions- und SPD-Fraktion hätten sich darauf geeinigt, die Kompetenzen des Kartellamts im Zuge der Novelle noch zu erweitern. Marcus Held, SPD, erläutert, dass Bürger sich künftig beim Verdacht auf Missbrauch der Marktmacht an das Kartellamt wenden können sollen:
    "Wenn solche Fälle auftauchen, sollen sich Bürger künftig an das Kartellamt wenden können und das Kartellamt entscheidet dann, ob es tätig wird."
    Ob Bürgertelefon, Eingabeformular oder anderer Weg, diese Details sind derzeit noch offen.
    Wie das ganz praktisch aussehen soll, wird sich erst noch zeigen müssen
    Katharina Dröge, die wettbewerbspolitische Sprecherin der Grüne-Bundestagsfraktion begrüßt die Pläne aus der Regierungskoalition im Grundsatz, wünscht sich jedoch mehr:
    "Das eine ist ja die Frage, was passiert bei einer Fusion, ist im Nachgang zu einer Fusion zum Beispiel eine AGB-Verschlechterung festzustellen, wie wir das zum Beispiel bei Facebook [und] Whatsapp hatten, da gibt es jetzt im neuen Entwurf des GWB Regelungen, die das in Zukunft einfacher machen würden, da auch gegen diese Verschlechterungen vorzugehen. Das haben die Kartellämter ja auch stärker im Blick."
    Tatsächlich sei es für eine Behörde wie das Bundeskartellamt sehr schwierig, die vielen komplex strukturierten Märkte gleichzeitig im Blick zu haben. Dröge kritisiert aber die Herangehensweise der Koalitionäre:
    "Man versucht jetzt hier, einen sehr populären Markt, nämlich die Digitalwirtschaft, aufzugreifen und da erste Vorschläge zu machen, aber es liegen schon seit vielen Jahren andere Vorschläge auf dem Tisch und die geht die Koalition nicht an."
    Der SPD-Politiker Held weist diese Kritik zurück: das Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb sei ein logischer Ort, die Rechte der Verbraucher zu stärken. Der Verbraucherschutz würde deutlich verbessert:
    "Das Kartellamt wird natürlich aufgewertet, im Moment hat das Kartellamt rund 350 Mitarbeiter. Hier braucht man natürlich eine ganz andere Abteilung zusätzlich, die hier tätig werden muss. Und deshalb müssen natürlich auch die Personalkosten für das Bundeskartellamt im Bundeshaushalt erhöht werden, damit, wenn das Gesetz, wie ich hoffe, im ersten Quartal 2017 zur Rechtskraft kommt, dass dann auch die Vorbereitungen zur praktischen Umsetzung im Kartellamt entsprechend vorgenommen werden können."
    Doch wie das ganz praktisch aussehen soll, das wird sich erst noch zeigen müssen.