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Verbraucherstreitbeilegungsgesetz
Ein geeignetes Instrument zur Schlichtung?

Bis Anfang Juli muss die Bundesregierung das neue Verbraucherstreitbeilegungsgesetz verabschieden. So schreibt es eine EU-Richtlinie vor. Sie verlangt, allen Verbrauchern einen flächendeckenden Zugang zu Streitschlichtungsstellen zu gewähren. Doch Verbraucherschützer sehen im bisherigen Entwurf viele Nachteile für Kunden.

Von Claudia Rometsch-Sandt | 17.03.2015
    Zwei Menschen geben sich die Hand.
    Zwei Menschen geben sich die Hand. (picture-alliance / dpa / Tobias Kleinschmidt)
    Künftig soll der Kunde grundsätzlich eine Schiedsstelle anrufen können, ganz gleich ob er mit einem Kauf oder einer Dienstleistung unzufrieden ist. Für den Verbraucher soll das kostenlos sein.
    "Verpflichtend ist zunächst mal für den Staat, dass er Schlichtungsstellen einrichtet, an die sich Verbraucher wenden können. Diese Schlichtungsstellen werden dann mit dem Unternehmer Kontakt aufnehmen."
    Erklärt Roland Stuhr vom Verbraucherzentrale Bundesverband in Berlin. Das klingt gut, hat aber einen Haken: Die Unternehmen sind nicht zur Teilnahme an dem Verfahren verpflichtet. Die Kunden können also nur darauf hoffen, dass die Firmen sich aus eigenem Interesse auf eine Streitschlichtung einlassen - etwa, um ihren guten Ruf nicht zu gefährden. Dabei gibt es in Deutschland schon Bereiche, in denen die Streitschlichtung gesetzlich vorgeschrieben ist, nämlich die Energie- und die Luftfahrtbranche. Die Verbraucherzentralen fordern deshalb:
    "Dass man sich bemüht von Seiten des Gesetzgebers, diese verpflichtende Teilnahme der Unternehmen auf andere Bereiche, andere Branchen auszudehnen. Denn nur dann können Verbraucher wirklich von der Schlichtung profitieren."
    Verbraucherschützer sehen in dem Gesetzentwurf einen weiteren Nachteil für die Kunden:
    "In einem Fall muss das Gesetz noch nachgebessert werden. Und zwar im Bezug auf die Anfechtungsfristen", fordert Gabriele Heinrich vom Verbraucherverein Wohnen im Eigentum in Bonn. Das Problem: Wenn die Streitschlichtung scheitert, hat der Verbraucher grundsätzlich das Recht, immer noch vor Gericht zu ziehen. So sieht es der Gesetzentwurf vor. Doch es gibt Ansprüche, die nur befristet gelten. Überschreitet die Dauer der Streitschlichtung die Frist, so ist der Weg zum Gericht nicht mehr möglich. Verbraucherschützer fordern deshalb, dass Fristen mit Beginn der Streitschlichtung ausgesetzt werden.
    "Das ist leider im Gesetzentwurf auch noch nicht geregelt und ist sicher eine ganz ganz wesentliche Schwachstelle."
    Besonders treffen würde das zum Beispiel die Wohnungseigentümer. In diesem Bereich kommt es immer wieder zu Streitigkeiten mit Immobilienverwaltungs-Firmen. Oft entlasten Wohneigentumsgemeinschaften das Fehlverhalten eines Verwalters aber trotzdem – etwa weil sie sich nicht auf ein gemeinsames Vorgehen einigen können. Viele Eigentümer gehen dann aber auf eigene Faust juristisch gegen den Verwalter vor. Dazu lässt ihnen das Gesetz einen Monat Zeit.
    "Das heißt, innerhalb eines Monats nach Beschlussfassung muss er vor Gericht gehen, um den Beschluss gerichtlich anzufechten. Das geht natürlich nicht, wenn er vorher die Schlichtungsstelle in Anspruch nehmen will."
    Doch das Recht, vor Gericht zu ziehen, könnte für die Wohnungseigentümer durchaus wichtig werden, glaubt Heinrich. Denn sie befürchtet, dass die Schlichtersprüche häufig unbefriedigend ausfallen könnten. Der Grund: Die fachliche Qualifikation der Schlichter sei nicht gewährleistet. Der Gesetzentwurf mache dazu keine konkreten Vorgaben.