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Vereinbarung von Bahn und Bund
Milliarden für die Schiene

Gleise, Stellwerke, Bahnhöfe: Die Bahn-Infrastruktur in Deutschland braucht ein Update. Wie viel Geld für die Instandhaltung fließt, regeln Bund und Deutsche Bahn in einem Vertrag, der Leistungs- und Finanzierungsvereinbarung. Die jüngste ist 86 Milliarden Euro schwer. Aber reicht das?

Von Dieter Nürnberger | 14.01.2020
Ein ICE der Deutschen Bahn auf den Schienen am Bahnhof Köln Deutz.
Mit dem Geld aus der neuen Vereinbarung soll die Bahn-Infrastruktur erneuert werden. Einen Teil muss die Schiene selbst beisteuern (picture alliance / Christoph Hardt)
Im vergangenen Jahr wurden 1.500 Kilometer Gleise und beispielsweise auch 1.600 Weichen erneuert und modernisiert - diese Bilanz zog die Bahn Ende 2019. Es wurden insgesamt rund elf Milliarden Euro verbaut. Knapp die Hälfte dieser Finanzmittel kam aus der LuFV, der Leistungs- und Finanzierungsvereinbarung zwischen dem Bund und dem Bahnkonzern. Geld für die Bestandserhaltung des größten Schienennetzes innerhalb Europas.
Die Bundesregierung hat aus Klimaschutzgründen viel vor mit der Bahn, weshalb die Finanzmittel der LuFV in den nächsten zehn Jahren auf einen Rekordwert steigen werden: 86 Milliarden Euro für ein Jahrzehnt. Weshalb Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer heute Mittag auch von einem historischen Tag in der Eisenbahngeschichte spricht:
"Das sind 54 Prozent mehr als bei der vorherigen Vereinbarung. Die 20er-Jahre stehen unter dem Motto: Machen und Jetzt! Es wird das Jahrzehnt der Schiene."
Endlich Planungssicherheit?
Das deutsche Schienennetz gilt als veraltet und modernisierungsbedürftig. Durch die Mittel aus der neuen Leistungs- und Finanzierungsvereinbarung sollen beispielsweise auch rund 2.000 Bahnbrücken saniert werden. Die lange Laufzeit von zehn Jahren soll zudem mehr Planungssicherheit für die Bauprojekte bringen. Bahnchef Richard Lutz:
"Infrastruktur ist die Grundlage nicht nur für Wachstum und Verkehrsverlagerung, was wir uns ja alle wünschen. Es gilt auch für eine gute Betriebsqualität und hohe Pünktlichkeit. Und die Leistungs- und Finanzierungsvereinbarung ist dafür das perfekte Fundament."
Eine gigantische Summe - die zu knapp bemessen sein könnte
Und obwohl die neue Leistungs- und Finanzierungsvereinbarung das größte Modernisierungsprogramm in der Geschichte der Bahn AG einleiten soll, könnte die Summe nach Ansicht vieler Experten trotzdem zu gering sein. So spricht in einer ersten Reaktion der Lobby-Verband Allianz pro Schiene von einem Fortschritt, nicht aber von einem Durchbruch für den Schienenverkehr.
Ähnlich äußert sich Raimund Klinkner, Präsidiumsvorsitzender des Deutschen Verkehrsforums: Das mehr in die Schiene investiert werden soll, ja, aber:
"Das sprichwörtliche Glas ist jetzt nicht mehr halb leer, es ist sogar etwas mehr als halbvoll. Es muss aber weiterhin nachgegossen werden."
Viel Geld kommt von der Bahn selbst
Kritiker verweisen zudem darauf, dass der Schienensektor selbst einen hohen Betrag der neuen Rekordsumme erwirtschaften muss. Nämlich 31 der 86 Milliarden Euro. Unter anderem aus Gebühren der Eisenbahnunternehmen für die Nutzung der Gleise, die sogenannten Trassenpreise. Damit verschärfe sich der Renditedruck auf das Schienennetz.
Sinkende CO2-Emissionen im Verkehrssektor, eine Verdopplung der Fahrgastzahlen bis 2030, ein sicheres und verlässliches Unternehmen Deutsche Bahn - inzwischen mehren sich die Stimmen, dass diese politische Zielsetzung allein mit mehr Geld nicht zu stemmen ist. Vor allem die Opposition im Bundestag fordert nun auch strukturelle Reformen, etwa eine Trennung von Netz und Betrieb. Im Frühjahr will Bundesverkehrsminister Scheuer dazu einen Bahngipfel mit allen Beteiligten veranstalten.