Donnerstag, 18. April 2024

Vereinbarungen und Meinungen
Schulgipfel: Dienst-Laptops und Flatrate reichen nicht

Beim sogenannten Schulgipfel im Bundeskanzleramt sind große Beschlüsse ausgeblieben. Die meisten Punkte wurden bereits beim letzten informellen Treffen im August vereinbart und nun lediglich präzisiert - die Reaktionen sind verhalten. Ein Überblick.

22.09.2020
    Anja Karliczek (CDU), Bundesministerin für Bildung und Forschung, äußert sich bei einer Pressekonferenz in ihrem Ministerium zu den Ergebnissen des "Schulgipfels".
    Anja Karliczek (CDU), Bundesministerin für Bildung und Forschung, äußert sich bei einer Pressekonferenz in ihrem Ministerium zu den Ergebnissen des "Schulgipfels". (dpa/ Bernd von Jutrczenka)
    An dem Treffen in Berlin hatten Bundeskanzlerin Angela Merkel, Bundesbildungsministerin Anja Karliczek, die SPD-Vorsitzende Saskia Esken und die Kultusministerinnen und -minister aus 14 Ländern teilgenommen. Bund und Länder wollen die Digitalisierung in der Coronakrise voranbringen - und haben sich auf eine engere Zusammenarbeit geeinigt.
    Kommentar zum SchulgipfelAußer Absichtserklärungen habe der Schulgipfel im Kanzleramt nichts zustande gebracht, kommentiert Thekla Jahn im Dlf. Das drängendste Problem die Lufthygiene hätte längst vor dem Herbst besprochen werden müssen. Und auch beim Thema Digitalisierung gebe es keine praktikablen Antworten.
    Die Vereinbarungen im Überblick:

    Dienst-Laptops für Lehrkräfte

    Die 800.000 Lehrerinnen und Lehrer in Deutschland sollen möglichst zügig die schon im August versprochenen Dienst-Laptops bekommen. Der Bund will die dafür veranschlagten 500 Millionen Euro noch in diesem Jahr vorstrecken, damit die Anschaffung schneller geht. Erst nachträglich soll die Finanzierung aus dem 750 Milliarden Euro schweren Corona-Aufbaufonds der EU erfolgen. Bildungsgewerkschaften hatten bemängelt, dass Lehrer ihre Privatrechner nutzen müssen und dabei Gefahr laufen, gegen Datenschutzbestimmungen zu verstoßen.
    Laptops fehlen auch bei vielen bedürftigen Kindern. Deshalb haben sich Bund und Länder schon im Sommer auf Finanzhilfen geeinigt, damit Schulen Tablets und Laptops anschaffen können. Dlf-Autorin Vivien Leue hat in Nordrhein-Westfalen nachgefragt, ob die Ausgabe der Geräte vorankommt.
    Udo Beckmann, Vorsitzender der Lehrergewerkschaft Bildung und Erziehung (VBE), sagte im Dlf, es sei ein gutes Signal, dass Lehrer endlich mit Endgeräten ausgestattet würden. Man befinde sich jedoch immer noch im Stadium der Absichtserklärungen. An den Schulen seien bisher kaum Mittel angekommen. Das liege vor allen Dingen am bürokratischen Aufwand, der damit verbunden sei.
    Der Bundesvorsitzende des Lehrer-Verbandes Bildung und Erziehung (VBE), Udo Beckmann
    Udo Beckmann: "Die Politik ist in der Pflicht, vernünftige Angebote zu machen"
    Mangelnde Fortbildungsangebote, hoher bürokratischer Aufwand, zu wenig Personal: Der Vorsitzende der Lehrergewerkschaft Bildung und Erziehung, Udo Beckmann, sieht nach den Beschlüssen des jüngsten Schulgipfels die Politik in der Pflicht, die Rahmenbedingungen für eine Digitalisierung der Schulen zu schaffen.
    Stephan Wassmuth, Vorsitzender des Bundeselternrates, sagte im Dlf, es sei schwierig, die neuen Beschlüsse in den Schulen umzusetzen. Man habe zudem sehr viel Zeit verloren: "Wir reden seit dem Jahr 2000 über Digitalisierung in Schulen. Da hätte man deutlich mehr machen können und müssen." Wassmuth hat zudem den Eindruck, "dass die Schulen vor Ort allein gelassen sind. Die Lehrerkollegien müssen das gemeinsam mit ihren Schulleitungen wuppen, dass es überhaupt vorwärtsgeht." Die europäischen Nachbarn seien im Bereich der Digitalisierung deutlich weiter, daran sehe man, dass das Bildungssystem sehr viele Schwächen habe.

    Ausbildung von IT-Administratoren

    Bekräftigt wurde außerdem, dass sich der Bund mit 500 Millionen Euro an den Kosten zur Ausbildung und Finanzierung von IT-Administratoren beteiligen will, die sich um die Technik an den Schulen kümmern sollen.
    Bisher ist das IT-Management an Schulen nämlich dringend überholungsbedürftig beziehungsweise muss überhaupt erst richtig eingeführt werden. Es ist nicht nur schlecht um die technische Ausstattung der Schulen bestellt, auch die Betreuung der Technik sowie der Menschen, die damit umgehen sollen, ist mangelhaft.
    Informatikunterricht an einer Schule in Tübingen in Baden-Württemberg
    Schleppende Digitalisierung - Schulen brauchen IT-Mitarbeiter
    Schul-IT ist eine komplexe Aufgabe. Derzeit übernehmen diese oft Lehrkräfte nebenher – ein Grund, warum der digitale Unterricht nicht vom Fleck kommt. Gebraucht werden Mitarbeiter, die sich Vollzeit um die IT kümmern. Denkbar sind auch IT-Abteilungen, die für mehrere Schulen zuständig sind.

    Bundesweite Bildungsplattform

    Der Aufbau einer bundesweiten Bildungsplattform und sogenannter digitaler Kompetenzzentren wurde verabredet, in denen Lehrer für die Arbeit mit digitalen Unterrichtsmitteln weitergebildet werden sollen. Dies hatten Union und SPD allerdings auch schon bei ihrem Koalitionstreffen Ende August vereinbart. Die genaue Ausgestaltung ist noch offen.
    Lehrerin mit Tablet im Klassenzimmer
    Bildungsportal MUNDO im Lehrercheck
    Die Kultusministerkonferenz bietet mit dem neuen Bildungsportal MUNDO digitale Bildungsmedien für den Schulunterricht an. Auf den ersten Blick scheint das frei verfügbare Angebot übersichtlich und umfangreich. Im Lehrercheck fällt die Bilanz jedoch ernüchtert aus.

    Flatrate für Schüler

    Fortschritte gibt es nach Angaben von Bildungsministerin Karliczek beim Thema Daten-Flatrate für Schüler – ebenfalls ein Thema, das im vergangenen Monat bereits angeschoben wurde. Weitere Telekommunikationsanbieter hätten sich der Idee angeschlossen. Für alle Schüler soll es einen Datentarif für zehn Euro pro Monat geben. Für bedürftige Schüler soll der Tarif kostenlos sein.
    Der Vorsitzende der Lehrergewerkschaft Bildung und Erziehung, Udo Beckmann, begrüßt den Beschluss. Nur so könne man auch dauerhaft alle Schülerinnen und Schüler erreichen. Insbesondere bereits benachteiligte Kinder bräuchten diese Art der Unterstützung. Bundesregierung und die Länder müssten deshalb mit den Telefonanbietern vernünftige Regelungen treffen.