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Verfassungsschutz
Muslime melden zunehmend Muslime

Noch vor zehn Jahren beklagte der Verfassungsschutz, bei der Suche nach Terrorverdächtigen könne man sich kaum auf die Hilfe muslimischer Mitbürger stützen. Das hat sich offenbar geändert.

30.06.2016
    Das Bundesamt für den Verfassungsschutz in Köln
    Das Bundesamt für den Verfassungsschutz in Köln (picture alliance / dpa / Oliver Berg)
    Vor gut einem halben Jahr wurden in Celle Ayoub B. und Ebrahim H. B. zu mehrjährigen Haftstrafen verurteilt. Den beiden Tunesienstämmigen war wegen ihrer IS-Mitgliedschaft der Prozess gemacht worden.
    Bevor sie 2014 Richtung Syrien und Irak aufbrachen, um sich dort der Terrormiliz anzuschließen, hatte sich der Vater von Ayoub B. an das Landeskriminalamt gewandt. Die Aufmerksamkeit der Öffentlichkeit für den Prozess gegen die IS-Rückkehrer war groß - genau wie die für das Verhalten des Vaters gegenüber seinem Sohn.
    "Sichtbarer Trend"
    Vor Jahren beklagten die Verfassungsschützer verschiedener Länder eine mangelnde Hilfsbereitschaft von Muslimen im Kampf gegen den Terrorismus: Eigens geschaltete vertrauliche Hinweistelefone würden kaum genutzt.
    Doch das hat sich offenbar geändert. Immer mehr "Menschen mit arabisch-türkischem Migrationshintergrund" meldeten sich inzwischen beim "Hinweistelefon islamistischer Terrorismus", stellt nun das Bundesamt für Verfassungsschutz fest. Das BfV spricht von einem "sichtbaren Trend".
    Wachsende Aufmerksamkeit und Zahlen
    Insgesamt seien im vergangenen Jahr 500 Hinweise auf terroristische Bedrohungen von Bürgern eingegangen, erklärt eine Sprecherin des Bundesamts in der "Heilbronner Stimme". So viele wie noch nie. Man rechne zudem mit einer Verdoppelung der Mittelungen in diesem Jahr. Seit das zentrale Angebot 2013 eingeführt wurde, steige die Zahl an. Die Terroranschläge von Paris am 13. November 2015 hätten noch einmal eine klare Zunahme zur Folge gehabt, die Bevölkerung sei "deutlich sensibilisierter als früher".
    Alle Hinweise würden vom Amt geprüft. Oftmals würden sich neue Bearbeitungsansätze ergeben. "Die tatsächliche Bandbreite der Mitteilungen ist sehr unterschiedlich und reicht von Verhaltensänderungen einer Person bis zur möglichen Planung eines Anschlages", sagte die BfV-Sprecherin weiter. Letzteres sei allerdings bislang die Ausnahme gewesen.
    (bor/tgs)